Ja, Spieler kommen und gehen. Aber manche bleiben immerhin vierzig Jahre. Auf Wiedersehen, Michael Zorc!
Als Michael Zorc zum ersten Mal in der überregionalen Sportpresse auftauchte, tat man ihm großes Unrecht. Das war im Herbst 1979, als die Jugendnationalelf unter Trainer Dietrich Weise zum traditionsreichen Turnier um den Atlantik-Cup nach Gran Canaria flog. In Las Palmas ging es aber nicht einfach nur den Pokal, denn Weise bastelte bereits an dem Team, das 1981 die U18-EM im eigenen Land bestreiten sollte. Daher ließ der Nationaltrainer ein paar Spieler aus dem Jungjahrgang schon mal internationale Luft schnuppern. Und der „Kicker“ schrieb am 11. Oktober 1979: „Der erst 16-Jährige Michael Zorc aus Lünen deutet an, welche Fähigkeiten in ihm stecken.“
Um es mit einem Wort des Jahres zu sagen: cringe! Erstens war der Lockenkopf schon 17, wenn auch noch nicht sehr lange. Und zweitens kam er nicht aus der Stadt zwanzig Kilometer nördlich von Dortmund, in der einst ein gewisser Michael Meier das Licht der Welt erblickt hatte. Allerdings muss man dem Reporter des „Kicker“ seinen Fehler wohl verzeihen. Im Oktober 1979 verband man den prägnanten Nachnamen Zorc noch ausschließlich mit Michaels Vater Dieter. Der stammte aus Lünen, hatte als Fußballer des Zweitligisten Lüner SV 30 Partien für die deutsche Amateurnationalelf bestritten und war später noch mal Spielertrainer des Klubs gewesen.
Natürlich war Michael Zorc Dortmunder – und schon damals Borusse, wenn auch erst seit etwas mehr als einem Jahr. Davor hatte er für den TuS Eving-Lindenhorst gespielt. (Nicht-Dortmundern sollte an dieser Stelle erklärt werden, dass man vom Stadtteil Eving nach Lünen rüberspucken kann, was den Fehler des „Kicker“ zusätzlich relativiert.) Dieser eher kleine Klub aus dem Dortmunder Norden war damals schon eine Art Talentreservoir des großen BVB, schließlich hatte auch Meister, Pokalsieger und Europacupgewinner Lothar Geisler für den TuS gespielt. Und nach Zorc sollten Stefan Klos und Lars Ricken ebenfalls dort mit dem Fußball beginnen.
Heute – 15.546 Tage nach jenem Satz im „Kicker“ – verabschiedet sich Zorc vom Fußball. Er hat jeden dieser Tage beim BVB verbracht. Jeden einzelnen. Leser, die jetzt mit den Schultern zucken und murmeln „Ja, das weiß ich ja“, sollten kurz innehalten und sich überlegen, was das bedeutet. Selbst in der ohnehin schon sehr elitären Liste der „One-club men“ des Fußballs hebt das Zorc auf ein Plateau, auf dem nicht viele stehen. Paolo Maldini lungert dort rum, logisch. Aber wer sonst?
Uwe Kamps, ja, der könnte es schaffen, wenn er noch ein bisschen länger Torhüter in Gladbach trainieren darf. Aber seine Rolle im Klub nach der aktiven Karriere lässt sich nur schwer mit der von Zorc vergleichen, der an höchst exponierter Stelle tätig war und deswegen mehr als einmal Gefahr lief, seinen Posten zu verlieren. Vor allem Ende 2004, als sein Stuhl wackelte, da er als Liebling des entmachteten Präsidenten Gerd Niebaum galt, weshalb sich Stefan Reuter schon mal in Position brachte und kurzzeitig sogenannter „Team-Manager“ wurde. Oder natürlich gleich in Zorcs Anfangszeit als Sportdirektor, als er zusammen mit Manager Michael Meier (dem aus Lünen) viele teure Transfers ausbaldowerte, die in der Regel misslangen.