In Europas Topligen ist das Meisterschaftsrennen im Grunde schon entschieden. Kein Ausrutscher, sondern das Produkt einer langjährigen Entwicklung, die uns allen Angst machen sollte.
Dort scheitert das Starensemble um Neymar, Cavani & Co. jedes Jahr aufs Neue kläglich und erfüllt damit nicht einmal das Versprechen, den französischen Klubfußball international auf ein neues Level zu heben. Der Preis fürs Scheitern? 68 Punkte akkumulierter Abstand zwischen Platz eins und zwei, wo von 2007/08 bis 2011/12 noch 24 lagen. Die Meister kamen damals übrigens aus Lyon, Bordeaux, Marseille, Lille und Montpellier. Schöne neue Welt.
Wer armes Frankreich sagt, muss allerdings auch armes Deutschland sagen. Vielleicht sogar ärmeres Deutschland. Konnte Monaco vergangene Saison die Dauerdominanz der Pariser wenigstens für eine Spielzeit unterbrechen, wartet der deutsche Fußball nun schon das sechste Jahr in Folge auf einen Meister, der nicht auf den Namen FC Bayern München hört.
Mia san einsam
In keiner anderen europäischen Topliga wird der Unterschied zwischen den Saisons 2012/13 bis 2016/17 und den fünf Jahren davor so gravierend deutlich wie in Deutschland. Waren es von 07/08 bis 11/12 noch 32 Punkte gesammelter Abstand auf Rang zwei, klaffte in den letzten fünf Jahren eine Lücke von 79 Punkten. Nirgendwo geht es weniger spannend zu als in der Bundesliga.
Das zeigen nicht nur die Punkte, sondern auch die Statistiken des Rekordmeisters. 136 Siege aus 170 Spielen bei zwölf Niederlagen. Anders ausgedrückt: Die Bayern gewinnen alle 1,25 Ligaspiele und gehen etwa alle 14 Partien als Verlierer vom Platz. Kein anderes europäisches Topteam dominiert die heimische Liga so sehr.
Wenn gut nicht gut genug ist
Wann immer das unangenehme Thema der bajuwarischen Übermacht geschnitten wird, folgt fast schon reflexartig die eingeübte Replik aus München: „Was können wir dafür, wenn die anderen so schlecht arbeiten?“ Nur ist es damit eben nicht getan. Wenn Borussia Dortmund im ersten Jahr unter Thomas Tuchel 78 Punkte holt und damit die zweitbeste Saison der Vereinsgeschichte spielt, aber trotzdem zehn Zähler hinter den Bayern durchs Ziel geht, läuft etwas schief.
Ähnliches erleidet gerade der SSC Neapel in der italienischen Serie A. 2,4 Punkte pro Partie haben die Neapolitaner nach 32 Spieltagen im Schnitt geholt. Hochgerechnet auf die gesamte Saison macht das mehr als 90 Punkte in der Abschlusstabelle – (theoretisch) meisterlich. Praktisch liegt Neapel sechs Punkte hinter Spitzenreiter Juventus Turin und wird diese Lücke aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr schließen können.
Für Neapel wäre es der erste Meistertitel seit 1990. Für Juventus bahnt sich der siebte Scudetto in Serie an. 56 Punkte lagen in den letzten fünf Jahren zwischen der alten Dame und den Besten vom Rest. In den fünf Spielzeiten davor waren es ganze 25 Punkte, die den italienischen Meister vom Zweitplatzierten getrennt haben. Eine Steigerung um mehr als 100 Prozent.