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Als Edinson Cavani den Ball humorlos über den Scheitel von Marc-André Ter Stegen zog, war das Camp Nou tot. 72. Minute, Cham­pions-League-Ach­tel­fi­nale, 96.000-fache Stille. Bye, bye, Barca.

Ein beschä­mendes Finale

Es war das beschä­mende Finale einer bis auf die Kno­chen bla­mierten Barca-Mann­schaft, die in diesen beiden Ach­tel­final-Spielen den eigenen Fuß­ball ver­raten hatte. Vor­neweg ihr bes­tia­li­sches Sturm­trio.

Suarez, Neymar, Messi, absurd

Luis Suarez, jener dau­er­win­selnde Box­sack, der bei jeder Berüh­rung zu Staub zu zer­fallen scheint. Neymar, nur mit sich, dem Lamen­tieren und dem Ball beschäf­tigt – weniger mit seinen Mit­spie­lern. Lionel Messi, müde, leer gespielte Augen, gesenkter Kopf. Zusammen bil­deten das per­fekte Bild für den Abge­sang auf den großen FC Bar­ce­lona, der über eine Dekade für das Schöne, das Per­fekte, das Magi­sche im Fuß­ball stand und an diesem Abend wirkte wie seine eigene Par­odie. Wie ein ver­zo­genes Kind, dem man das Lieb­lings­spiel­zeug weg­ge­nommen hatte. Trotzig, ekel­haft, gro­tesk.

Die Titanic sinkt

Doch der Fuß­ball ist in seiner ganzen Breite, Tiefe und Länge eben größer, als all die Kli­schees, die nur zu gerne aus der Schub­lade gekramt werden, wenn man das Uner­klär­liche irgendwie in Worte fassen will. Wenn man zusehen muss, wie die Magie ver­pufft. Wenn man nicht wahr­haben will, dass eine Ära endet. Wenn man das Gefühl hat, da vorne sinkt gerade die Titanic des Fuß­ball – und man steht auf dem Eis­berg und sieht rau­chend dabei zu.

73. Minute: Irgendwo in diesem mäu­se­toten Camp Nou wirkt plötz­lich eine unsicht­bare Kraft, die Geg­nern den Mumm aus den Kör­pern ziehen kann. Die per­fekte Fuß­baller Ama­teur­feh­lern machen lässt. Die den Kopf lahm macht. Die Beine schwer. 

Denn wie sonst ist zu erklären, dass Paris St. Ger­main im sicheren Gefühl des Wei­ter­kom­mens plötz­lich in den Abgrund tau­melt und es nicht mal merkt? Klar, der Elf­meter in der 91. Minute für Barca war ein Witz. Ein schlechter noch dazu. Hart ergau­nert durch Luis Suarez, dessen Bet­teln, Hadern und Schau­spie­lern Schieds­richter Aytekin wohl auch irgend­wann nicht mehr ertragen konnte. 5:1. Noch zwei Minuten.

Was dann pas­sierte wird als Wunder von Bar­ce­lona“ in die Fuß­ball­ge­schichte ein­gehen. Oder als Schand­fleck. Noch nie war eine Barca-Mann­schaft so dre­ckig durch ein Spiel mar­schiert. Noch nie hatte eine Mann­schaft in der Cham­pions League eine 0:4‑Hinspielpleite auf­ge­holt. Noch nie hatte ein Trainer die toll­kühne Idee, einen Außen­ver­tei­diger als letzte Offen­siv­waffe zu bringen. Luis Enrique brachte Sergi Roberto, den Außen­ver­teidger, der den Ball dann natür­lich zum 6:1 in der 95. Minute über die Linie drückte und den Unter­gang des FC Bar­ce­lona ver­tagte.

Barca nur noch eine Ego­truppe

Was bleibt? Ein magi­scher Abend, der jeden noch so beschis­senen Modus der Cham­pions League recht­fer­tigt. Eine Vor­stel­lung Barcas, die das Gerede vom Mann­schafts­sport ad absurdum führt. Weil Barca an diesem Abend eine Ego­truppe war, die sich darauf ver­ließ, dass irgendwem schon eine Idee kommen wird. Oder eben sechs.

Eine Barca-Mann­schaft über die man sich nicht das Maul zer­reißen kann, son­dern muss. Weil ihr offenbar mitt­ler­weile jedes Mittel recht ist, wäh­rend die fuß­bal­le­ri­schen dann doch auf hohem Niveau beschränkt wirken. Oder gar ent­schlüs­selt. 

Nichts ver­standen

Und die Erkenntnis, dass Abende wie dieser uns allen das Gefühl gibt, dass es Sinn macht, sich an einem Mitt­woch­abend allein vor den Fern­seher zu setzen und Barca gegen Paris zu schauen. Mag die Freundin abwinken, die Kum­pels in der Kneipe den BVB anhim­meln, die Kol­legen ins Kino gehen. Sie haben es alle nicht ver­standen. 

Ich war dabei

Denn ab sofort wird ein kleiner ver­schwo­rener Haufen von Fuß­ball­fans sich in die Augen bli­cken und erkennen: Auch er oder sie war dabei. Als Cavani Ter Stegen den Scheitel zog. Als Barca einen Eis­berg rammte. Als Suarez einen Elfer erwin­selte. Als abge­zockte Profis strahlten wie kleine Kinder. Als die Fuß­ball­welt aus den Angeln gehoben wurde.

Wir fühlten uns schmutzig. Wir fühlten uns lebendig.