In München duselt es wieder, in Frankfurt gibt es den besten Dreier seit „Emanuelle 7“ und in Ingolstadt beginnt die Zukunft des Fußballs. Lebt wie immer in der Vergangenheit: Unsere 11 des Spieltags.
Douglas Costa
Bayerns neuer Sensationsbrasilianer Douglas Costa ist uns in den letzten Wochen vor allem dadurch aufgefallen, dass er mehr Tricks auf Lager hat als Milli Vanilli im Tonstudio. Und was soll man sagen: Am Samstag zeigte er nach all seinen Elasticos und Jay-Jays direkt den nächsten Supertrick: den Niemals-ist-das-ein-Elfmeter-Elfmeter. Ein wundervoller, schwer zu lernender Bewegungsablauf aus Stumpf-in-den-Gegner-Laufen, Schreiend-Zusammenbrechen, Elfer-Schinden, Schmunzelnd-Aufstehen und Nach-dem-Siegtor-in-der-Nachspielzeit-an-der-Eckfahne-eine-Kerze-für-den-Bayern-Dusel-anzünden. Toll, diese brasilianischen Fußballkünstler. Was die alles können.
Alex Meier
Fünf Monate war Frankfurts Torschützenkönig Alex Meier nach einer Knie-Op raus, nun kam er wieder und sorgte umgehend für das gelungenste Comeback seit der „Milka Lila Pause“. Lediglich 190 Sekunden benötigte Meier für seinen ersten Treffer, am Ende stand ein furioses 6:2 der Eintracht gegen Köln zu Buche, bei dem Meier insgesamt dreimal genetzt hatte. Für einen ähnlich tollen Dreier muss man im Frankfurter Bahnhofsviertel normalerweise an die 500 Euro hinblättern.
Claudio Pizarro
Manchmal, wenn wir nachts wachliegen, nur sachte beschienen vom Spandau-Ballet-Poster im Widerschein unserer Lavalampe, stellen wir uns die großen Fragen. Wer sind wir? Wohin gehen wir? Sind wir allein im All? Was sind die kleinen weißen Dinger im Hackfleisch? Und wie wird man so cool wie Claudio Pizarro, der auch mit 36 noch wirkt, als wäre sein ganzes Leben ein einziger Ausflug an den Strand? Das Problem ist: Wir wissen es nicht. Und wir können ihn auch nicht fragen, denn wenn wir ihm face to face begegnen würden, würden wir in eine Schockstarre verfallen, wie sie etwa Kaninchen ereilt, wenn sie einem Fressfeind begegnen. Also belassen wir es bei der nächtlichen Grübelei und genießen ganz einfach, dass Pizarro uns noch ein weiteres Jahr mit seiner sambahaften Fußballleichtigkeit beglücken wird.
Aytac Sulu
Eine unserer Grundregeln, mit der wir bisher gut gefahren sind: Niemals Witze über Leute machen, die sich selber Zähne ziehen, ohne dabei vor Schmerz und Ekel zusammenzuklappen. So einst geschehen bei Darmstadts Aytac Sulu, weswegen wir an dieser Stelle auf sämtliche Gags verzichten, verschüchtert den Blick gen Boden richten und Aytac Sulu zum Siegtor des ersten Darmstädter Bundesligasieges seit ca. 1889 gratulieren wollen. Glückwunsch.
Klaas-Jan Huntelaar
Seien wir ehrlich: Die wirklich wichtigen Rekordmarken der Bundesliga sind bereits alle vergeben: Die meisten Spiele (Körbel), die meisten Meisterschaften (Kahn, Scholl und Schweinsteiger), die meisten Tore (Rietpietsch), die meisten verspeisten Gegenspieler (Töfting), das DJ-Ötzi-hafteste Aussehen (Abel Xavier), usw. Bliebe noch, genau, die meisten verschossenen Elfer am Stück, eine durch und durch stolze Bestmarke, die seit Sonntag Schalkes Klaas-Jan Huntelaar für sich reklamieren darf, nachdem er viermal in Folge einen Elfmeter nicht im Tor unterbringen konnte. Auch hierzu: Glückwunsch.
Henrikh Mkhitaryan
Was hat Thomas Tuchel eigentlich mit Henrik Mkhitaryan gemacht? Noch im Vorjahr wirkte der Armenier oft lethargischer als Reiner Calmund nach dem Sonntagsbrunch, mittlerweile zaubermaust er sich durch die gegnerischen Abwehrreihen, als gäbe es für das Wort „Formkrise“ keine adäquate Übersetzung ins Armenische. Gegen Hannover schoss Mkhitaryan bereits sein drittes Saisontor, zudem steht er bereits bei zwei Assists. Was heißt eigentlich „Dreh- und Angelpunkt“ auf Armenisch?
Felipe
Es gibt Tage, da sollte man im Bett bleiben. „Arbeitstage“ nennen wir das, oder ganz allgemein „Tage“, und seit Samstag würde uns Hannovers Felipe da wohl beipflichten. Der arme Kerl hätte eigentlich gar nicht spielen sollen, kam dann aber für den kurzfristig verletzten Schulz in die Startformation und noch bevor er „Oh Gott, warum ich, bitte nicht, ich habe absolut kein Bundesligaformat und echt Schiss“ sagen konnte, hatte er bereits zwei Elfmeter verschuldet und ein Eigentor geschossen. Insbesondere die Art und Weise, mit der er sich den eigentlich super geklärten Ball vor dem 2:3 dann doch noch ins Tor chippte, war eine selten gesehene Mischung aus Pech und Unvermögen. Und irgendwo in München wischte sich Andy Brehme mit Tränen der Rührung in den Augen ein wenig Scheiße vom Schuh.
Fabian Lustenberger
Wo wir gerade bei Traumtoren sind: Herthas Fabian Lustenberger war bis dato eigentlich nicht gerade dafür bekannt, uns mit Sensationstreffern aus dem samstäglichen Sportschau-Wachkoma zu bomben. Dann aber packte Herthas Innenverteidiger gegen Stuttgart ein Volleytor aus, für dessen Wucht einst das Wort „Dampframme“ erfunden wurde. Und dabei sieht der Kerl aus, als würde er in der Kabine den Schweigefuchs machen, wenn die Kollegen bei einer Traineransprache zu laut sind.
Pierre-Michel Lasogga
Es hat etwas eigenartig Hypnotisches, Pierre-Michel Lasogga beim Fußballspielen zuzusehen. Als würde man vor einer Schrottpresse stehen und 90 Minuten dabei zusehen, wie sie alte Autos zu kleinen Würfeln zerdrückt. Mit welcher Verve Lasogga am Freitag über den Gladbacher Rasen büffelte und sich selber mit zwei Toren belohnte, wird sämtliche Ackergaul-Züchter des Landes wirklich gefreut haben. Insbesondere sein Tor zum 2:0, bei dem er bei einer Ecke gleich eine Handvoll Gegenspieler aus dem Weg räumte, als wäre er Obelix und die Gladbacher Defensive eine Gruppe bedauernswerter Römer, war aller Abrissbirnen-Ehren wert. Gerüchten zufolge liegt Lasoggas Gegenspieler Oscar Wendt immer noch im Gladbacher Strafraum und fragt sich benommen, wann denn die Ecke endlich kommt.
Lucien Favre
Immer wenn Lucien Favre sein wattig-weiches Deutsch-Französisch-Gemisch spricht, möchten wir uns einen Kissenbezug mit seinen samtigen Konsonanten füllen und auf den sachten Wellen seiner Ausführungen in einen wunderbar erholsamen Schlaf hinabgleiten. Leider jedoch hat Gladbach nun viermal nacheinander auf den Sack bekommen, weshalb der Ton ein wenig rauer wurde. Favre selber sagte nach dem Spiel, man müsse jetzt Lösungen finden, was aber schwer sei, schließlich.……schnarch…
Ingolstadt/Wolfsburg
Wir schreiben das Jahr 2054. Der World-Series-Rekordmeister VW Wolfsburg hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Erzrivale Red Bull Leipzig ist nun schon zum dritten Mal in Folge vor den VWs World Champion geworden, und auch die wiedererstarkten Bayern München Blazers sowie Traditionsklub 1899 SAP drohen, dem Rekordmeister den Rang abzulaufen. Und dann auch noch das: Schwesterverein Audi Ingolstadt gewinnt sensationell im Penaltyschießen nach Overtime, zieht damit in die Playoffs ein und schießt den großen Bruder vollends in die Krise. Unglaublich, solche Geschichten schreibt nur der European Football… oh, entschuldigung, kurz über dem Stadionheft des FCI eingenickt.