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Seite 2: „Ich kann in Problemen unterwegs sein oder in Lösungen"

Was haben Sie gedacht, als Sie von den Äuße­rungen des Schalker Auf­sichts­rats­vor­sit­zenden Cle­mens Tön­nies erfuhren, der den Bau von mehr Kraft­werken in Afrika nahe­ge­legt hat, damit im Dun­keln nicht so viele Kinder gezeugt werden?
Darin offen­bart sich ein anti­quiertes Bild, das man an man­chen Stamm­ti­schen hört, wenn das Kalt­ge­tränk zu intensiv geflossen ist.

Ihr Freund Gerald Asa­moah hat gesagt, er sei sprachlos, geschockt und ver­letzt“ gewesen. Sie auch?
Ja. Aber ich glaube, dass es für ihn noch einmal schlimmer war, weil es jemand gesagt hat, der eigent­lich zu seinem Kreis zählt. Das geht einem viel näher, als wenn das irgendwer sagt. Außerdem hat Gerald eine wesent­lich inten­si­vere Bezie­hung zu Afrika, als ich das habe. Ich bin in diesem Jahr zum ersten Mal dort gewesen, nachdem mein Vater gestorben ist.

Hätte Tön­nies zurück­treten müssen?
Diese Ent­schei­dung kann man nie­mandem abnehmen, das musste er allein für sich ent­scheiden. Mög­li­cher­weise wird er das Thema aber nicht so schnell
los­werden.

Haben Sie in der Frage des Anti­ras­sismus ein klares Sen­dungs­be­wusst­sein?
Ich habe mich kürz­lich relativ deut­lich zum Fall Bakery Jatta geäu­ßert …

… dessen Iden­tität und dessen Flücht­lings­ge­schichte ange­zwei­felt wurden und der beim Spiel des Ham­burger SV in Karls­ruhe massiv aus­ge­pfiffen worden ist.
Ich habe gesagt, dass es dem Jungen sicher­lich nicht guttut, dass er ständig an seine Odyssee der Flucht erin­nert wird, und dem Fuß­ball auch nicht. Ich würde solche Pfiffe in Osna­brück nicht tole­rieren. Dar­aufhin habe ich von unseren Fans das Feed­back bekommen, dass es das bei uns nicht geben würde. Es war einer­seits natür­lich gut, die eigenen Jungs hinter sich stehen zu haben, wenn man sich so weit aus dem Fenster hängt. Mir war aber auch nicht klar, was ich mit meiner Aus­sage los­treten würde. Ich werde offenbar als Sprach­rohr wahr­ge­nommen, und meine Aus­sagen gewinnen an Bedeu­tung, habe ich fest­ge­stellt.

Erst dadurch?
Wenn ich im Super­markt an der Kasse sitzen würde, könnte ich das jedem Kunden erzählen, aber nie­manden würde es inter­es­sieren. Und auch nicht als Tabel­len­sieb­zehnter der Dritten Liga, wie vor zwei Jahren.

2019 08 danielthioune 1 wahl 001
Mario Wezel

Sie haben sich ein sehr langes Zitat von Will Smith aus dem Film Das Streben nach Glück“ auf den linken Unterarm täto­wieren lassen: Don’t ever let some­body tell you, you can’t do some­thing. Not even me. You got a dream, you gotta pro­tect
it. When people can’t do some­thing them­selves, they’re gonna tell you that you can’t do it. You want some­thing? Go get it. Period.“ Was bedeutet das für Sie?
Ich habe den Film oft gesehen, und über diesen Spruch habe ich 2016 meine Abschluss­ar­beit zum Fuß­ball­lehrer geschrieben. Letzt­lich geht es darum, dass ich mir von nie­mandem sagen lasse, dass ich etwas nicht kann. Ich war in keinem Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum und bin über die Kreis­liga in den Pro­fi­fuß­ball gekommen. Meine erste Bewer­bung zum Lehr­gang für Fuß­ball­lehrer ist abge­lehnt worden, und jetzt darf ich einen Zweit­li­gisten trai­nieren.

Sie sind auch der ein­zige schwarze Chef­trainer im deut­schen Pro­fi­fuß­ball. In den grö­ßeren euro­päi­schen Ligen gibt es
nur drei schwarze Trainer: Nuno Espi­rito Santo bei den Wol­ver­hampton Wan­de­rers, Patrick Vieira bei OGC Nizza und Vin­cent Kom­pany bei seinem Heimat­verein RSC Ander­lecht. Und hat-
ten wir in der Bun­des­liga über­haupt schon mal einen?
Zählen wir Valé­rien Ismaels Zeit in Wolfs­burg nicht dazu? Aber wissen Sie: Ich kann in Pro­blemen unter­wegs sein oder in Lösungen.

Piara Powar, der Direktor von Foot­ball Against Racism in Europe“, sagt: Es besteht wei­terhin das Vor­ur­teil, dass schwarze Ath­leten zwar gute Per­former sind, aber keine Leader.“
Das mag sein, aber darauf habe ich keinen Ein­fluss. Wenn ich mich aber mit Dingen beschäf­tige, auf die ich keinen Ein­fluss habe, bin ich nicht gut da, wo ich gerade bin. Und bis­lang habe ich funk­tio­niert – unab­hängig von meiner Haut­farbe. Aber klar, es gilt nach wie vor: Man muss als Schwarzer deut­lich härter arbeiten, um zu leben wie ein Weißer.