Kreisligakicker sind hungrige, kernige Typen. Will man sie motivieren, muss man schon den Grill anschmeißen. Weitere Kuriositäten aus den Vereinsheimen der Republik gibt es bei den „Helden der Unterklasse“.
Pöppinghausen gibt nicht auf
Die Bilanz des Kreisligisten SuS Pöppinghausen II war eine Katastrophe: 16 Spiele, 16 Niederlagen und ein Torverhältnis von ‑151. Neulich verloren sie ein Spiel mit 0:33. Da kommt aus dem Umfeld schon mal Kritik auf, doch Torsten Leder, 1. Vorsitzender des SuS betont: „Es ist enttäuschend, dass unsere zweite Mannschaft in einigen Berichterstattungen zuletzt viel Hohn und Spott ausgesetzt war.“ Tatsächlich ist es bemerkenswert, dass Pöppinghausen weitermacht, denn fünf Kreisligisten aus der Region zogen in dieser Saison schon ihre Mannschaften zurück. Doch Pöppinghausen gibt nicht auf. Die SuS ist der einzige Verein, der in Castrop-Rauxel noch auf einem Ascheplatz spielt. Dieser war im Winter natürlich gesperrt und das Training fiel flach. „Darin liegt sicherlich der Hauptgrund dafür, dass unsere Spieler aktuell nicht fit und eingespielt sein können und somit weit unter ihren Möglichkeiten spielen“, so Torsten Leder. Doch für das Spiel gegen den Tabellensechsten aus Börnig setzte Leder auf eine besondere Form der Motivation: „Wir werden nach dem Spiel noch länger zusammensitzen, den Grill anschmeißen und ein Bierchen trinken.“ Und es klappte! Pöppinghausen erkämpfte sich ein 3:3. Leder weiß einfach, wie man Kreisligakicker zu Höchstleistungen bringt und nun steht fest: Angrillen ist die beste Verteidigung!
Wenn das Aufwärmen länger dauert als das Spiel
Nichts fürchtet ein Kreisklassen-Trainer mehr als Nachholspiele an einem Feiertag. Plötzlich kehrt Ruhe in der Mannschafts-WhatsApp-Gruppe ein. Wo sonst mehr oder weniger lustige Bilder und Videos fröhlich getauscht werden, rollt lediglich der digitale Heuballen durch den Gruppenchat. Was sonst bei jedem Mannschaftsabend gelingt, klappt an diesen Tagen nicht: man bekommt die Mannschaft nicht voll. So erging es auch den Trainern des TSV Pulsnitz II und des Hermsdorfer SV. Zahlreiche Abmeldungen ließen im Vorfeld die Telefone glühen. Ob der eine, der schon drei Jahre nicht mehr auf dem Platz stand, nicht doch nochmal spielen könnte oder der andere vielleicht erst später zur geplanten Familienfeier fahren könnte? Pulsnitz bekam auf den letzten Drücker noch den Kader voll – wenn auch mit drei A‑Jugendlichen, zwei alten Herren und zwei Spielern aus der Ersten. Bei Hermsdorf verliefen die Lockrufe des Trainers nicht so erfolgreich. Lediglich sieben tapfere Recken traten die Auswärtsfahrt nach Pulsnitz an – immerhin spielfähig. Gern würden wir jetzt eine Heldengeschichte schreiben, wie die glorreichen Sieben bis zur 90. Minute der Pulsnitzer Übermacht trotzten. In Wahrheit ging Pulsnitz jedoch nach vier Minuten in Führung und zwei Minuten später knickte Thomas Liepke vom Hermsdorfer SV unglücklich mit dem linken Fuß um und die Partie wurde vom Schiedsrichter abgebrochen. Somit dauerte das Aufwärmen länger als das Spiel und die Hausherren freuen sich über drei schnell erkämpfte Punkte. Ab morgen gibt es dann wieder was zu lachen im Gruppenchat.
Beim Linienziehen gescheitert
Was sich auf den ersten Blick wie der Titel der Biografie eines Beinahe-Bundestrainers liest, ist in Wahrheit der kuriose Absagegrund der Partie Sportfreunde Hanweiler gegen FV Fischbach. Die Partie sollte eigentlich schon im Vorfeld witterungsbedingt abgesagt werden, durch ein paar Abstimmungsprobleme kam es jedoch nicht dazu. Blöderweise konnte der Platzwart an diesem Tag nicht vor Ort sein und so fehlten bis kurz vor Anpfiff die Linien. Der Vorsitzende Thomas Heinz erklärte das so: „Auch bei uns geschieht das längst nicht mehr mit einem Wagen voller Kalk oder Kreide, wie man es von früher kennt, sondern mit einem Sprühsystem, durch das die Farbe aufgetragen wird.“ Leider bekam niemand die moderne Markierungsmaschine in Gang. Das Spiel wurde abgesagt. Immer diese neumodische Technik.
Thrombosespritzen für die Spieler
Wenn ein Trainer die mangelnde Laufleistung seiner Mannschaft bemängelt, sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Von „Bewegungsradius eines Bierdeckels“, über „Stehgeiger“, bis „dem kannst du beim Laufen die Schuhe besohlen“ war bisher alles dabei. Doch Martin Herms, Trainer des FC Kray II, prägte nach dem Spiel bei den Sportfreunden Niederwenigern II eine völlig neue Dimension der Kritik: „Die Rückwärtsbewegung des gesamten Teams war unterirdisch. Ich habe nach dem Spiel in unserem Arztkoffer Thrombosespritzen gesucht. Der eine oder andere hätte sicher eine gebrauchen können.“ Eines kann man dem Trainer aber wirklich nicht absprechen: um das körperliche Wohlbefinden seiner Spieler ist er stets besorgt.
Ex-FIFA-Schiri pfeift jetzt Oberliga
Falah Abed Saad war ein Star, er leitete Spiele vor 65.000 Zuschauer und wurde 2014 im Irak zum Schiedsrichter des Jahres gewählt. Doch er flüchtete nach Deutschland, um seinem Sohn zu helfen: „Er ist herzkrank und im Irak gibt es keine Möglichkeit, ihn zu behandeln. Hier konnte er operiert werden.“ Wochenlang musste er in einem griechischen Auffanglager verbringen. Dort studierte Saad ein deutschsprachiges Fußball-Regelbuch. Als seiner Familie Hamburg als Aufenthaltsort zugewiesen wurde, pfiff er dort Jugendspiele und unterklassige Begegnungen. Jetzt darf er auch in der fünften Liga ran. Einen entscheidenden Unterschied gibt Saad im NDR-Interview zu seiner Zeit im Irak an: „Ich hatte immer auch Angst, wenn ich ins Stadion gegangen bin. Es gab Spieler und Schiedsrichter, die sind plötzlich verschwunden.“ Das muss er in der Hamburger Oberliga zum Glück nicht befürchten.