Schach-Weltmeister Magnus Carlsen wirkt in seiner Kerndisziplin oft unterfordert. Weshalb er nun den Sieg im Fußball-Managerspiel „Fantasy Premier League“ anpeilt.
Zur laufenden Saison aber scheint der Mann aus Tönsberg in Süd-Norwegen seine Taktik annähernd perfektioniert zu haben. Dazu muss man wissen: Von der Idee her ähnelt die „Fantasy Premier League“ dem interaktiven „kicker-Managerspiel“. Die Teilnehmer können ständig an ihrer Formation auf dem Spielfeld herumschieben, personelle Rochaden und andere strategische Züge vornehmen – ähnlich dem Schach, wie der norwegische Experte Tarjei Svensen im englischen „Guardian“ erklärt: „FPL erfordert Planung und Strategievermögen. Außerdem hat Magnus ein unglaubliches Gedächtnis, was ihm natürlich hilft.“ Hinzu komme eine gewaltige Portion Fußballwissen, wie Svensen verrät: „Das Niveau seiner Kenntnisse über den englischen Fußball ist herausragend, das dürfte ihm nutzen.“
Die englischen Zeitungen analysierten Carlsens Züge auf dem virtuellen Fußballfeld zuletzt ebenso akribisch wie seine Schach-Partien. Und sie stellen fest: Egal, welche Transfers und Transaktionen das Superhirn auch durchführte – egal, wie absurd sie im Vorfeld schienen: Fast immer waren sie genial. „Natürlich ist auch Glück dabei“, analysiert Schach-Journalist Svensen, „aber wenn du konstant dermaßen gut bis, ist das kein Glück. Magnus sagt, er hat einfach viel Zeit, weil er keinem regulären Job nachgeht. Zudem ist er ein großer Fußball-Fan, er guckt einfach alles.“ Und analysiert messerscharf.
Auf Rang eins: ein Ex-Liverpool-Profi
Dass Carlsen zu Saisonbeginn Spieler wie Mo Salah, Sadio Mané und Heung-min Song verpflichtete, mutet in diesem Zusammenhang wenig spektakulär an. Es sind eher Geheimtipps wie Sheffield Uniteds John Lundstram, die sein virtuelles Team so erfolgreich machen. Und Carlsens Fähigkeit, Leistungsexplosionen vorherzusehen: Zum 15. Spieltag hatte der Schach-Nerd überraschend einen gewissen Leander Dendoncker von den Wolverhampton Wanderers ins Spiel gebracht. Prompt erzielte der Belgier seinen ersten Saisontreffer. Auch die Einwechslung von Martin Kelly (Crystal Palace) brachte Carlsen einen Batzen Punkte.
Noch aber ist der Schach-Weltmeister nicht am Ziel seiner heimlichen Träume. Noch liegen drei andere Manager in der „Fantasy Premier League“ vor ihm. Und noch scheint es, als könne alt-hergebrachter Fußball-Hausverstand die schier endlosen Hirnwindungen eines Schach-Genies übertrumpfen: Auf Rang eins thront nämlich ein gewisser Nick Tanner, seines Zeichens Ex-Profi des FC Liverpool (1988 bis 94). Andererseits: Die Saison ist noch lang. Und Magnus Carlsen rückt näher – Zug um Zug.