Hält der Frieden auf Schalke? Was macht eigentlich Clemen Tönnies? Und wohin steckt Mainz seine ganze Kohle? Unsere Saisonvorschau blickt heute nach Gelsenkirchen und Mainz.
Das ist neu: Aufbruchstimmung. Okay, die ist eigentlich jedes Jahr da und wird schnell vom Klub, der Lügenpresse oder beiden nieder gewalzt. Aber dieses Jahr fühlt es sich irgendwie anders an. Nach einer bleischweren Vorsaison hat Horst Heldt mit André Breitenreiter endlich mal wieder einen Mann des Volkes an die Seitenlinie gestellt. Und seine Inthronisierung hat auch gleich im ganzen Umfeld für stille Euphorie gesorgt. Und trotz aller Störfeuer in der Sommerpause (Causa Julian Draxler, Begnadigung von Sidney Sam, verschollene Nachwuchsspieler) herrscht auch kurz vor dem Saisonstart zumindest nach außen hin noch Friede, Freude, Eierkuchen am Ernst-Kuzorra-Weg. Wir schütteln dennoch ungläubig weiter den Kopf. Was ist nur mit dem FC Schalke los?
Das fehlt irgendwie: Die Abteilung Attacke. Wo ist nur der Klubboss Clemens Tönnies hin? Und wo ist sein traditionelles Saisonstartinterview, in dem er zwischen den Zeilen fordert, dass Schalke ein Kandidat auf den Titel ist? Der Fleischmogul behielt sogar in heiklen Situationen wie dem sich anbahnenden Draxler-Transfer medial die Füße still und ließ seine Standleitung zum Boulevard ruhen. Und so hörte man aus Schalke, dass es eigentlich nur ein Saisonziel gäbe: guten Fußball zu spielen. Wir sind gespannt.
Aufreger der Sommerpause: Thilo Kehrer. Bis heute ist unklar, was genau in der Beziehung zwischen Schalke 04 und dem U19-Meisterkapitän Thilo Kehrer eigentlich schiefgelaufen ist. Fakt ist: Trotz gültigen Vertrags tauchte Kehrer nicht zum Trainingsstart der Schalker auf, stattdessen ließ sein Manager verlauten, dass Kehrer mittlerweile einen Vertrag bei Inter Mailand unterschrieben habe. Der Klub pocht auf das gültige Arbeitspapier, der Spieler will offenbar einfach nur noch weg. Ganz nebenbei entfachte sich noch eine Debatte über Menschenhandel, Knebelverträge und den Umgang der Schalker Führungsriege mit dem eigenen Nachwuchs. Und dann war da noch Julian Draxler. Und Franco Di Santo. Und die Erkenntnis, dass es an Aufregern auf Schalke niemals mangeln wird.
Wäre diese Mannschaft ein Youtube-Clip dann dieser…:
Selten hat man sich beim FC Schalke (Pudel) so auf eine Saison (Frau im Hintergrund) gefreut, wie in diesem Jahr. Und bei so viel Eurphorie freuen wir uns einfach mal solidarisch mit.
11FREUNDE-Orakel: Der Kader wurde punktuell und vor allem clever in der Breite verstärkt, die Symbolfiguren Benedikt Höwedes und Julian Draxler mit Verantwortung ausgestattet und mit den Dauerverletzten Sidney Sam und Leon Goretzka sind auch zwei weitere (zumindest) gefühlte Neuzugänge endlich wieder fit an Bord. Sollte der Saisonstart gelingen und die Euphorie nicht schnell wieder auf *Achtung, Mörderwortwitz* Keller-Niveau sinken, ist alles von Platz zwei bis sechs drin. Wahrscheinlich aber Platz vier.
Das ist neu: Mainz hat Geld. Aufgrund einiger Topverkäufe im Sommer (Okazaki / 11 Millionen, Geis/12 Millionen, Polter / drei Millionen) schwimmt der FSV für seine Verhältnisse plötzlich im Festgeld. Doch Mainz wäre nicht Mainz, wenn man dieses Geld nicht bedacht einsetzen und sich Fantasietransfers ersparen würde. Dafür ist Manager Christian Heidel einfach zu schlau und geerdet. Stattdessen behält man in der Karnevalshochburg lieber beide Beine auf dem Boden und arbeitet mit Ruhe und Sorgfalt an seinem Ruf als größter Kleinklub der Liga. Beeindruckend.
Das fehlt irgendwie: Verstärkungen, die sofort einschlagen. Vor allem die Abgänge von Spielmacher Johannes Geis und Toptorjäger Shinji Okazaki sind vom aktuellen Kader im Grunde nicht zu aufzufangen. Zwar kam mit dem Schweizer Fabian Frei ein international umgarnter Mann aus Basel, doch der ist in seinem ersten Bundesligajahr eine echte Wundertüte. Im Sturm fehlt ohnehin Qualität, adäquates Nachrüsten war im Sommer bisher Fehlanzeige. Dazu kommt das Karriereende des Mainzer Defensivschlachtrosses Nikolce Noveski, der in der Vergangenheit als Spieler und Fugenkitt im Team agiert hatte. Spieler wie ihn kann man sicht nicht backen, weswegen es spannend sein wird zu beobachten, wie Mainz sich in der ersten Krisensituation der Saison neu sortiert. Und diese Krise wird kommen. Garantiert. Und dann wird sich Mainz ganz sicher bei den Großklubs nach ausleihbaren Bankdrückern umsehen und den Kader nach Heidel-Manier clever nachrüsten. Ein durchaus spannendes Projekt.
Aufreger der Sommerpause: Der Wechsel von Maxi Beister. Der dauerverletzte Ex-Hamburger bat beim HSV um eine Vertragsauflösung, Peter Knäbel stimmte zu. So weit, so Alltag. Knäbels Hinweis, dass es „keinen Markt“ für den Spieler Beister gäbe, und die Tatsache, dass der HSV dem abwanderungswilligen Spieler nach Medienberichten auch noch eine Abpfindung um sechsstelligen Bereich zahlte, gab der Sache allerdings noch etwas Pfeffer. Der umtriebige Beister unterzeichnete nämlich nur wenige Stunden später einen Vertrag bei Mainz 05. Ein Transfer, der unter der garantiert aufgerufenen Ablösesumme des HSV so nie zustandegekommen wäre und Beister stand plötzlich unter dem Verdacht der Abzocke. Der Spieler sagte nach der Vertragsunterschrift in Mainz: „Die Auflösung war die beste und fairste Lösung für alle. Ich kann weiter in der Bundesliga spielen, und der HSV spart mein Gehalt.“ Damit brachte er die Volksseele vollends zum Überkochen. HSV-Fans kotzten ab, Manager anderer Klubs, die ebenfalls Interesse an Beister gezeigt hatte, spielten beleidigte Leberwurst. Und Beister? Der traf in seinem Testspieldebüt für Mainz doppelt und wirkte im weiteren Verlauf der Vorbereitung sehr zufrieden. Alles richtig gemacht.
Wäre diese Mannschaft ein Youtube-Clip dann dieser…:
Klein, knuffig, einfach zum Knuddeln: die Mainzer muss man mit ihrer Vereinsphilosphie und ihrer Tiefstapelei irgendwie mögen. Und wenn es mal irgendwie nicht so läuft, dann heißt es: einmal schütteln und weitermachen.
11FREUNDE-Orakel:
Wie in nahezu jede Saison ist Mainz 05 die Wundertüte unter den Bundesligaklubs. Konnte der Abgang wichtiger Stammspieler in den vergangenen Jahren jedoch immer irgendwie kompensiert werden, dürfte es in dieser Spielzeit aber richtig eng werden. Wahrscheinlich wird Mainz lange im Keller herumkrebsen und sich am Ende auf Platz 15 in der Liga halten.