Schauspielen gehört zum Fußball. Aber wer windet sich am besten, wer macht die schönsten Schwalben? Zum Welttag des Theaters vergibt Schauspieler Christian Ulmen unsere Fußball-Awards.
Bester Hauptdarsteller: Arjen Robben
Auch im Fußball gilt: Manchmal ist die Realität unglaubwürdiger als die Inszenierung. Selbst wenn du wirklich gefoult wurdest, reicht es nicht, einfach umzukippen. Du musst das theatralisch verstärken, damit der Schiedsrichter es auch wahrnimmt. Im Theater heißt es: Du musst für den spielen, der in der letzten Reihe sitzt. Deutlich sprechen, jede Geste groß machen. Arjen Robben ist ein Meister dieses Schauspiels. Matthias Sammer nennt ihn zwar einen ehrlichen Profi. Aber wie definiert man Ehrlichkeit, wenn man für Uli Hoeneß arbeitet?
Eine Schwalbe ist eigentlich improvisiertes Schauspiel, da muss man in Sekundenbruchteilen entscheiden. Es ist schon hohe Kunst, das mit einer inneren Logik stimmig abzubilden. Robben macht das genial, indem er eine Art choreografierte Improvisation durchführt. Er legt es oft darauf an, in den Gegenspieler hineinzulaufen, damit der ihn berührt, deswegen ist er auf die Situation vorbereitet.
Es gibt zwei Komponenten, um Stunts im Film glaubwürdig werden zu lassen. Einmal das Spiel des Schmerzes, der Ausdruck von Pein. Wie Robben das Gesicht verzieht, ist schauspielerisch famos. Das sieht zwar immer gleich aus, aber man kann damit durchkommen. Robert de Niro spielt letztlich auch alles gleich.
Das andere ist die Technik. Wann falle ich wie? Der Ablauf an sich stimmt bei Robben, da ist alles aus einem Guss, er reißt meist die Knie und die Arme nach oben, um zu verdeutlichen, dass er gefoult wurde. Aber er hat manchmal Probleme mit dem Timing und ist zu spät dran. Dann erkennen wir sein Spiel, weil wir sehen, es gab nicht wirklich einen Anlass. Beim Film würde man sagen: Das lösen wir im Schnitt. Hier würde ich sagen: Das lösen wir durch Training.
Bester Nebendarsteller: Miroslav Klose
Wenn du auf einer Bühne oder in der Arena stehst, ist es praktisch unmöglich, du selbst zu sein. Das ist ein so künstlicher Rahmen, du musst in diesem Moment etwas herstellen. Jeder legt sich dafür etwas zurecht, und sei es unter bewusst. Kevin-Prince Boateng macht den Ghetto-Rapper, und Miroslav Klose spielt dann den netten Miro. Das ist nicht zwangsläufig authentisch, es ist ein Spiel, Koketterie. Klose ist nicht blöd, er wird irgendwann gemerkt haben, dass das ankommt. Seine Eitelkeit ist die Bescheidenheit. Das ist seine Rolle, die hat er kultiviert – und er spielt sie gut.
Ehrlichster Schauspieler: David Luiz
Es gibt diese Szene: David Luiz liegt an der Eckfahne, windet sich, mit dem Rücken zum Schiri – und grinst in die Kamera. Das Lachen spielt mit der vierten Ebene, wie Woody Allen, wenn er in die Kamera spricht. Mit den Fans geht Luiz so das stille Einverständnis ein: Ihr seht’s ja eh, dass ich schummle – also guckt mal, wie toll ich die Schwalbe mache. So wird der Zuschauer zum Verbündeten – und ihn will man ja auch nicht verarschen, nur den Schiedsrichter. Wenn er pfeift, hast du alles richtig gemacht, auch wenn das Stadion buht. Das Ziel ist der Freistoß und nicht der Applaus.