Neuer Gegenwind für Martin Kind bei Hannover 96: der Stammverein hat dem langjährigen Geschäftsführer und seinem auserkorenen Nachfolger Robert Schäfer Weisungen erteilt – und damit Kinds Pläne durchkreuzt.
Hannover 96 kommt weiterhin nicht zur Ruhe. Auf die monatelange Posse um die angestrebte Trennung von Sportdirektor Gerhard Zuber folgte am 31. Mai die überraschende Bekanntgabe von Robert Schäfer als neuem Geschäftsführer ab dem 01. Juli. Der ehemalige Funktionär von 1860 München und Dynamo Dresden arbeitete zuletzt als Vorstandsvorsitzender für Fortuna Düsseldorf und sollte in Hannover Nachfolger von Martin Kind werden. Daraus wird nun aber nichts. Der Vorstand des Stammvereins Hannover 96 e.V. ist mit der Personalie nicht einverstanden und hat dem 45-Jährigen sämtliche Befugnisse für die ausgegliederte Profiabteilung entzogen. Auch Kind, der sich ab dem 01. Juli schrittweise aus seinem Amt als Geschäftsführer zurückziehen wollte, ist vom Stammverein mit weitreichenden Weisungen belegt worden.
Seit 1997 leitet Kind mit kurzer Unterbrechung die Geschicke beim aktuellen Zweitligisten. Viele Jahre war der Unternehmer sowohl Präsident des Stammvereins, als auch Vorsitzender aller weiteren Gremien, einschließlich Geschäftsführer der Profiabteilung. Somit lagen die sportlichen und operativen Entscheidungen in den Händen des 77-Jährigen. Seit der Jahreshauptversammlung im Frühling 2019 haben sich die Kräfteverhältnisse allerdings geändert. Bei der Wahl des neuen Vorstands setzte sich die gegenüber Kind kritisch eingestellte vereinsinterne Opposition durch. Zum neuen Präsidenten wurde Sebastian Kramer gewählt, ein Mann aus der Fanszene und klarer Befürworter der 50+1‑Regel, die Kind bei 96 außer Kraft setzen wollte.
Die Regel sichert den Einfluss des Stammvereins auf die bei Profivereinen häufig ausgegliederte Profiabteilung und ist Kind nun bei der Berufung eines neuen Geschäftsführers in die Quere gekommen. Kind betont seit Jahren, Verantwortung abgeben zu wollen, weshalb sich der Aufsichtsrat der Hannover 96 Management GmbH vor über einem Jahr auf die Suche nach einem Nachfolger begab. Dieser Aufsichtsrat setzt sich aus Vertretern des Stammvereines Hannover 96 e.V. und der ausgegliederten Profiabteilung Hannover 96 GmbH & Co. KGaA zusammen, womit die 50+1‑Regel gewahrt ist. Für die Suche hatte der Aufsichtsrat der Management GmbH ein gemeinsames Anforderungsprofil mit Kriterien für den neuen Geschäftsführer erstellt. Die zentrale Forderung: Der neue Geschäftsführer muss klar Position für die 50+1‑Regel beziehen. „Wir möchten einen, der kommunikationsfähig ist, der den Verein als Partner und nicht als Gegner sieht“, beschrieb 96-Präsident Kramer im Sportbuzzer das Anforderungsprofil des neuen Geschäftsführers. Laut der BILD stimmte Kind dieser Forderung zu und das obwohl sie seiner Haltung in dieser Grundsatzfrage widerspricht.
Offenbar allerdings nur leere Worte, wie die spätere Verpflichtung von Schäfer zeigt. Ohne Absprache mit den Vertretern des Stammvereins versuchte Kind, den 45-Jährigen als seinen Nachfolger zu installieren. Zunächst als Geschäftsführer für die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG, die sich u.a. um die Markenführung und ‑pflege sowie die Umsetzung von Ticketing und Merchandising kümmert. Gute Arbeit in diesem Gremium sollte Schäfer auch für die Aufgabe des Geschäftsführers der Profiabteilung qualifizieren, wofür allerdings die Zustimmung der Vertreter aus dem Stammverein benötigt wird. „Seit länger als einem halben Jahr haben wir intensive Gespräche geführt. Wir haben auch viele Themen diskutiert und wir waren nachher beide überzeugt, dass dieser Weg gemeinsam gegangen werden kann, dass wir gute Perspektiven haben“, lauteten Kinds Worte auf der Vorstellungs-PK von Schäfer.