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Bern­hard Felm­berg, in Kürze wird Hertha BSC den großen FC Bayern Mün­chen emp­fangen. Was werden Sie Ihrer Gemeinde beim Got­tes­dienst erzählen? Die Geschichte von David und Goliath?
Warum nicht. Wir ver­su­chen bei den Pre­digten, bibli­sche Inhalte mit einem Bezug zum Sport und der aktu­ellen Situa­tion zu ver­knüpfen. Die Geschichte des Außen­sei­ters, der mit viel Mut, Glaube an Gott und einer guten Taktik einen über­mäch­tigen Gegner bezwingt, würde gut zur Partie passen. Zum Glück ver­lässt sich Hertha BSC nicht nur auf die eigene men­tale Stärke, son­dern bereitet sich gerade intensiv auf die Rück­runde vor.

Es sind nicht alle Spieler mit ins Trai­nings­lager mit­ge­flogen, der Kader wird gerade kräftig aus­ge­dünnt. Mit christ­li­cher Nächs­ten­liebe hat das nichts zu tun.
Im Pro­fi­fuß­ball geht es in erster Linie um Leis­tung und Erfolg. Wir sind nicht so naiv, nicht zu wissen, wie die Regeln sind im Fuß­ball, die man akzep­tieren muss: Dazu gehören auch Ver­än­de­rungen im Kader eines Bun­des­li­ga­teams. Die Frage ist, wie mit den Spie­lern umge­gangen wird, die gehen müssen. Wenn wir da das Gefühl hätten, es ginge ruppig oder unfair zu, dann könnten wir das anspre­chen. Ich hatte aber das Gefühl, man hat sich kor­rekt ver­halten.

Trotzdem gibt es kaum einen Ort, wo die christ­li­chen Grund­werte regel­mäßig eine so unter­ge­ord­nete Rolle spielen wie in einem auf­ge­heizten Fuß­ball­sta­dion. Es muss für Sie ein innerer Balan­ceakt sein.
Ich mag die Stim­mung in einem Fuß­ball­sta­dion grund­sätz­lich sehr, aber natür­lich werden auch Grenzen über­schritten, bei­spiels­weise beim Stadt­derby zwi­schen dem 1. FC Union und Hertha BSC, wo sich einige Fans mit Pyro­technik beschossen. Das ist für viele Mit­glieder der Ver­eine eine schwie­rige Situa­tion und dar­über spre­chen wir auch. Wir haben dies im Got­tes­dienst nach diesem Spiel zum Thema gemacht, was erlaubt ist und was nicht. Was dient dem Fuß­ball, wie sollte das Mit­ein­ander der Men­schen aus­sehen.

Wie oft gibt es Andachten im Sta­dion und welche Rolle spielt die Öku­mene in einer gemein­samen Kapelle?
Man kann Got­tes­dienste anmelden. Zum festen Pro­gramm gehört die rund 25-minü­tige Andacht vor den 17 Bun­des­liga-Heim­spielen pro Saison, die mein katho­li­scher Kol­lege und ich öku­me­nisch abhalten, wenn wir beide können. Immer klappt das leider nicht, wir machen das ehren­amt­lich. Vor dem Anpfiff stehen wir beide im Spie­ler­tunnel und geben jedem Spieler die Hand. An den Spiel­tagen ist die Bude voll, wir müssen meis­tens Stühle dazu­stellen.

Lust­en­berger hat sogar sein Kind hier taufen lassen“

Also auch eine gute Bühne für die Kirche.
Ja, in jedem Fall. Wir können die Kirche hier an einem beson­deren Ort ver­treten und eine ganz andere Ziel­gruppe anspre­chen. Viele der jähr­lich rund 200 000 Besu­cher haben eine Begeg­nung mit einem geist­li­chen Raum, den sie sonst nicht gehabt hätten. Es besu­chen uns viele Gruppen aus Berlin und Bran­den­burg, aber auch von sehr viel weiter her – die Reak­tion ist meis­tens Erstaunen, dass wir hier eine Kapelle haben.

Kann jeder am Got­tes­dienst teil­nehmen?
Ja. Es kann jeder kommen und es ist auch ein unglaub­lich bunter Mix ver­treten, es kommen genauso Leute aus der Ost­kurve wie Prä­si­di­ums­mit­glieder und Gäs­te­fans. Es ist der Ort im Sta­dion, an dem sich alle begegnen, so wie es unser christ­li­cher Ansatz ist. Das wir an so einem sen­si­blen Bereich unmit­telbar am Spie­ler­tunnel an den Spiel­tagen geöffnet haben, ist übri­gens ein­malig in der Bun­des­liga.

Und dann stellen Sie sich im Hertha-Trikot vor die Fans und heizen kräftig ein?
Nein. Nie im Trikot, son­dern im Talar und ich trage auch keinen Hertha-Schal dar­über. Wir wollen uns nicht anbie­dern und der Unter­schied zwi­schen Verein und Kirche soll auch deut­lich sichtbar bleiben. Aber wir bringen die Fans schon in Stim­mung, keine Sorge, wir ent­lassen sie mit gut geölten Stimmen ins Sta­dion.

Kommen viele Spieler zu Ihnen und war Jürgen Klins­mann eigent­lich schon da?
Es kommen regel­mäßig Spieler her, manche auch häu­figer. Arne Fried­rich war bei­spiels­weise oft hier, auch Salomon Kalou und Fabian Lust­en­berger, er hat sogar sein Kind hier taufen lassen. Aber wenn wir spre­chen, dann pas­siert das in der Regel privat und nicht in der Kapelle. Jürgen Klins­mann war schon da, wie eigent­lich alle Trainer bisher. Mit Otto Reh­hagel gab es übri­gens gleich bei der Begrü­ßung eine sehr schöne Situa­tion.

Erzählen Sie.
Er sah die ganzen Bibel­verse an den Wänden und sagte, ich kann auch einen. Dann sagte er Psalm 23 aus­wendig auf – der Herr ist mein Hirte und so weiter. Als er fertig war, lachte er uns an, gab allen die Hand und ging wieder raus.

Wie viele Schals und Fuß­ball­schuhe haben Sie im Lauf der inzwi­schen 14 Jahre schon gesegnet?
Noch nichts der­glei­chen, ich als evan­ge­li­scher Pfarrer segne ohnehin nur Men­schen, keine Gegen­stände. Wir segnen dem­zu­folge auch nicht die Hertha, son­dern die Men­schen im Klub, weil jeder Gottes Segen braucht. Einer unserer Ansätze bei der Seel­sorge der Spieler ist es, ihnen deut­lich zu machen, der Wert, den du als Mensch hast, ist nicht abhängig vom sport­li­chen Erfolg. Also redu­ziere dich nicht darauf.

Da geht es auch um die rich­tige Ein­ord­nung des Fuß­balls, der unglaub­lich über­höht und gemessen an den glo­balen Pro­blemen eine Peti­tesse ist. Spielt auch das eine Rolle in Ihren Pre­digten?
Wir pre­digen nicht über die Berech­ti­gung der Höhe der Spie­ler­ge­hälter oder solche Dinge. Wir wissen, in wel­cher Sphäre wir uns hier bewegen, das wäre schein­heilig. Genauso, wie die Prä­senz hier auf der großen Bühne zu nutzen und auf der anderen Seite ständig den mora­li­schen Zei­ge­finger zu heben. Das ist auch nicht not­wendig, wir merken, wie die Fans sich von selber schwer tun mit vielen Begleit­erschei­nungen des Fuß­ball­ge­schäftes. Ich denke aber, als Ver­treter der Kirche sollten wir uns dann ein­schalten, wenn Anstand und Moral auf der Strecke bleiben.

Wie sind Sie eigent­lich zum Fuß­ball und auf die Idee gekommen, eine Kapelle in einem Sta­dion zu instal­lieren?
Inspi­riert hat mich die Kapelle der Schalke-Arena, ich dachte, es muss doch auch im Olym­pia­sta­dion funk­tio­nieren, dass die Besu­cher eine Berüh­rung mit Gottes Wort haben. Fuß­ballfan bin ich schon lange. Ich bin in Berlin-West groß geworden, habe selber beim Wil­mers­dorfer SC gespielt und war schon früh Hertha-Fan. Jetzt bei meinem Her­zens­verein so nah dran zu sein, ist für mich großes Kino.

Was sind Sie dann mehr: Hertha-Fan oder Pfarrer?
Ich bin Pfarrer durch und durch, aber mein Herz schlägt für Hertha. Ich wün­sche wirk­lich allen Geg­nern ein gutes Spiel, aber natür­lich hoffe ich, dass mein Klub gewinnt.

Bern­hard Felm­berg ist seit 2006 gemeinsam mit einem katho­li­schen Kol­legen als evan­ge­li­scher Seel­sorger in der Kapelle des Ber­liner Olym­pia­sta­dions tätig. Seit 2018 leitet der 54-Jäh­rige die Zen­tral­ab­tei­lung des Bun­des­mi­nis­te­riums für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit und Ent­wick­lung.