Stadionverbote sind harte Strafen – und oft äußerst bizarr. Jetzt wurde ein Fan gesperrt, weil er den Ententanz performte. Eine Sammlung aus dem Kuriositätenkabinett.
Blühende Landschaften
„Ossi-Verbot in der 3. Liga! Irre, aber leider wahr“, titelte die Bild-Zeitung 2010 empört. Und weil nur die Speerspitze des Qualitätsjournalismus ein solch heißes Eisen ausreichend beschreiben kann, überlassen wir dem Branchenprimus ausnahmsweise kurz das Feld und zitieren: „Ein Ossi-Ausgesperrter ist Konrad Kreter (72): „Ich lebe seit 1948 im Westen, seit 1981 in Wiesbaden. Ich bin Fan von Wehen. Doch zum Spiel durfte ich nicht, weil mein Geburtsort Langensalza (Thüringen, d. Red.) ist.“ Das Verrückte: Langensalza liegt viel näher an Wiesbaden als an Rostock. Am Eingang wurde Heidi Heller (27) abgewiesen, weil sie in Wurzen/Sachsen zur Welt kam. Ebenso Jens Filipowitsch (31), geboren in Borna bei Leipzig und wohnhaft in Hessen: „Wir wurden wegen unserer Herkunft diskriminiert.“ Mit dem Ossi-Verbot reagierte der Klub auf das Urteil des DFB-Kontrollausschusses, das Rostocker Fans nach Randale in Dresden für zwei Auswärtsspiele ausschloss.“
Einfach mal die Fresse halten
Anlässlich einer Gedenkminute schwiegen am 3. Mai 2009 alle Fußballarenen in den Niederlanden. Auch beim Erstligamatch FC Utrecht gegen Feyenoord Rotterdam gedachte man den Opfern, die beim Anschlag auf die niederländische Königsfamilie ums Leben gekommen waren. Ein ganzes Land schwieg? Nein, denn ein Utrecht-Fan nutzte den Moment der Stille, um den Gegner aus Rotterdam lautstark und ausschweifend zu beschimpfen. Der Schreihals wurde nach einigen Wochen ausfindig gemacht. Derzeit verbüßt er ein Stadionverbot von fünf Jahren.
Süüüüß, ein Hai
Selbst harmlose Stofftiere sind nicht vor einem saftigen Stadionverbot gefeit. Weil der tapsige Uerdingen-Dickhäuter „Grotifant“ etwa in einem Zweitligaspiel einen Linienrichter angerempelt hatte, wurde er langfristig des Stadions verwiesen. Doch das ist noch nichts gegen das Schicksal des kessen Hais „Sharky“, seines Zeichens Maskottchen des kolumbianischen Klubs Junior Barranquilla. Der hatte sich vor dem Anpfiff des Heimspiels gegen Cucuta im Jahr 2009 nicht nur heftig in das Trikot des Gegners verbissen, sondern schleuderte es anschließend auf den Boden und trampelte darauf herum. Doch damit nicht genug: Vor laufenden Kameras rieb sich der flauschige Meeresbewohner das Jersey auch noch in den Schritt und begattete das hilflose Stück Stoff abschließend. Genug für die Klub-Verantwortlichen, die „Sharky“ auf ewig in den Badeurlaub entsandten.
Schlicht, aber einleuchtend
Warum lange herumreden: Der 55-jährige Paul Chandler schaute einigermaßen verdutzt, als er 2009 erfuhr, dass er fortan beim englischen Non-League-Club Taunton Town nicht mehr ins Stadion dürfe. Der frühere Vorsitzende des Fan-Dachverbandes war im Klubumfeld durchaus als kritischer Geist bekannt. Als er nachfragte, warum er denn nun unerwünscht sei, bekam er schließlich vom Klub-Präsidenten Tom Harris schriftlich bescheinigt, er sei einfach „ein Arsch“.
Ich kleb dir eine
Weil er vier Sticker an eine Plexiglasscheibe angebracht hatte und sich damit auch noch erwischen ließ, bekam HSV-Fan Clemens 2008 nach einem Pokalspiel in Wolfsburg ein dreijähriges Stadionverbot aufgebrummt. Erst nachdem HSV-Vorstand Christian Reichert den DFB über den Vorfall informiert hatte, bot der VfL Wolfsburg an, das Stadionverbot für Clemens gegen eine Zahlung von 50 Euro für die Reinigung zurückzuziehen. Von Wolfsburger Seite hieß es, das Verbot habe formell gar nicht bestanden, zudem sei das Sicherheitspersonal angewiesen worden, in Zukunft auf die Verhältnismäßigkeit zu achten.
Terror in Highbury
Bevor er zum Terrorpaten aufstieg, lebte Osama bin Laden mehrere Jahre in London. Dort soll er regelmäßig zu den Spielen des FC Arsenal gegangen sein. Seinen Söhnen soll er regelmäßig Trikots und Schals aus dem Fanshop mitgebracht haben. Das schreibt jedenfalls Adam Robinson in seinem Buch „Behind the Mask of Terror“. Wie auch immer: Nach dem 11. September 2001 verhängte der FC Arsenal ein Stadionverbot gegen Osama bin Laden.
Papierwahnsinn
Früher war in Italien alles anders: die besten Spieler der Welt tummelten sich auf dem Rasen, während auch auf den Rängen la dolce vita regierte. Ein Paradies für Fans. So schafften es etwa ein paar Anhänger von Inter Mailand einmal einen Motorroller in das Stadion zu schmuggeln. Heute reicht da weit weniger aus, um echte Probleme zu kriegen. Dabei sah es super aus: Tausende, einzeln ins Stadion eingeführte Toilettenpapierrollen sorgten zu Beginn der Drittligapartie von Pisa Calcio gegen den AC Sangiovannese für ein eindrucksvolles Ambiente. Trotz der erheblich verschärften Gesetzgebung gab es an den Eingangskontrollen keinerlei Beanstandungen gegenüber der massenhaft eingeführten Kackpappe. Dennoch wurden gegen „Pisani“ in den Tagen nach dem Spiel einige Stadionverbote ausgesprochen.
An dem Hahn herbeigezogen
Hahn „Balthazar“ gehörte jahrelang zum Inventar der französischen Nationalmannschaft. Nicht zuletzt durch den EM-Gewinn 2000 wurde das Federvieh zum heimlichen Glücksbringer der „Les Bleus“. In sechs Jahren bereiste der Hahn die halbe Welt und sah insgesamt 63 Spiele von Zidane und Co. Doch bei der WM 2006 in Deutschland sollte die Karriere des Kammträgers ein jähes Ende finden. Nach Protesten von Tierschutzorganisationen hatte die Fifa kurzerhand alle Tiere aus den WM-Arenen verbannt, so musste auch Besitzer Clement Tomaszewski seinen Gockel zu Hause lassen. „Stadionverbot!“, empörte sich das Pariser Boulevardblatt „France Soir“. Ob Zinedine Zidandes Kopfstoß im Finale von Berlin im Zusammenhang mit Balthazars Degradierung stand, ist nicht bekannt.