Wer wurde 1922 Meister in Oberschlesien? Wie endete Carl Zeiss Jenas erstes Ligaspiel? Nicht im DFB-Archiv stehen die Antworten, sondern im Hobbyraum dieses Mannes.
Die Sportmagazine sind seine Basis. Hier findet Luy einen Großteil der Spielergebnisse. Für den Rest durchforstet er in Bibliotheken alte Tageszeitungen. Eine Sisyphusaufgabe, denn es gab zu dieser Zeit populärere Sportarten. „Hat sich ein Redakteur nicht für Fußball interessiert, standen auch keine Ergebnisse drin“, sagt Luy. Er wird nebenbei zu einem erfahrenen Quellenkritiker. Vereinsfestschriften könne man vergessen. Das Internet und Wikipedia sowieso. Es kommt durchaus vor, dass er ein Ergebnis trotz intensiver Suche nicht ausfindig machen kann. Das ärgere ihn zwar, aber großartig nach hänge es ihm nicht. „Man darf sich da nicht reinsteigern“, sagt Luy, der nach eigenen Angaben täglich bis zu zehn Stunden in seinem Privatarchiv verbringt.
Auch wenn das Internet bei den Recherchen wenig hilfreich ist, war es doch der Auslöser für seine Sammelwut. Als Kind bekam er von einem Freund den „Kicker“-Almanach geschenkt. Darin unter anderem: historische Ergebnisse von Britannia Stettin und dem VfB 1900 Königsberg. Warum stehen diese Vereine in Almanachen, fragte er sich. Eine eigenartige Symbiose aus Fußball- und Geschichtsbegeisterung entwickelte sich, die aber bald wieder abkühlte.
Erst Anfang der 2000er-Jahre, als er einen Internetanschluss bekommt, flammt die Leidenschaft wieder auf. Auf einmal stehen ihm Statistiken zur Verfügung, von denen er früher nicht mal geträumt hat. Nur das, wonach er eigentlich sucht, findet Luy auch am PC nicht. Noch immer will er ja wissen, wie das damals war mit Stettin und Königsberg und mit dem deutschen Fußball überhaupt. Also beginnt er, selbst einzutauchen in die Archive.
Seine Spuren hat Udo Luy im deutschen Fußball längst hinterlassen. Für den Carl Zeiss Jena gräbt er das verschollen geglaubte Ergebnis des ersten Spiels der Vereinsgeschichte aus (2:4 gegen die zweite Mannschaft des FC Weimar 03), einem verdutzten Archivar der TG Würzburg beweist er, dass sie für vier Jahr eine Fußballabteilung hatten, und der oberschlesische Meister 1922 lautet dank ihm nun korrekterweise Vereinigte Breslauer Sportfreunde – und nicht Viktoria Forst.
Und was ist mit den ganzen Statistiken von heute? Lassen Zweikampfwerte und gelaufene Kilometer sein Herz schneller schlagen? Er winkt ab. Seine Kölner können 98 Prozent Ballbesitz haben, wenn sie 1:5 verlieren, bringe das auch nichts. „Am Ende“, sagt Udo Luy, „zählt das Ergebnis.“
Autor: Daniel Böldt