Vor dem Nordderby ist Werder Bremen so gut drauf wie seit Jahren nicht. Ein Grund: Keeper Felix Wiedwald. Also der Mann, der zu Saisonbeginn gleich zweimal zur Nummer Zwei degradiert und öffentlich angezählt wurde. Warum ist er nicht daran zerbrochen?
Felix Wiedwald, erleben Sie mit Werder Bremen gerade die schönste Phase Ihrer Karriere?
Einen Lauf, wie wir ihn derzeit hinlegen, habe ich – wenn überhaupt – zuletzt in der A‑Jugend erlebt. Und so macht Fußballspielen natürlich sehr großen Spaß. Vor zwei Monaten standen wir noch ganz unten und waren mittendrin im Abstiegskampf. Durch diese Phase haben wir uns ein bisschen Luft verschafft.
Als Außenstehender fragt man sich: Warum flutscht es plötzlich in Bremen?
Ein paar Siege waren – so ehrlich muss man sein – auch glücklich. Aber wir zeigen jetzt endlich, was wir für eine Qualität in der Mannschaft haben. Für mich dabei am wichtigsten: Wir bekommen nicht mehr so viele Gegentore. Vor ein paar Monaten mussten wir drei oder vier Tore schießen, wenn wir ein Spiel gewinnen wollten. Jetzt stehen wir kompakt und gewinnen auch mal 2:0.
Für Sie persönlich war die Saison bisher ein Auf und Ab. Sowohl Ex-Trainer Viktor Skripnik als auch Alexander Nouri degradierten Sie zur Nummer Zwei. Was macht das mit einem Torhüter?
Was ich in dieser Saison erlebt habe, mussten noch nicht viele Spieler mitmachen – schon gar nicht innerhalb so kurzer Zeit. Aber: Mich hat das weitergebracht, ich konnte mich weiterentwickeln. Und man kann zur Zeit ja beobachten, dass ich gestärkt aus dieser Situation hervorgegangen bin. Doch insgesamt war das alles nicht einfach. Immer wieder rein, dann wieder raus, dann wieder rein. Und dann nochmal von vorne.
Die erste Entscheidung gegen Sie in dieser Saison traf Victor Skripnik – nachdem er noch kurz vor dem Spieltag einen Torwartwechsel ausgeschlossen hatte.
Daran sieht man, wie schnelllebig dieser Beruf ist. Ich habe es selber erst am Spieltag erfahren und war dementsprechend einigermaßen überrascht.
Sie haben mal gesagt, Skripnik habe Sie geopfert. Wie hat er Ihnen seine Entscheidung erklärt?
Wir haben das Spiel verloren, danach wurde er beurlaubt. Insofern blieb keine Zeit mehr für Erklärungen.
Für ihn kam kam Alexander Nouri. Der Sie auch auf die Bank setzte.
Er war der neue Trainer, hatte von Anfang an eine Menge Druck und wollte nicht gleich wieder umstellen. Im Spiel davor hatte Drobo (Drobny, d. Red.) gespielt, wieder den Torwart zu wechseln, hätte neue Unruhe reingebracht. Insofern konnte ich das verstehen.
Kurz darauf verletzte sich Drobny und Sie spielten wieder. Als Drobny fit war, mussten Sie weichen. Dann flog er gegen Leipzig vom Platz und Nouri brauchte Sie wieder. Glauben Sie, Ihr Trainer vertraut Ihnen?
Er hatte sich zunächst auf Drobo als Nummer Eins festgelegt. Und während der Verletzung war ich eben nur die Vertretung, das ist ja nachvollziehbar. Aber ich bekam kurioserweise mehrere Chancen. Und die letzte nach der Rotsperre habe ich genutzt und meine Position durch gute Leistungen gestärkt.
Spürten Sie zu wenig Rückendeckung aus der Mannschaft?
Wir waren zu der Zeit insgesamt nicht stabil. Wir hatten viele Ausfälle, viele neue Spieler, die Viererkette musste oft ausgetauscht werden, das System wurde gewechselt und sowohl Drobo als auch ich mussten viele Gegentore fressen. Doch ich glaube nicht, dass innerhalb der Mannschaft die Torhüter als das Problem gesehen wurden.
Ex-Werder-Keeper Tim Wiese verspottete Sie als Milchbubi.
Die „Bild“ versucht, ihre Zeitung zu verkaufen. Und Tim hat dort seine Kolumne, die auch davon lebt, ein bisschen zu sticheln. Aber ich sehe das eher mit einem Schmunzeln. Zumal ich mir nicht so ganz sicher bin, ob er die Kolumne wirklich Wort für Wort selber schreibt.