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Kanada gegen Kuba, das klingt nicht großer Fuß­ball­bühne. In Toronto gewann der Gast­geber sorglos mit 6:0, auf­fäl­ligster Akteur war der ehe­ma­lige St. Pau­lianer und Pader­borner Junior Hoi­lett. Den­noch sorgte das Spiel inter­na­tional für Auf­sehen. Fünf kuba­ni­sche Natio­nal­spieler nutzten die Gele­gen­heit und setzten sich nach der Partie ab. Dar­unter die beiden Leis­tungs­träger Andy Baquero und Yordan Santa Cruz, die den Insel­staat bei der U20-WM 2013 ver­traten und als beste Fuß­baller Kubas gelten.

Ader­lass an Fuß­bal­lern

Mit diesen fünf haben ins­ge­samt 44 Spieler dem Land in den letzten 17 Jahren den Rücken gekehrt. Dieser Ader­lass an Fuß­bal­lern macht sich bemerkbar: Durch die stän­dige Fluk­tua­tion ist es unge­heuer schwierig, eine funk­tio­nie­rende Natio­nal­mann­schaft auf­zu­bauen. Dem­entspre­chend war auch das Abschneiden beim dies­jäh­rigen Gold-Cup. In einer Gruppe mit Mexiko und den Fuß­ball-Leicht­ge­wichten aus Kanada und Mar­ti­nique schied Kuba als Grup­pen­letzter und einem Tor­ver­hältnis von ‑17 Toren aus. 

Sind kon­ti­nen­tale oder inter­kon­ti­nen­tale Tur­niere für die meisten Spieler eine Mög­lich­keit, sich ins Ram­pen­licht und ins Notiz­buch von Scouts zu spielen, sind sie für Kubaner vor allem eins: Eine gute Mög­lich­keit, das Land zu ver­lassen. Dagegen ver­sucht die Regie­rung natür­lich vor­zu­gehen. Bei besagtem Gold Cup wurden den Spie­lern bei­spiels­weise Aus­weise und Handys abge­nommen, um die Flucht­ge­fahr zu mini­mieren. Trotzdem setzten sich vier Spieler ab und ver­ließen das Team noch wäh­rend des Tur­niers. Bei der U20-Con­cacaf-Cham­pi­on­ship 2018 waren es gleich zwölf Kubaner die sich absetzten.

Staats­ama­teure“ statt Pro­fi­sport 

Nun ist es so: Fuß­ball ist in Kuba nur eine Rand­sporart. Die Pres­ti­ge­pro­jekte der Regie­rung sind Base­ball und Boxen. Pro­fi­sport exis­tiert seit 1961 nicht mehr. Offi­ziell gibt es in dem sozia­lis­ti­schen Staat näm­lich nur Staats­ama­teure“. Als sol­cher genießt man in Kuba zwar gewisse Pri­vi­le­gien, die sind aber ver­schwin­dend gering im Ver­gleich zu den Ver­dienst­mög­lich­keiten am anderen Ende des Regen­bo­gens, den großen Pro­fi­ligen in Nord­ame­rika.

Das lässt sich gut am Bei­spiel Yasiel Puig ver­deut­li­chen. Der kuba­ni­sche Base­ball-Super­star flüch­tete 2012 über Mexiko in die USA. Mit den LA Dod­gers schloss er einen Sieben-Jahres-Ver­trag, der ihm 31 Mil­lionen Euro ein­brachte. In Kuba hätte er Anrecht auf einen Staats­lohn von 15 Euro monat­lich. Der wurde zwar ange­hoben, steht aber trotzdem in keinem Ver­hältnis zu den fetten Ver­trägen Ame­rikas. Mitt­ler­weile gestattet die Regie­rung in Havanna ihren Sport­lern, Ver­träge im Aus­land abzu­schließen. Dafür lässt sie sich pro­zen­tual am Gehalt betei­ligen. Doch auch das wird wohl kaum genügen, um kuba­ni­sche Spit­zen­sportler auf der Insel zu halten. Diese nehmen es für sport­li­chen Erfolg und Geld auch in Kauf, ihre Familie jah­re­lang nicht zu sehen.

Über Walmart in die MLS

Einer der besten und bekann­testen kuba­ni­schen Exil-Fuß­baller ist Osvaldo Alonso, den alle nur Ozzie“ rufen. Der defen­sive Mit­tel­feld­spieler wurde mit den Seattle Sounders Meister, Pokal­sieger und kann auf 300 Spiele in der MLS zurück­bli­cken. Trotz dieser beein­dru­ckenden Kar­riere lief er nur 17 Mal fürs Natio­nal­team auf. Beim Gold Cup in den USA 2007 ergriff er die Flucht. Und das auf reich­lich kuriose Weise, näm­lich bei einem Team­aus­flug in eine Walmart-Filiale in Houston, aus­ge­rüstet mit 700 Dollar Start­ka­pital im Ruck­sack, die er über ein halbes Jahr ange­spart hatte.

Mit dem Grey­hound Bus ging es dann von Houston nach Miami, wo Ozzie“ bei der ansäs­sigen Gemeinde aus Exil-Kuba­nern unter­kommen konnte. Auf seine Odyssee ange­spro­chen sagte er in einem Inter­view mit Pio­neer Press“: Das war hart, mir ist alles Mög­liche in den Sinn gekommen: Ich werde nicht mehr nach Kuba kommen. Ich werde meine Familie nicht mehr sehen. Es war eine wirk­lich harte Ent­schei­dung. Aber ich sagte mir, dass ich nach vorne schauen muss.“ 2009 wurde er schließ­lich von den Sounders gedraftet, vorher spielte er bei Char­lotte in der zweit­klas­sigen NASL.

Alonso, mitt­ler­weile beim Min­ne­sota FC aktiv und ame­ri­ka­ni­scher Staats­bürger, wird Barack Obama beson­ders dankbar sein. Der US-Prä­si­dent war es, der 2015 diplo­ma­ti­sche Bezie­hungen mit Kuba auf­nahm und somit die Iso­la­tion been­dete. Durch die so ent­stan­denen ver­ein­fachten Rei­se­be­din­gungen war es Alonsos Familie schließ­lich doch noch mög­lich, in die USA über­zu­sie­deln und in Miami sess­haft zu werden. Zuvor hatten sie sich acht Jahre lang nicht gesehen.

Wie es nun mit den fünf Kuba­nern in Toronto wei­ter­geht? Unge­wiss. Man kann aber wohl davon aus­gehen, dass sie nicht die letzten geflüch­teten Sportler sein werden.