Schalke will mit Klaas-Jan Huntelaar die Band wieder zusammen holen. Das wäre nicht kreativ, aber die beste Lösung für den Klub.
Klaas-Jan Huntelaar denkt gerne an seine Zeit auf Schalke zurück. Bei einem Moment allerdings gerät er beim Erzählen oft ins Stocken: Beim letzten Heimspiel der Saison 2014/15 erreichte Schalke mit einem glücklichen Sieg über Paderborn die Europa League. Die Fans waren trotzdem ungehalten ob der biederen Darbietung. Allein an diesem Umstand sieht man, wie sich die Zeiten in Gelsenkirchen geändert haben. Als die Nordkurve nach dem Spiel „Außer Fährmann könnt ihr alle gehen“ skandierte, hat das Klaas-Jan Huntelaar schwer getroffen.
Während sich alle Schalker lange am Weltstar Raul labten, der im unbekannten Ruhrpott trotz seines Status’ malochte, fiel die Wertschätzung für den Holländer lange weniger schwärmerisch aus. Dabei war Huntelaars Karriere nach Stationen in Mailand oder Madrid ebenfalls glamourös, als ihn 2010 Schalkes Trainager Felix Magath kurz nach Raul geholt hatte. Der Stürmer gab sich dennoch auf und neben dem Platz allürenfrei und sorgte mit seinen Treffern für die ständige Vertretung der Schalker auf internationalem Parkett. 2012 wurde er sogar Torschützenkönig der Bundesliga.
„Es ist, als müsste ich mich zwischen meinen Kindern entscheiden“
Bei Huntelaars Abschied auf Schalke 2017 huldigte ihm dann das Schalker Stadion gebührend. Schalke gehe unter die Haut und dieses Gefühl nie weg, sagte er übers Mikro. Damals hatten ihn die Verantwortlichen nur noch als Ersatz für einen gewissen Guido Burgstaller angesehen. Doch in Amsterdam zeigte Huntelaar in der Folge seine Klasse im Alter. In dieser Saison erzielte er sieben Tore in elf Spielen, in den vergangenen Spielzeiten hatte er mit Ajax in der Champions League gespielt. Am Donnerstag wurde er in der 89. Minute eingewechselt, schoss sein Team daraufhin mit zwei Treffern zum Sieg gegen Twente. Nach dem Spiel sagte er zu einer Entscheidung zwischen Ajax und Schalke: „Es ist, als müsste ich mich zwischen meinen Kindern entscheiden. Ich muss eine Nacht darüber schlafen.“
Wenn er nun zum S04 zurückkehren sollte, kann Huntelaar der abstiegsgefährdeten Mannschaft tatsächlich sportlich helfen. Vorausgesetzt Spielgestalter Amine Harit hält seine Form und versorgt den Angriff weiterhin mit seinen Vorlagen. Aber Huntelaar kann eben auch – und das ist in der derzeitigen Lage fast genauso wichtig – psychologisch helfen: Er kennt den Verein so gut wie seinen Buddy Sead Kolasinac. Er weiß nicht nur, wo das Tor steht, sondern auch, wofür die Nordkurve steht. Mit Anhängern aus der organisierten Fanszene hielt der Torjäger Kontakt.
Schwieriger Spagat: Schalke muss sparen, braucht aber gleichzeitig Verstärkung.
Die Schalker Führung beweist als „Relic Hunter“ nicht unbedingt Kreativität auf dem Transfermarkt, wenn sie nun die alte Band wieder zusammenholt. Auch finanziell wären die Wechsel von Huntelaar und Kolasinac in Anbetracht des dünnen Geldbeutels sehr kostspielig. Doch auf Schalke wird oft mit Emotionen be- und zurückgezahlt. Und in der jüngeren Vereinsgeschichte endete die Kitsch-Erzählung von den „verlorenen Söhnen“ nicht selten im Happy End: So war es zumindest bei Rudi Assauer, Olaf Thon oder Huub Stevens. Das finanzielle Risiko scheint momentan nicht so groß wie der finanzielle Schaden bei einem Abstieg in Liga zwei (oder sogar drei). Und: Derzeit wollen sich nicht mehr viele Stürmer den Abstiegskampf mit Schalke antun.
Denn trotz des Sieges gegen Hoffenheim wird die Saison für Königsblau hart. Matthew Hoppe wird nicht weiter nach Belieben treffen, Schalke brauchte dringend eine weitere Nummer neun. Huntelaar wäre weit mehr als ein Hoffnungsschimmer, sondern die Losung: Schalke hat noch alte Eisen in seinen tausend Feuern.
Nun fehlt den Schalkern noch unbedingt ein Rechtsverteidiger. Nach den jüngsten Transfers wäre eigentlich eine Rückholaktion vom letztjährigen Mann auf dieser Seite namens Jonjoe Kenny nur folgerichtig. Oder Schalke stellt sich endlich die Frage: Was macht eigentlich Radoslav Latal gerade?