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Russ­lands Angriffs­krieg in der Ukraine änderte prak­tisch über Nacht alles – auch sport­lich. Ver­träge mit rus­si­schen Spie­lern im Aus­land wurden auf­ge­löst, für Trans­fers nach Russ­land floss plötz­lich kein Geld mehr nach Europa. Deut­sche Trainer, die in der rus­si­schen Liga coachten, ver­ließen das Land. Markus Gisdol, im Februar Trainer bei Lok Moskau, sagte gegen­über 11FREUNDE, nach dem 24. Februar sei er in einem Schock­zu­stand gewesen und so schnell wie mög­lich abge­reist: Ich habe nur einige hun­dert Meter vom Kreml ent­fernt gelebt. Ich konnte mich nicht mehr auf Fuß­ball kon­zen­trieren und hatte auch keine Freude mehr in mir, mich um das zu küm­mern, was meine abso­lute Lei­den­schaft ist.“

Von der Fuß­ball­welt abge­schnitten

Neun Monate später ist Russ­land vom Rest der Fuß­ball­welt abge­schnitten und darf nicht an inter­na­tio­nalen Wett­be­werben teil­nehmen. Nun aller­dings scheint der rus­si­sche Fuß­ball­ver­band an einer Alter­na­tiv­lö­sung zu arbeiten, die vor­sähe, den euro­päi­schen Ver­band zu ver­lassen. Die rus­si­sche Fuß­ball­union RFS“ bestä­tigte zumin­dest am ver­gan­genen Sonntag, einen mög­li­chen Wechsel in den asia­ti­schen Fuß­ball­ver­band zu prüfen.

Wir werden diese Ange­le­gen­heit auf der nächsten Vor­stands­sit­zung erör­tern. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Ent­schei­dung getroffen wird, aber die Situa­tion muss dis­ku­tiert werden“, sagte Alex­ander Dyukov der staat­li­chen rus­si­schen Nach­rich­ten­agentur TASS. Dyukov ist seit Februar 2019 Prä­si­dent der rus­si­schen Fuß­ball­union.

Nur noch for­males Mit­glied

Noch zu Sowjet­zeiten wurde der rus­si­sche Fuß­ball­ver­band 1954 Mit­glied der UEFA und konnte 1960 in Frank­reich die erste Euro­pa­meis­ter­schaft gewinnen. Kurz nach Kriegs­be­ginn hatte die UEFA reagiert und rus­si­sche Ver­eine von euro­päi­schen Wett­be­werben wie der Cham­pions oder Europa League aus­ge­schlossen. 68 Jahre nach dem Bei­tritt ist der rus­si­sche Ver­band 2022 nur noch rein formal Mit­glied der UEFA. RB Leipzig zog dadurch am grünen Tisch ins Vier­tel­fi­nale ein, nachdem die Leip­ziger im Ach­tel­fi­nale Spartak Moskau zuge­lost bekamen.

Wenig später griff auch die FIFA durch und sperrte die rus­si­sche Natio­nal­mann­schaft wäh­rend der Qua­li­fi­ka­tion zur Welt­meis­ter­schaft in Katar vom lau­fenden Wett­be­werb. Die rus­si­sche Fuß­ball­union legte gegen diese Ent­schei­dung zwar Beru­fung vor dem inter­na­tio­nalen Sport­ge­richtshof in Lau­sanne ein, der wies diese jedoch im ver­gan­genen Juli zurück.

Die UEFA betrachtet uns als Mit­glied der euro­päi­schen Familie“

RFS-Präsident Dyukov

Seitdem ist der rus­si­sche Fuß­ball nach außen hin abge­schottet, nur der Liga­be­trieb läuft noch weiter. Für uns ist es wichtig, offi­zi­elle Spiele abzu­halten. Wir hatten zwei lange Corona-Jahre, nun sind wir sus­pen­diert“, sagte Alex­ander Dyukov der TASS. Den­noch wolle der Ver­bands­prä­si­dent erst einmal keine Gespräche mit der Asian Foot­ball Con­fe­de­ra­tion“ (AFC) anstoßen: Ich habe noch nicht mit Ver­tre­tern aus Asien gespro­chen, denn es gibt noch die UEFA, die uns als Mit­glied der euro­päi­schen Familie betrachtet“, meint Dyukov.

Ob diese Sicht­weise auch UEFA-Offi­zi­elle teilen, dürfte mehr als frag­lich sein. Lang­fristig könnte es für Russ­land den­noch mehr Sinn machen, den Blick nach Osten zu richten. Der Afgha­ni­sche Fuß­ball­ver­band spielt bei­spiels­weise auch nach der Macht­über­nahme der Taliban weiter sank­ti­onslos im AFC mit. Auch in der Kritik ste­hende Nationen wie China und Nord­korea sind im Fuß­ball­ver­band Asiens ver­treten. Gera­dezu exem­pla­risch könnte der offi­zi­elle Slogan des AFC für die Pläne des rus­si­schen Ver­bands stehen. Er lautet: The Future is Asia“.

Noch 2018 war die Welt­ge­mein­schaft in Russ­land bei der letzten Welt­meis­ter­schaft zu Gast. Vier Jahre später hat sich die rus­si­sche Fuß­ball­union mei­len­weit vom inter­na­tio­nalen Fuß­ball iso­liert. Die letzten Län­der­spiel-Gegner Russ­lands, Kir­gi­stan, Tadschi­ki­stan und Usbe­ki­stan, sind alle ehe­ma­lige Sowjet­re­pu­bliken. Immerhin: Die Ergeb­nisse dieser Spiele, zwei Unent­schieden und ein Sieg, gingen wieder in die Wer­tung der FIFA-Welt­rang­liste ein. Dort liegt Russ­land aktuell auf Rang 33.