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Als ich vor ein paar Tagen das Vor­run­den­spiel der Bel­gier gegen Ita­lien sah und zum Ende des Spiels immer wieder in die flau­migen Gesichter von De Bruyne und Hazard blickte, da musste ich an meine Kum­pels und mich damals auf dem Schulhof denken.

Direkt gegen­über von meiner Grund­schule stand die Haupt­schule. Man musste nur über die Straße gehen, schon fand man sich wieder inmitten rau­chender 13-Jäh­riger mit blond­ge­färbten Haaren, Picaldi-Hosen und Diesel-Pull­overn. Viele Kinder gingen nach der sechsten Klasse auch genau diesen Weg, runter von der Grund- und rauf auf die Haupt­schule. Immerhin blieb der Schulweg gleich und die Hälfte der Schüler kannte man vom Sehen.

Einige dieser Kinder, mit dem Schritt auf die andere Stra­ßen­seite in ihren und unseren Köpfen schlag­artig erwachsen geworden, kehrten ab und an auf den alten Schulhof zurück. Und wäh­rend wir Grund­schüler nach­mit­tags auf dem stau­bigen Gelände bolzten oder die Mäd­chen fingen, kamen sie nur rüber – den fiesen, neuen Kum­pels galt es schließ­lich zu impo­nieren – um uns mal ordent­lich zu ver­dre­schen.

Ich fand das alles immer ziem­lich unfair. Ich ver­stand nicht, warum diese alten Säcke sich nicht Gegner aus­suchten, die zumin­dest gleich alt waren oder ihnen irgendwas getan hatten oder die ein­fach nicht ich und meine Kum­pels waren.

Eine Mischung aus Angst und Resi­gna­tion

Und als ich zum Ende des Spiel also in das Gesicht von De Bruyne schaute, da ent­deckte ich den Gesichts­aus­druck meines Neun­jäh­rigen Ichs. Eine Mischung aus Angst und Resi­gna­tion ob der unfairen Ver­hält­nisse im All­ge­meinen und der beson­ders unfairen ita­lie­ni­schen Gegen­spieler im Beson­deren.

Denn war es nicht unfair, dass da noch immer ein Andrea Bar­zagli Angriffs­welle um Angriffs­welle mit offenem Mund schluckte? War es nicht unsagbar fies, dass Giorgio Chiel­lini noch immer Spaß daran fand, den jungen Angrei­fern mit seinem kan­tigen Schädel Kopf­ball um Kopf­ball ein wei­teres Stück Schneid abzu­kaufen? War es denn wirk­lich not­wendig, dass dieser Hund von Bonucci auch noch den Füh­rungs­treffer mit einem but­ter­wei­chen Flug­ball ein­lei­tete?

So schwirrten die Fragen zumin­dest in meinem Kopf umher und ich sah mich ver­sucht, diese unbe­dacht und voller Inbrunst zu bejahen. Doch dann dachte ich noch mal nach über diese drei Ita­liener, diesen fleisch­ge­wor­denen Caten­accio und emp­fand plötz­lich Sym­pa­thie für die alten Männer.

Sicher, es sind ekel­hafte Typen. So funk­tio­niert das Kli­schee des ita­lie­ni­schen Fuß­bal­lers nun mal am besten und außerdem waren es doch die Ita­liener gewesen, die mir 2006 den Titel quasi per­sön­lich geklaut hatten. Doch ich schaute auf den Bild­schirm, und da war keine Wut mehr übrig. Nein, der Schmerz über das Halb­fi­nale 2006 war ver­jährt. Außerdem waren die Ita­liener zu dieser EM ja nicht als über­mäch­tige Haupt­schul­schläger ange­reist, son­dern als greise Halb­tote.