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Dieses Inter­view stammt aus unserem 11FREUNDE SPE­ZIAL – Tore. Es ist hier bei uns im Shop erhält­lich.

David Odonkor und Oliver Neu­ville, wir sitzen auf der Tri­büne des Dort­munder West­fa­len­sta­dions. Wie gefällt Ihnen die Aus­sicht?
David Odonkor: Wun­derbar. Da hinten (zeigt auf die Außen­linie, d. Red.) bin ich in Rich­tung Trai­ner­bank gerannt und habe den Diver gemacht. Dann merke ich, wie mir Asa (Gerald Asa­moah, d. Red.) fast auf die Hand springt. Bevor er sie mir bricht, ziehe ich sie gerade so weg. Und dann begraben mich die anderen.
Oliver Neu­ville: Der Moment war unglaub­lich. Nach dem Tor springt Bal­lack mit seinen fast hun­dert Kilo auf mich schmalen Kerl – aber ich habe das gar nicht gemerkt.
Odonkor: Du hast in so einem Moment eine unglaub­liche Power. Da bist du in einer anderen Welt.

Können Sie diese Welt beschreiben?
Odonkor: Der Sieg gegen Polen war nicht nur für uns das High­light der WM, son­dern für das ganze Land. Wenn ich zurück­denke, habe ich immer noch die Abläufe im Kopf, die ich jah­re­lang trai­niert hatte: zwei, drei Schritte dem Mit­spieler ent­ge­gen­kommen – und dann zünden.

Gegen Polen haben Sie diesen Ablauf per­fek­tio­niert.
Odonkor: Vor dem Spiel habe ich mich kurz mit Bernd Schneider beraten. Ich sagte ihm: Lupf die Linie lang, wann immer es geht. Mich holt keiner ein!“ Das hat Schnix optimal gemacht. Ich renne also los, treffe den Ball bei der Flanke ideal – und Oli kickt ihn mit der Schuh­sohle rein. Und dann brach der Jubel los.
Neu­ville: Wir hatten die rie­sige Freude nicht erwartet. Es war erst das zweite Grup­pen­spiel, und wenn wir einen Punkt geholt hätten, wäre die Welt auch nicht unter­ge­gangen. Aber die Atmo­sphäre im Sta­dion war von Anfang an gigan­tisch. Es waren auch 20 000 pol­ni­sche Fans da. Außerdem war das Spiel gut, auch wenn es lange 0:0 stand. Wir hatten zahl­reiche Chancen. Erst Klose an die Latte, dann Bal­lack.
Odonkor: Beim Tor fühlte es sich an wie eine Explo­sion. Im West­fa­len­sta­dion ist es ja immer etwas lauter als in anderen Sta­dien. Aber so einen gewal­tigen kol­lek­tiven Schrei hatte ich auch dort noch nie gehört.
Neu­ville: Es war auch phä­no­menal, was in den Tagen danach pas­sierte.
Odonkor: Plötz­lich liefen alle im Deutsch­land-Trikot herum, nie­mand fand das mehr seltsam. Mit diesem Tor haben wir den Schlüssel ins Tur­nier­schloss gesteckt und auf­ge­macht.
Neu­ville: Wir haben quasi das Som­mer­mär­chen erfunden.

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Viele Fuß­ball­fans in Deutsch­land wissen noch, wo sie das Tor gegen Polen erlebt haben. Gab es in Ihrer Jugend auch solche Momente?
Neu­ville: 1990, WM in Ita­lien, da war ich 17 Jahre alt. Ich werde das nie ver­gessen, weil mein Vater kurz vor dem Tur­nier ver­storben ist. Dann kam es zum legen­dären Ach­tel­fi­nale zwi­schen Deutsch­land und Hol­land, wo Rij­kaard Völler anspuckt. Ich war im Sta­dion und stand direkt hinter dem Tor, in das Brehme und Klins­mann getroffen haben.

Auch dieses Spiel wird gerne als Initi­al­zün­dung für das gesehen, was später geschah.
Neu­ville: Kleiner Unter­schied: Wir haben die WM nicht gewonnen. Aber es stimmt: Das Spiel gegen Polen war eine Art Start­schuss. Dazu kam das per­fekte Wetter, vier Wochen Sonne am Stück. Die Men­schen waren fröh­lich, und das ganze Tur­nier über hat alles – bis auf das Spiel gegen Ita­lien – gepasst. Am Ende stehen eine Mil­lion Fans am Bran­den­burger Tor in Berlin und feiern. Ich glaube, so viele Men­schen waren nicht mal 2014 da, als Deutsch­land Welt­meister wurde.
Odonkor: Wir standen auf der Bühne, und ich habe geguckt, geguckt und geguckt. Aber ich konnte kein Ende der Men­schen­masse erkennen. Ich dachte nur: Alter Schwede, was ist hier denn los?“ Wir waren alle ein biss­chen ver­ne­belt, wir hatten kaum geschlafen.
Neu­ville: Ich war gar nicht im Bett. Die Fete nach dem Spiel um Platz drei fand in der Nähe unseres Hotels in Stutt­gart statt. Ich bin um acht Uhr am Morgen aus dem Hotel, und da standen immer noch 20, 30 Fans. Die hatten die Nacht dort ver­bracht. Wahn­sinn!