Europa-League-Halbfinale – und niemanden interessiert’s? Von wegen! Schließlich ist unser Lieblingsklub immer noch dabei: Dnjepr Dnjepropetrovsk.
Europa League, was hat dich bloß so ruiniert? Früher warst du noch nicht der hässliche Cousin der Champions League, du warst der kleine geheimnisvolle Bruder des Landesmeisterpokals. Damals nannten sie dich noch Uefa Cup, und wir saßen Mittwochabends vor dem Röhren-TV-Koloss und feuerten Teams an, deren Namen wir nicht aussprechen konnten oder von denen wir nur wussten, dass sie aus Gegenden kamen, in denen vermutlich nie die Sonne schien und es immer nur schneite. Sie hießen Gornik Zabrze, Sigma Olmütz oder Partizan Tirana.
Über allen thronte: Dnjepr Dnjepropetrovsk. Ein Klub, der irgendwann zum Synonym für die Begriffe Europapokal oder Flutlicht wurde. Ein Ort, um den sich jahrzehntelang Mythen und Legenden rankten. Dnjepr Dnjepropetrovsk – das war in den achtziger und neunziger Jahren das vielleicht letzte große Fußballabenteuer. Es war die ungewisse Fahrt in den tiefen Osten, Hölle und Himmel zugleich. Es war Aufbruch und Unterwegssein. Und wenn alte Männer mit Namen wie „Spucke-Manni“ oder „Crazy-Maik“ am nächsten Spieltag in der Kurve standen und von ihrer Reise nach Dnipopetrowsk berichteten, sah man sie ehrfürchtig an und dachte, dass sie sehr stark sein müssten und vermutlich ein verstecktes Messer an ihrem Gürtel trugen.
Heute spielt Dnjepr Dnjepropetrovsk im Halbfinale der Europa League gegen den SSC Neapel. Es ist jetzt schon der größte internationale Erfolg dieses Klubs. Doch wen interessiert das überhaupt noch?
Die Champions League walzt alles nieder
In Zeiten, in denen der Fußball jede Woche mindestens zweimal neu erfunden wird, in der Trainer zu Philosophen oder wenigstens zu Blockbuster-Superhelden stilisiert werden, in der die Champions-League-Hymnen den gewöhnlichen Fußball wie ein Amboss in den Boden hämmert, hat der B‑Movie keine Chance mehr. Selbst dann nicht, wenn er Dnjepr Dnjepropetrovsk heißt.
Dabei gibt es ja etwas zu berichten. Zum Beispiel über die Posse um den begehrtesten Mittelfeldspieler der Ukraine: Jewhen Konopljanka. Transfermarkt.de schätzt seinen Marktwert momentan auf 17 Millionen Euro. Im Winter 2014 soll Konopljanka sich bereits mit dem FC Liverpool einig gewesen sein, aber Dnipros Oligarach intervenierte kurzerhand und brachte den Transfer zum Scheitern. Im Sommer läuft nun sein Vertrag aus. Liverpool würde ihn immer noch mit offenen Armen empfangen. Die Sache ist nur: Niemand weiß so recht, wie und mit wem man verhandeln muss.
Unnötiger Stadionneubau
Neulich erklärte der Spielerberater James Lippett von der Agentur „World In Motion“, dass Konopljanka nach Italien wechseln könnte, der AS Rom und Inter Mailand hätten bereits ihr Interesse signalisiert. Wenig später meldete sich allerdings Jewhen Konopljankas Vater Oleg, der wiederum behauptete, der einzige Vertreter seines Sohnes zu sein. In einer jüngst veröffentlichten Stellungnahme erklärte er: „James Lippett und ›World in Motion‹ sind nicht die Berater meines Sohnes und haben kein Recht, über seine Zukunft zu sprechen.“
Die Sache mit den Verantwortlichkeiten scheint eh ziemlich kompliziert zu sein im ukrainischen Fußball, davon kann jedenfalls auch „Hochtief“ ein Lied singen. Die deutsche Baufirma wurde vor der EM in der Ukraine mit dem Umbau des heimischen Dniprostadions beauftragt, und sie erfüllte den Auftrag nach Plan. Das Stadion besitzt seitdem eine Rasenheizung und eine Bewässerungsanlage, dazu ein fünfstöckiges Hauptgebäude und ein Restaurant mit etwa 600 Plätzen. 40 Millionen Euro soll der Spaß gekostet haben. Blöd nur, dass wenige Monate vor EM-Beginn entschieden wurde, dass das neue Dniprostadion zu klein sei, es fasst nämlich nur 31.000 Zuschauer. Kurzerhand erhielt Charkiw mit seinem Metalist-Stadion den Zuschlag.