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Seite 2: „Wenn der Meister Blödsinn erzählte, habe ich das auch geäußert”

Und Sie wären als KfZ-Mecha­niker tätig?
Das sicher nicht, denn als Mecha­niker war ich nicht gut genug. Nach Been­di­gung meiner Aus­bil­dung bin ich bald in den Ver­kauf gewech­selt, weil ich in der Werk­statt eher fehl am Platz war. (Lacht.)

Der Geschäfts­führer des Auto­haus am Deich“ war Sponsor der SpVg, aber im Betrieb Ihr Vor­ge­setzter. Wie lief das?
Ich war damals schon ein Typ, der sich den Mund nicht ver­bieten ließ. Wenn ich der Ansicht war, dass mir der Meister in der Werk­statt Blöd­sinn erzählt, habe ich das auch geäu­ßert. Das knallte natür­lich, aber der Chef hat mich in diesen Situa­tionen ab und zu auch geschützt. Kurz nach dem Ende meiner Aus­bil­dung wurde er als Geschäfts­führer ersetzt – und schon kurz darauf war ich dann auch nicht mehr im Auto­haus tätig.

Wie war Ihr Tages­ab­lauf zu Auricher Zeiten?
Mor­gens um sieben fuhr ich in meinem Dienst-Golf – später wurden die Autos immer kleiner – nach Nord­deich zur Arbeit. Nach­mit­tags ging es zurück nach Aurich, wo wir ab 18 Uhr drei bis vier Mal die Woche trai­nierten.

Michael Schulz erzählte, dass Sie im Trai­ning nicht gerade durch tech­ni­sche Finesse auf­ge­fallen wären. Wenn Ihnen mal wieder der Ball weg­sprang, soll er gesagt haben: Steffen, nimm mal die Schien­bein­schoner raus“.
War ja berech­tigt. Ich bin auch öfter mal mit dem Ball ins Aus gelaufen. Na und? Ich war ein junger Spieler, habe noch dazu­ge­lernt und Michael Schulz war einer der besten Tech­niker, die wir in der DDR hatten. Der durfte das! Der war so gut, dass alle auf den gehört haben.

Stimmt es, dass Sie damals eine Art Ossi“-Stammtisch in Aurich unter­hielten?
Im Bier­salon“ am Markt haben wir uns alle zwei Wochen nach dem Trai­ning zusam­men­ge­hockt, haben Karten gespielt, erzählt, gemacht und getan. Das war aber auch in der Hin­sicht ein Ossi“-Stammtisch, dass da auch die ost­frie­si­schen Fuß­baller dabei waren. Wir hatten eine gute Gemein­schaft. Der Erin­ne­rung­s­teller an diese Runde hängt bis heute bei mir in der Ber­liner Woh­nung.

Wo haben Sie in Aurich gewohnt?
Anfangs hauste ich mit zwei Team­kol­legen direkt am Ellern­feld im Ober­ge­schoss des Klub­hauses. Das waren lus­tige Zeiten, sag‘ ich ihnen. Mit meinem dama­ligen WG-Partner Kämpfi” (Mat­thias Kämp­fert, d.Red) bin ich seitdem gut befreundet. Erst letzten Sommer habe ich ihn nach Jahren mal wieder in Aurich besucht und wir haben beim Ellern­feld vor­bei­ge­schaut. Damals bin ich nach etwa zwei Monaten mit meiner dama­ligen Freundin in eine Woh­nung in der Von-Bodel­schwingh-Straße gezogen, in der damals meh­rere aus der Mann­schaft wohnten.

Was ich aus Aurich mit­ge­nommen habe? Die Herz­lich­keit der Ost­friesen. Und: Dass es im Leben immer weiter geht”

Steffen Baumgart

Die SpVg Aurich wurde in Ihrer ersten Saison von Rüdiger Lange trai­niert, der damals von Motor Lud­wigs­felde nach Aurich kam.
Der Trainer half den Spon­soren des Ver­eins bei der Suche und den Kon­takten zu uns Ost­spie­lern. Wie gesagt, er war auch direkt an meinen Wechsel betei­ligt.

Im Ver­laufe der Saison wurde er von Karl Traut­mann ersetzt, der zuvor in der DDR-Ober­liga beim FC Vor­wärts Frank­furt, beim Hal­le­schen FC und der BSG Eisen­hüt­ten­stadt gear­beitet hatte. Er gilt als För­derer des spä­teren Natio­nal­spie­lers Dariusz Wosz.
Ehr­lich gesagt hatte ich keine Vor­stel­lung, was Karl Traut­mann in der DDR alles erreicht hatte. Der DDR-Fuß­ball war längst nicht so öffent­lich wie die Bun­des­liga. Aber wir wussten natür­lich, dass er ein erfah­rener Trainer war. Und zumin­dest in der Saison 1991/92 haben wir unter ihm oben mit­ge­spielt – auch wenn wir das gesteckte Ziel, den Auf­stieg in die dritte Liga, nicht schafften.

1994 wech­selten Sie aus Aurich zu Hansa Ros­tock in die zweite Liga. Ein enormer Schritt.
Ich wech­selte eigent­lich nicht direkt in die Bun­des­liga, son­dern kam als Ama­teur­spieler zu Hansa. Trainer Frank Pagels­dorf hatte mich seit der Saison 1991/92 auf dem Zettel, weil wir mit Aurich gegen die Zweite von Han­nover 96 in der Ver­bands­liga spielten, wo er damals noch Spie­ler­trainer war. 1993 wollte er mich dann als Chef­coach zum 1. FC Union nach Berlin holen, was ich jedoch ablehnte, weil ich meine Lehre noch zu Ende machen wollte. Ein Jahr später wie­der­holte er sein Angebot und ich unter­schrieb zunächst in Berlin, doch Union wurde, obwohl dem Verein um den Auf­stieg in die zweite Liga spielte, am Sai­son­ende die Lizenz ver­wei­gert. Pagels­dorf wech­selte dar­aufhin nach Ros­tock und ich folgte ihm dahin.

Und am ersten Spieltag erzielten Sie bei Hertha BSC prompt den Sieg­treffer.
Wie gesagt, ich war eigent­lich Ama­teur­spieler, trai­nierte aber von Anfang an bei den Profis mit. Und wie das Leben so spielt: Kurz vor Saison ver­letzte sich erst unser Stürmer Olaf Bodden und kurz darauf auch Sla­womir Chalas­kie­wicz – und plötz­lich war ich zum Sai­son­auf­takt in der Startelf. Gegen Hertha machte ich mein Tor, spielte durch – und ab da war ich drin.

Sie waren im Anschluss vier­zehn Jahre Profi, spielten 225 Mal in der Bun­des­liga und 142 Mal in der zweiten Liga. Was für eine ver­rückte Wen­dung.
Sie haben Recht, ich wäre damals in Aurich nie auf die Idee gekommen, dass mein Leben so ver­laufen könnte. Einige, die damals mit mir zu den Hansa-Ama­teuren kamen, haben nie den Sprung zu den Profis geschafft. Aber das es alles so kam, fußt letzt­lich auf der Ent­schei­dung, 1991 aus Schwerin zur Spiel­ver­ei­ni­gung zu wech­seln.

Steffen Baum­gart, was haben Sie für Ihr Leben aus drei Jahren in Aurich mit­ge­nommen?
Die Herz­lich­keit der Ost­friesen. Und: Dass es im Leben immer weiter geht.

„Ich bin nicht wegen des Biers in Köln!“ Steffen Baumgart im Interview

Mit rus­ti­kalem Charme und einer atem­be­rau­benden Offen­siv­taktik befreit Steffen Baum­gart den 1. FC Köln aus seiner ewigen Lethargie. Und auch für den Trainer endet in der Dom­stadt eine lang­jäh­rige Durst­strecke.