Er spielte unter Ernst Happel, scheiterte bei den Bayern und wurde in Stuttgart zur Legende. Heute wird Asgeir Sigurvinsson 65 Jahre alt. Der Isländer im Interview.
Ihr Gastspiel in München verlief aber unglücklich und dauerte nur ein Jahr. Warum?
Ich verletzte mich gleich zu Beginn am Knie und brauchte drei Monate, um wieder fit zu werden. Letztlich machte ich nur 17 Spiele und ein Tor, aber die Zeit in München war trotzdem okay.
Ja? Damals hieß es, es gebe Probleme mit Platzhirsch Paul Breitner, der um seinen Stammplatz fürchtete. Natürlich ist es so, dass man, wenn man aus dem Ausland zu Bayern München kommt, nicht automatisch seine Position hat. Schon gar nicht, wenn der direkte Konkurrent einer wie Paul Breitner ist. Aber ganz so schlimm war es auch nicht. In der Presse hieß es, dass Paul für meinen Abschied nach einem Jahr verantwortlich war, so habe ich das nicht wahrgenommen. Ich hatte mit Paul keine Probleme. Dass ich mich bei den Bayern nicht durchsetzen konnte, lag eher an Trainer Pal Csernai. Mit ihm bin ich einfach nicht zurechtgekommen. Was vielleicht auch daran lag, dass Uli Hoeneß mich unbedingt haben wollte, während Csernai nicht in den Wechsel eingebunden war. Er ließ mich im linken Mittelfeld spielen, als Spielmacher war ich da aber verloren.
Immerhin gewannen Sie mit den Bayern den DFB-Pokal.
Beim 4:2 gegen Nürnberg im Pokalfinale saß ich auf der Bank. Wir waren klarer Favorit, lagen aber plötzlich überraschend 0:2 zurück. Aber wir hatten Dieter Hoeneß vorne drin, der seinen Kopf in alles hielt, was auch nur nach Flanke aussah. Sie kennen ja wahrscheinlich die Bilder von Dieter mit dem blutigen Turban?
Selbstverständlich.
In der ersten Halbzeit rasselte er mit dem Nürnberger Alois Reinhardt zusammen und blutete ohne Ende. Er bekam einen Verband, aber das half auch nicht viel, nach wenigen Minuten hatte sich der Verband komplett vollgesogen. Ich habe mich richtig erschrocken, als ich das viele Blut sah, aber ich wusste auch, dass Dieter ein harter Hund ist, dem so eine Platzwunde nicht so viel ausmacht. In der Halbzeit wurde er in der Kabine genäht, bekam einen neuen Verband und lief wieder auf. Und machte später das 4:2, natürlich mit dem Kopf. An der Stelle hat er wahrscheinlich immer noch eine Narbe. (Lacht.)
Sie wechselten nach der Saison nach Stuttgart. Wie kam der Wechsel zustande?
In Stuttgart war Helmut Benthaus Trainer, der mich früher schon nach Basel holen wollte. Er hatte dem Präsidium unmissverständlich klargemacht: „Wenn wir Sigurvinsson kriegen können, müssen wir sofort handeln.“ Ich hatte bei den Bayern nur Kurzeinsätze, der VfB fragte an, und ich hatte direkt ein gutes Gefühl. Das sich glücklicherweise bestätigte, ich blieb ja acht Jahre lang. Die Bayern wollten mich später sogar zurückholen. Uli rief an und sagte: „Wenn du willst, kannst du jetzt zurückkommen.“ Aber ich sagte nur: „Uli, danke, aber ich bin glücklich hier.“
Es gibt nicht allzu viele Spieler, die von den Bayern weggehen und dann Meister werden.
Wir hatten einen herausragenden Kader. Die Förster-Brüder in der Abwehr, im Mittelfeld Hermann Ohlicher, ich, Karl Allgöwer, aus der Jugend kam noch Guido Buchwald hoch. Der Mix aus technisch guten Spielern und Kämpfertypen stimmte, und wir wurden im Laufe der Saison immer besser. Und am Ende auch verdient Deutscher Meister.
Aber überraschend kam der Titel schon, oder?
Am vorletzten Spieltag waren wir punktgleich mit dem HSV, auch die Bayern hätten uns noch einholen können. Wir gewannen 2:1 in Bremen, parallel verlor der HSV völlig überraschend gegen Eintracht Frankfurt, die damals gegen den Abstieg spielten, und Bayern spielte nur Unentschieden gegen Dortmund. Wir bekamen davon nur mit, weil Fans hinter der Bank die Zwischenstände in ihren mitgebrachten Radios hörten. Nach Abpfiff war klar, dass uns der HSV am letzten Spieltag mit 5:0 schlagen müsste, um noch an uns vorbeizuziehen. Das war quasi unmöglich. Unser Trainer Helmut Benthaus sprang von der Bank auf, als er das hörte, und schrie: „Dann sind wir ja Meister!?“