Wieder geht ein Fußballjahrzehnt zu Ende. Anlass genug, in einer kleinen Serie an Dinge zu erinnern, die wie Eddie Murphy sind – erst allgegenwärtig, dann heimlich, still und leise verschwunden. Heute unter anderem: stramme Waden und goldene Kehlen.
Was macht eigentlich der Verteidiger, der immer den Abstoß ausgeführt hat?
Es gab eine Zeit, da machten sich Torhüter nur ungern die Füße schmutzig. Deswegen überließen sie niedere Tätigkeiten wie das Ausführen des Abstoßes gerne einem stiernackigen Manndecker, vielleicht auch ihrem Libero, sofern es sich bei ihm um einen eher hemdsärmeligen Typen der Marke Klaus Augenthaler handelte. Während die Nummer drei oder vier also einen mächtigen Anlauf nahm, den Ball wuchtig in die untere Schicht der Atmosphäre prügelte und anschließend im Vollsprint nach vorne eilte, stand der Keeper unbeteiligt vor seinem Kasten und war damit beschäftigt, die Ausrüstung zu ordnen. Die bestand aus einem Trikot, das an den Ellbogen verstärkt war, sowie gepolsterten langen Hosen. An sonnigen Tagen trugen Torhüter dazu noch eine Schirmmütze (manche, wie etwa Wolfgang Kleff, taten das auch bei Regen).
Obwohl die Regeln weiterhin und ausdrücklich „Torhütermützen“ und „Trainingshosen“ erlauben, sehen Schlussleute in der Bundesliga heute anders aus. Es mag mit persönlicher Eitelkeit zu tun haben oder an der Tatsache liegen, dass sie inzwischen nicht mehr auf einem Untergrund spielen müssen, dessen Beschaffenheit an Waschbeton erinnert. Doch warum sie mittlerweile auch die Abstöße selbst ausführen müssen, das erschließt sich uns nicht. Es könnte mit den so genannten flachen Hierarchien zu tun haben, von denen immer die Rede ist. Oder dem Wildwuchs von Tiki-Taka, der dazu führte, dass viele Abstöße nun kurz ausgeführt werden. Was ja auch für Eckbälle gilt. Aber das ist ein Thema, zu dem wir später kommen.
Was machen eigentlich der Reporter am Telefon und die Nationalspieler auf Platte?
Es gab eine Zeit, da war Fußball auch ein Spiel für die Ohren. Doch viele vertraute Klänge sind verstummt, und man weiß gar nicht genau, warum das so ist. Früher kam es zum Beispiel oft vor, dass eine Tonleitung nach Osteuropa zusammenbrach und Rolf Kramer oder Dieter Adler per Telefon kommentieren mussten. Wenn man hört, oder eben nicht hört, welche Schwierigkeiten Sky oft mit dem Sound hat, wäre es eine Überlegung wert, diese charmante Notlösung wieder einzuführen. Ebenfalls heimlich, still und leise abgeschafft wurde die Eurovisions-Hymne vor Europacup-Übertragungen, obwohl es die Allianz namens Eurovision weiterhin gibt, wie man alljährlich beim Song Contest zu spüren bekommt.
Auch Stadionsprecher, die Werbung vorlesen – gerne holperig gereimt und für eine lokale Kaschemme, die einem Vorstandsmitglied gehört – sind zumindest in den oberen Ligen extrem selten geworden. Und noch etwas bekommen die Fans nicht mehr auf die Ohren: die von der Nationalmannschaft eingesungenen WM-Songs. Selbst die Engländer, die doch 1970 mit diesem Trend begonnen hatten, hörten in den Neuzigern damit auf. Böse Zungen gehaupten, es habe daran gelegen, dass die englische Elf stets schnell aus dem Turnier ausschied und es sich nicht lohnte, für diese zehn Tage einen eigenen Song zu komponieren und aufzunehmen. Im Fall der DFB-Auswahl ist der Grund wohl eher, dass sie 1994 Hohn und Spott für ihre Auftritte mit den Village People kassierte. Und wirklich: Als die Adlerträger das nächste Mal vor einem großen Publikum und live im Fernsehen sangen, nämlich „So gehen die Gauchos, die Gauchos gehen so“, gab es schon wieder Ärger.