1976 gewann die DDR-Nationalelf Gold bei den Olympischen Spielen. Jetzt erinnert ein wundervoller Bildband an dieses Turnier.
Eine Bildergalerie mit einigen Bildern aus dem Buch „Montreal privat“ findet ihr unter diesem Artikel.
„In der DDR wurde der Fußball immer etwas kleingehalten, wir waren einfach zu erfolglos“, sagte Joachim Streich neulich im Interview mit 11FREUNDE, und auf den ersten Blick hat der Magdeburger Toptorjäger natürlich recht.
Gerade im Klubfußball waren die DDR-Kicker international nie eine große Nummer. Mit dem 1. FC Magdeburg gewann nur eine DDR-Mannschaft den Europapokal. Auch die Fußballnationalelf stand stets im Schatten der Super-Leichtathleten, Super-Eiskunstläufer oder Super-Schwimmer. Nie konnte sich ein DFV-Team für eine EM qualifizieren, und nur einmal nahm sie an einer WM teil. 1974 gewann sie zwar in Hamburg sensationell das Vorrundenspiel gegen die BRD, schied aber nach der Zwischenrunde aus.
Unterwegs mit Praktica- oder Exa-Kameras
Allerdings kann man Streichs Aussage auch widersprechen, denn die DDR-Fußballer trumpften im Schatten der großen Fußballwettbewerbe oft groß auf: Ihr Turnier war Olympia. Viermal schafften sie es aufs Treppchen, 1976, in Montreal, holten sie sogar Gold – und daran erinnert der Journalist Uwe Karte in dem wundervollen Buch „Montreal privat“.
Der Titel kommt nicht von ungefähr, denn Karte wirft einen dichten und intimen Blick auf die DDR-Nationalspieler der siebziger Jahren. Außerdem hat der äußerst fleißige Autor alle 17 Fußballolympioniken von 1976 getroffen, sie interviewt und ihre privaten Foto-Alben gewälzt. Schließlich hatten sie auf den Reisen ins westliche Ausland stets ihre Praktica- oder Exa-Kameras dabei.
Softlan Weichspüler, TriTop-Sirup, Nescafé
Ihre Aufnahmen erzählen Geschichten von jungen Männern, die in die große westliche Welt aufbrechen. Beinahe jeder Seite wohnt eine herrliche Unbekümmertheit inne. Dem Schnappschuss von Reinhard Häfner etwa, wie er, vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben, einen Chevrolet auf einem Parkplatz entdeckt. Dem Selbstporträt von Wolfgang Altmann, der im Bett liegend mit großen Augen Softlan Weichspüler, TriTop-Sirup, Nescafé und andere Mitbringsel aus dem Westen präsentiert. Oder dem Brief von Wilfried Gröbner an sein „kleines und großes Sternchen“, in dem er berichtet, dass er sich in Kanada gut zurechtfinde, da er sich selbst ein wenig Englisch beigebracht habe.
„Montreal privat“ ist eine faszinierende Reise in ein bislang stiefmütterlich behandeltes Kapitel deutscher Fußballgeschichte. Ein großartiger Mix aus Reportagen, Interviews und Bildern, auf die einst die Spieler mit den staunenden Augen eines Kindes blickten – und heute die Leser dieses Buches.
Uwe Kartes Buch „Montreal privat – Die unglaubliche Geschichte vom Olympiasieg der DDR-Fußballer“ ist im Verlag Die Werkstatt erschienen. Bestellen könnt ihr das Buch auf montreal76.de. Weitere Bilder seht ihr in unserem neuen 11FREUNDE DDR-SPEZIAL „Fußball im Wilden Osten“. Jetzt am Kiosk oder bei uns im Shop.