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Seite 3: Wie ein Spieler auf sich aufmerksam macht

Wäh­rend Tolga hinter einem Tor die Rap­songs mit­singt, die unun­ter­bro­chen aus den Boxen dröhnen, macht einer der Jungs auf dem Platz auf sich auf­merksam. Ein hart gespielter Ball fliegt über den Kunst­rasen, halb­hoch und über Bande, nor­ma­ler­weise ein undank­bares Zuspiel für jeden Mit­spieler. Nicht für den schmäch­tigen Linksfuß, der locker den Spann hin­hält und den Ball jetzt unbe­wegt vor sich liegen hat. Im nächsten Moment zieht er explosiv das Tempo an, vorbei am ersten Gegen­spieler, am zweiten, der dritte ist hart­nä­ckiger, der wen­dige Dribbler pro­biert es mit Kör­per­täu­schungen, den Ball dicht am Fuß. Es folgen Rich­tungs­wechsel inner­halb weniger Sekunden. Der ist ja ultraquirlig“, sagt einer im Publikum. Plötz­lich hat der Spieler nur noch den Tor­hüter vor sich. An dem er schei­tert.

Den­noch: Serhat fällt auf. Der 18-Jäh­rige ist in der Türkei geboren und im Wed­ding auf­ge­wachsen, der Heimat der Boatengs und vieler anderer hoch­be­gabter Stra­ßen­zo­cker“, wie er selbst weiß. Schon nach der Grund­schule schmiss Serhat seinen Ranzen eben in sein Zimmer, um dann den Rest des Tages mit seinen Freunden auf einem Stein­platz zu ver­bringen, bis seine Mutter ihn irgend­wann zum Essen holte. Ein Team­player sei er nicht immer gewesen, erklärt er, erst im Verein geworden. Zur­zeit spielt er in der U19-Regio­nal­liga für Tennis Borussia Berlin – und hat ein klares Ziel: Ich möchte auf jeden Fall noch Profi werden. Ich habe das immer noch im Kopf.“

Im Verein ist kein Platz für Ein­zel­trai­ning

Helfen soll ihm dabei die Tango Squad. Im Früh­jahr diesen Jahres wurde Serhat auf­ge­nommen, zweimal pro Woche trai­niert er in der Base“ – wohl­ge­merkt zusätz­lich zu viermal wöchent­lich Fuß­ball im Verein. Meist bekommt er Ath­le­tik­trai­ning, kör­per­lich fällt es dem leicht­fü­ßigen Tech­niker hin und wieder schwer, mit­zu­halten. Auch er sieht großes Poten­zial im Stra­ßen­fuß­ball: Ich finde, Fuß­ball ist ein Tak­tik­sport geworden. Keiner ist mehr kreativ, keiner macht mehr das, was er eigent­lich will, son­dern das, was der Trainer ihm sagt. Das ist ja auch irgendwo richtig. Aber man braucht schon ein biss­chen seine Frei­heit auf dem Spiel­feld. Wie auf der Straße“, sagt Serhat. In der Tango Squad“ bekomme er das, wofür es im Verein keinen Platz gebe. Im Verein trai­nieren wir alle zusammen, nicht indi­vi­duell. Aber nur im Ein­zel­trai­ning sieht man seine Defi­zite und kann richtig an ihnen arbeiten.“

So sieht es auch Aaron Müller, Ser­hats Trainer bei Tennis Borussia. Manche Dinge könne das Mann­schafts­trai­ning ein­fach nicht leisten, gerade in einem Verein wie TeBe, der kein Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum hat. Für Serhat sei ins­be­son­dere indi­vi­du­elles Ath­le­tik­trai­ning zusätz­lich sicher­lich sinn­voll, bereits jetzt bereite er dem Verein aber viel Freude: Fuß­bal­le­risch gesehen ist er der abso­lute Stra­ßen­ki­cker, tech­nisch ver­siert und hand­lungs­schnell auf engen Räumen. Aber cha­rak­ter­lich wirkt er auf mich gar nicht so. Er ist ein sehr demü­tiger und wiss­be­gie­riger Spieler, gibt sich nicht mit seinem Talent zufrieden, son­dern arbeitet in jedem Trai­ning sehr fleißig an sich. Das macht oft den Unter­schied aus. Ich traue Serhat viel zu.“

Kein Rezept fürs Pro­fi­werden

Müller betont aber auch, wie wichtig es sei, dass die Jungs sich neben dem Fuß­ball ein zweites Stand­bein auf­bauen. Nie­mand kann dir ver­spre­chen, dass du Profi wirst.“

Das sei auch nicht der Sinn der Tango Squad“, erklärt Tolga. Man begleite die Jungs, fuß­bal­le­risch wie mensch­lich: Sie ent­scheiden, was sie wollen, sie setzen sich selbst ihre Ziele.“ Serhat arbeitet zur­zeit im Restau­rant seines Vaters, hat sein Fach­ab­itur abge­bro­chen: Ich suche mir jetzt eine Aus­bil­dung, die zu meinen Trai­nings­zeiten passt. Ich kann mein Abi ja immer noch nach­holen. Ich wollte erst mal ein biss­chen in die Arbeits­welt ein­tau­chen“, sagt er.