Die Regionalliga West überlegt, wie sie die Saison werten soll. Steigt der SC Verl auf? Der Fall zeigt jedenfalls, wie verworren die Frage nach dem „Wie weiter?” wirklich ist.
Wie zerbrechlich Erfolg sein kann, wissen sie bei Rot-Weiss Essen schon seit dem 1. Spieltag. Viel hatte der Regionalligist aus dem Westen vor der Saison investiert, Spieler geholt, Trainer auch. Dann lag Essen zur Halbzeit 0:1 gegen Borussia Dortmund II hinten. Es waren schon sechs Minuten nachgespielt worden, als Ali Hahn, Innenverteidiger bei RW Essen zum Elfmeterpunkt trat. Es stand 1:1. Und allen war klar: Im Aufstiegsrennen darf kein Punkt liegen gelassen werden. Schon gar nicht am 1. Spieltag. Also lief Hahn an – und traf. Die 15.000 Zuschauer in Essen brachten das Stadion an der Hafenstraße zum Beben. Dieses Jahr, das war allen klar, ist was möglich.
Die Regionalligen in Deutschland gleichen einem Nadelöhr. Nur der Tabellenerste steigt in die 3. Liga auf, die als niedrigste Klasse geregelten und flächendeckenden Profifußball anbietet. Wer aufsteigen will, muss viel riskieren und noch mehr Glück haben. Besonders dann, wenn die Entscheidung nicht auf, sondern aufgrund eines Virus neben dem Platz fallen soll.
Als die Regionalliga West im März vorerst pausierte, lag Essen auf dem dritten Tabellenplatz. Nicht schlecht, aber auch nicht gut genug. In vielen Spielen hatte die Mannschaft von Trainer Christian Titz Möglichkeiten verschenkt. Hoffnung gab es trotzdem, denn Tabellenführer SV Rödinghausen hatte im Winter den Verzicht auf einen möglichen Aufstieg erklärt. Der SC Verl, Zweiter mit aktuell zwei Punkten Vorsprung und zwei Nachholspielen, will aber hoch. Und soll es, ginge es nach einem Großteil der Regionalligisten, nun auch dürfen.
In einer Videokonferenz hatten sich am Mittwoch Vertreter der 18 Vereine getroffen. 16 von ihnen plädierten für einen Saisonabbruch, keine Absteiger und einen Saisonstart im September. Denn aufgrund der finanziellen Abhängigkeit von Zuschauereinnahmen allerorts sind Geisterspiele eher keine Option. Ab September könnten Massenveranstaltungen – oder zumindest Fußballspiele – wieder geregelt vonstatten gehen, so die Hoffnung. Borussia Mönchengladbach enthielt sich zu diesen Plänen. Nur Rot-Weiss Essen stimmte gegen den Vorschlag.
„Es gibt kein seriöses Szenario, wie es weitergehen wird”, sagt Marcus Uhlig. Er ist der Vorstand von Rot-Weiss Essen und hat am Mittwochabend gegen den Vorschlag gestimmt: „Wir werden bis zum Ende kämpfen.” Denn auch wenn offiziell noch nicht über die Aufstiegsthematik gesprochen wurde, Essen würde sehr wahrscheinlich keine Chance mehr haben.