Tim Wiese wird endlich wieder gefeiert (auch von uns), Dante ist endlich mal ehrlich (so wie wir), Lorenz-Günther Köstner erzählt viel, wenn der Tag lang ist (klingt nach uns!) und der 1. FC Nürnberg feiert die siegbringende Trägheit eines Schiedsrichters – die Elf des Spieltags.
Tim Wiese
Häufig und manchmal auch gerne, haben wir an dieser Stelle auf dem Torwart Tim Wiese herumgehackt. Die kuriosen Real-Madrid-Gerüchte und der enttäuschende Saisonauftakt mit der TSG Hoffenheim haben es uns aber auch leicht gemacht. Gerne stoßen wir deshalb heute ins andere Horn: Wiese gewann mit Hoffenheim überraschend gegen Schalke 04 und war beim 3:2‑Erfolg nicht nur einer der besten Akteure auf dem Platz, sondern wurde für seine Taten auch noch mit Sprechchören bedacht. Positiven, ironiefreien Sprechchören. Glückwunsch dazu!
Dante
Ehrlichkeit im Fußball ist ja so eine Sache. Interviews sind meist lasch und lahm und wenn doch mal was Interessantes aus den Mündern der Spieler kommt, gibt es ja immer noch die Pressesprecher, die professionell alles, was irgendwie Zündstoff bedeuten könnte, verschwinden lassen. Ein ungeschriebenes Gesetz in der Bundesliga lautet: Ganz egal, was sonst wo in der Welt passiert, mich interessiert nur das nächste Spiel! Insofern sind wir Herrn Dante vom FC Bayern dankbar, der nach dem Sieg seiner Mannschaft gegen den HSV zugab, dass er und seine Mitspieler vor der abendlichen Partie die Ergebnisse der Mitstreiter aus Schalke und Dortmund via Smartphone ausgetauscht hätten: „Du willst dich eigentlich aufs Spiel konzentrieren, aber bei den Ergebnissen geht das dann doch nicht.“ Immerhin: „Und dann wollen alle schnell raus und das eigene Spiel sofort gewinnen.“
Lorenz-Günther Köstner
Die kurze Erfolgsserie des Wolfsburger Übergangstrainers (?) Lorenz-Günther Köstner ist gerissen, 0:1 verlor der VfL gegen den 1. Nürnberg. Zeit für den Trainer, die Journalisten vom Spiel seiner Mannschaft abzulenken. Was hilft da besser, als ein monströser Satz, der selbst die „Süddeutsche Zeitung“ nötigte, eine wertvolle Spalte ihres Sportteils für einen Kommentar („Ode an den Schachtelsatz“) zu nutzen, statt weiter auf die Leistung der Fußballer einzuhauen? Im Wortlaut: „In der Defensive, bis auf die entscheidende Aktion, als man erst den Zweikampf über die linke Seite verliert und dann den Zweikampf über die rechte Seite, weil man einfach nur durchläuft, das Spiel ist durch diese Aktion entschieden worden, unabhängig davon, dass wir heute nicht gut gespielt haben, aber wenn man eben die Reihenfolge nicht einhält, auch nach zwei gewonnenen Spielen im Abstiegskampf, und da sind wir, da befinden wir uns noch, auch wenn es die Leute nicht gerne hören wollen, aber ich muss die Finger in die Wunde reinlegen, jetzt fällt es mir wieder etwas leichter, ist das Spiel entschieden worden.“ Aua.
Simon Rolfes
Arbeitstage wie dieser: Leverkusens Mittelfeldmann stand am Sonntag gegen Fortuna Düsseldorf nach seiner Einwechslung in der 63. Minute exakt 75 Sekunden auf dem Platz, da musste er das Feld auch schon wieder verlassen. Weil er seinen Gegenspieler Adam Bodzek ziemlich rustikal von hinten umgegrätscht hatte. Rolfes entsetzt: „Es war maximal ein Foul. So etwas ist mir noch nie passiert!“. Einen unrühmlichen Rekord hat Rolfes zumindest verpasst: Schneller war nur Marcel Titsch-Rivero von Eintracht Frankfurt, der im Mai 2011 nach genau 43 Sekunden gegen Borussia Dortmund vom Platz geflogen war.
Sebastian Kehl
Immer wieder samstags fliegen die Ellenbogen in deutschen Bundesligastadien. Obwohl längst streng geahndet, vergeht kein Spieltag, an dem nicht irgendwo ein Spieler zu Boden geht, weil ihn der ausgestreckte Arm des Gegenspielers im Luftduell empfindlich im Gesicht erwischt hat. Nervig ist das – und auch ziemlich schmerzhaft, wie Dortmunds Sebastian Kehl im Spiel gegen den VfB Stuttgart erfahren musste. Der Übeltäter: Raphael Holzhauser („Es war keine Absicht, ich sehe Kehl nicht und gehe normal zum Kopfball.“). Die Folge: Nasenbeinbruch für Kehl nach 18 Minuten. Gegen Real Madrid (am Dienstag) soll Kehl trotzdem spielen, mit einer dieser herrlich hässlichen Gesichtsmasken.
Hans-Joachim Watzke
Nach zehn Spieltagen auf Platz fünf, elf Punkte hinter den Bayern, Krisenstimmung in Dortmund? Zeit für BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, das erste Feuer mit den dicken Stiefel auszutreten: „Ein Debakel ist das nicht, aber auch nicht das, was wir uns erwarten.“ Die zweite Hürde nahm Watzke, früher lediglich im Amateurfußball aktiv, zu später Stunde im „Aktuellen Sportstudio“. Vier Mal traf der Dortmunder an der Torwand. So viel Zielsicherheit hätte bestimmt auch seinen…ach, lassen wir das.
Rafael van der Vaart
Ja, Sylvie sah wieder umwerfend aus. Gemeinsam mit ein paar anderen ziemlich aufgedonnerten Luxus-Damen saß die Frau von HSV-Lenker Rafael van der Vaart in ihrer eigenen (!) Loge und schaute ihrem Gatten bei der Arbeit zu. Und was tat der, um seine Herzensdame zu beeindrucken? Gar nüscht. In der ersten Halbzeit gewann der Spielmacher gegen die bayrischen Gegenspieler gerade einmal elf Prozent seiner Zweikämpfe, verlor also unglaubliche 89 Prozent. Folgerichtig ging der Holländer in Halbzeit zwei einfach in gar keinen Zweikampf mehr. Hoffentlich gab es dafür später einen Anschiss von Sylvie.
Franck Ribery
Das Gegenstück zu Rafael van der Vaart? Hieß am Samstagabend Franck Ribery. Zu keinem anderen Fußballer passt der legendäre Filmtitel „Wehe, wenn sie losgelassen“ besser, als zum kleinen Franzosen mit der großen Narbe. Hat Ribery einen guten Tag, kann er Spiele alleine entscheiden. Spielt er so, wie gegen den HSV, gehört er zu den fünf besten Fußballern der Welt. Ribery machte den HSV einfach platt. Und nicht nur „Sky“-Experte Stefan Effenberg forderte anschließend eine „Eins mit Sternchen“ in Riberys Spielzeugnis.
Michael Ballack
Der ehemalige „Capitano“ hat langsam was von Hui Buh, dem Schlossgespenst. Zwar schon längst in Rente, geistert Ballack weiterhin mit unheimlichen Nachrichten durch die hiesige Fußballszene. Erst der unrühmliche Auftritt seines spanischen Anwalts, nun wurde bekannt, dass es ausgerechnet Ballack gewesen sein soll, der im September 2011 nicht wie eigentlich offiziell vorgeschrieben, zu einer unangemeldeten Doping-Kontrolle auf dem Vereinsgelände von Bayer Leverkusen erschienen war. Bayer wurde deshalb zu einer Strafe in Höhe von 25.000 Euro verdonnert. Sämtliche Gags zu möglichen Zahlungsunfähigkeiten sparen wir uns an dieser Stelle selbstverständlich.
Armin Veh
Herzlichen Glückwunsch, Armin Veh! Das 1:1 seiner Frankfurter gegen Fürth bescherte dem Trainer seinen 300. Punkt als Bundesliga-Trainer. Für alle, die sich noch immer über das Unentschieden aufregen: 302 Punkte hätten in der Statistik wesentlich langweiliger ausgesehen.
Volker Wezel
Volker, wer? Zumindest in Nürnberg dürfte der vierte Schiedsrichter nach diesem Wochenende auch Fußballfans ein Begriff sein, schließlich war es Wezel zu verdanken, dass den Nürnbergern in der 76. Minute durch ein Kopfball von Timo Gebhardt der 1:0‑Siegtreffer gegen den VfL Wolfsburg gelang. Kurz zuvor hatte Nürnberg-Trainer Dieter Hecking Gebhardt eigentlich auswechseln wollen, stand gar mit Ersatzmann Mike Frantz an der Seitenlinie bereit. Doch Volker Wezel, der vierte Schiedsrichter, ließ sich ziemlich viel Zeit mit seiner elektronischen Auswechseltafel. So durfte Timothy Chandler noch einmal flanken, so durfte Timo Gebhardt noch einmal köpfen. Und Hecking? Lobte Wezel anschließend für seine Trägheit: „Gut gehandelt!“