Ende des Jahres kam es erneut zu schweren rassistischen Ausfällen in italienischen Stadien. Die Gegenmaßnahmen bestehen nur auf dem Papier. Weshalb Neapels Trainer Carlo Ancelotti jetzt zu drastischeren Mitteln greifen möchte.
Stattdessen flog Koulibaly in der Schlussphase vom Platz, weil er dem Schiedsrichter nach einer Gelben Karte applaudierte. „Es tut mir leid für die Niederlage und vor allem dafür, dass ich meine Brüder im Stich gelassen habe“, schrieb Koulibaly später bei Twitter. „Aber ich bin stolz auf meine Hautfarbe, darauf, dass ich Senegalese bin, Franzose, Neapolitaner: Mensch“. Ancelotti beschwerte sich über die ausgebliebene Unterbrechung und kündigte für das nächste Mal drastische Maßnahmen an. „Dann hören wir auf zu spielen, auch wenn wir dadurch verlieren“, sagte der ehemalige Bayern-Trainer.
Vielleicht ist dies die einzige Möglichkeit, wie die Verantwortlichen im italienischen Fußballverband und der Sportpolitik den Ernst der Lage verstehen. Denn Spielunterbrechungen sind die große Ausnahme, Abbrüche aufgrund rassistischer Beleidigungen gibt es praktisch nicht. Mal sprechen Sicherheitsbedenken dagegen wie in Mailand, mal sollen es nur vereinzelte Rufe sein, manch einer argumentiert, man könne nicht Tausende friedliche Fans für ein paar Idioten bestrafen.
Alles ohne ernsthafte Konsequenzen
Und wenn ein Schiedsrichter doch durchgreift wie Claudio Gavilucci, verschwindet er kurz darauf von der Bildfläche. Im Mai unterbrach er das Spiel Sampdoria Genau gegen Neapel für drei Minuten, nachdem einige Heimfans erst Koulibaly beleidigt und dann allen Neapolitanern mit dem vor allem in Norditalien verbreiteten Spruch „Vesuv, wasch sie mit deinem Feuer“ den Tod gewünscht hatten. Es war Gaviluccis letztes Spiels in der Serie A, offiziell weil er Letzter im Leistungsranking der Schiedsrichter war, viele Experten sehen aber einen Zusammenhang zum Spiel in Genua.
Nach dem erneuten Vorfall um Koulibaly wird in Italien wieder viel diskutiert – in einem Land, in dem die erste Abgeordnete mit afrikanischen Wurzeln 2013 vom Vizepräsidenten des Senats mit einem Orang-Utan verglichen wurde und Paolo Berlusconi, Bruder von Silvio und damals Vizepräsident des AC Mailand, Mario Balotelli als „kleinen Neger der Familie“ bezeichnete. Natürlich alles ohne ersthafte Konsequenzen.
Die gibt es nun zumindest für Inter. Die Mailänder müssen die nächsten zwei Heimspiele vor leeren Rängen austragen, bei einem dritten Spiel bleiben einige Blöcke des Stadions gesperrt. Es ist zumindest ein Anfang. Oder in den Worten von Kevin-Prince Boateng: „Wir brauchen Taten, keine Worte. Es reicht nicht, ‚No to Racism‘-Plakate aufzuhängen und einen Werbespot vor den Champions-League-Spielen zu zeigen. Wir müssen sofort etwas unternehmen. Heute, oder besser noch: gestern.“