Weil Olympique Lyon in einer sportlichen Krise steckt, nimmt der schillernde Vereinspräsident Jean-Michel Aulas das Heft des Handels mal wieder selbst in die Hand – und präsentiert einen Trainer, den niemand leiden kann, nicht einmal der Präsident selbst.
Dass es überhaupt Aulas selbst war, der über den neuen Trainer entschied, war so eigentlich nicht vorgesehen. Denn im Sommer hatte der Verein einen bemerkenswerten Schritt vollzogen: Mit dem brasilianischen Duo aus dem neuen Sportdirektor Juninho und dem Trainer Sylvinho wehte ein neuer Wind in Lyon, beide sollten OL aus der jüngsten Lethargie unter dem nicht sonderlich beliebten ehemaligen Trainer Bruno Génésio herausholen. Dafür zwang sich Aulas gar zu einem Novum: Zum ersten Mal in der Geschichte seiner mehr als 30-jährigen Amtszeit hatte der Präsident die Verantwortung über die Auswahl des Trainers abgegeben.
Mutige Wahl
Juninho, der neue starke Mann im sportlichen Bereich, ist in Lyon eine Vereinslegende und absoluter Publikumsliebling. Während seiner Zeit als Spieler bei Lyon zirkelte er regelmäßig Freistöße in den Winkel. Mit der Besetzung des Trainerpostens mit seinem Landsmann Sylvinho traf Juninho eine mutige Wahl. Schließlich hatte der zuvor lediglich als Co-Trainer Erfahrungen gesammelt.
Das Duo sollte OL konkurrenzfähig machen für das Duell mit PSG – und die Abenteuer in Europa. Dafür wurde auch der Kader kräftig umgekrempelt. Unter anderem verließen Tanguy Ndombélé (zu Tottenham) und Ferland Mendy (zu Real Madrid) den Verein, OL setze mit den Transfererlösen über 100 Millionen Euro um. Mit Nabil Fekir verließ der ehemalige Kapitän und eine Identifikationsfigur seinen Jugendverein, den Offensivspieler zog es zu Betis. Das eingenommene Geld reinvestierte Lyon umgehend in junge, entwicklungsfähige Spieler wie Thiago Mendes, Joachim Andersen und Jeff Reine-Adélaïde.
Sylvinhos Entlassung schwächt Juninho
Doch die sportliche Bilanz liest sich verheerend: In den bisherigen neun Ligaspielen gelangen nur zwei Siege, das so wichtige Derby gegen Saint-Étienne vor der Länderspielpause ging in der Nachspielzeit mit 0:1 verloren. Sylvinho, der häufig einen sehr kontrollierten und wenig begeisternden Fußball spielen ließ, stand schnell in der Kritik – und wurde nach der Derby-Niederlage entlassen. In der Champions League war OL mit einem Unentschieden gegen St. Petersburg und einem Auswärtssieg in Leipzig zwar ganz gut aus den Startlöchern gekommen – insgesamt war es aber zu wenig für die eigenen Ansprüche. „Wir können nicht nichts machen“, entschuldigte sich Jean-Michel Aulas fast für die Trennung, die auch die Position des Sportdirektors Juninho schwächte.