Der Berliner Professor Stefan Chatrath findet rassistische Rufe legitim und Jordan Torunarigha einfach zu sensibel. Das darf nicht ohne Folgen bleiben.
Stefan Chatrath ist Professor für Sport und Eventmanagement und nebenher Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission des Landessportbundes Berlin. Man sollte also glauben, dass ihm etwas komplexeres Denken nicht fremd ist.
Ein Eindruck, der schon in der Vergangenheit durch seine Tätigkeit als Autor für die Zeitschrift „Novo Argumente“ und das Portal „Achse des Guten“ nachhaltig eingetrübt wurde, brillierte Chatrath doch dort schon mit schwachbrüstigen Troll-Texten wie „Die WADA muss weg“ und „Fussball-WM in Katar: Ja, zum Wüstenrasen“.
Vollends verstörend jedoch kommt ein von ihm verfasster Text in der „NOVO Argumente“ daher, in dem er ernsthaft die These vertritt, Hertha-Spieler Jordan Torunarigha hätte die rassistischen Rufe beim Spiel auf Schalke lässig an sich abperlen lassen sollen. „Fußballer, die professionell spielen, müssen Beleidigungen aushalten, das gehört dazu“ schreibt Chatrath locker dahin. „Natürlich kann ich es auch nicht schönreden, wenn im Stadion jemand Affengeräusche nachahmt, um schwarze Spieler zu beschimpfen“ führt er aus, was nicht nur bedauernd klingen soll.
Weil Chatrat anschließend tatsächlich nicht um Verständnis und Mitgefühl mit Torunarigha, sondern allen Ernstes mit dem bedauernswerten Rassisten wirbt: „Es könnte zudem gut sein, dass die Absender selbst von der Wirkung ihrer Affenlaute überrascht sind und diese jetzt bereuen. Aber wer würde sich freiwillig melden und um Entschuldigung bitten? Es drohen Stadionverbot, ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft sowie die 50.000 Euro Strafgeld, die Schalke 04 weiterreichen würde. Da schweigt man doch lieber.“ Uns kommen die Tränen. Als Rassist hat man es schon richtig schwer heutzutage. Als Spieler hingegen soll man sich nicht so anstellen, findet Chatrath, stattdessen müsse man „seine Gefühl im Griff haben“. Mehr noch: „Als Teil einer Mannschaft haben individuelle Befindlichkeiten zurückzustehen.“
Chatraths Text ist gespickt mit Unverschämtheiten. Ebenso höhnisch wie unwahr notiert er gleich zweimal, Hertha-Spieler hätten „bitterlich geweint“. Nebenher unterstellt er den Berlinern noch, sich nur verhört zu haben, zudem sei Torunarigha von der Klubführung überreichlich sensibilisiert worden. Und wäre das alles nicht schon menschenverachtend genug, kommt Chatrath zum Schluss, dass rassistische Pöbeleien ganz generell völlig in Ordnung sind. „Ist es legitim, den Gegner zu beleidigen, wenn mir das einen Wettbewerbsvorteil verschafft? Ich denke: ja! Es ist alles erlaubt, solange der gegnerische Spieler physisch nicht so stark geschädigt wird, dass er ausgewechselt werden muss.“
Es sind Zeilen, deren Abgebrühtheit und Zynismus dem Leser den Atem stocken lassen. Und sie sollten Anlass sein, den Autor aus der Wissenschaftlichen Kommission des Landessportbundes abzuberufen. Jordan Torunarigha schrieb auf Twitter: „Selten sowas Dummes gelesen“. Dem ist nichts hinzuzufügen.