Er ist (vielleicht) ein Genie, hat alles gewonnen und das Charisma tropft ihm aus der Fleischmütze. Trotzdem ist die Bilanz von Pep Guardiolas bisheriger Karriere vor allem: super, super schnöde.
Mit der Ankunft in München wird deutlich, was der Spanier neben der Arbeit auf dem Trainingsplatz mindestens genauso gut beherrscht: Imagepflege. Ob gewollt oder nicht, alles was Guardiola tut, fügt sich zum dankbaren Abziehbild eines geheimnisvollen Genies. Niemand muss sich Gedanken machen, in welche Schublade er zu stecken sei — das übernimmt Guardiola höchstselbst.
Das Jahr Auszeit in New York, die Vorliebe für gutes Essen, elegante Kleidung und Lyrik (Lest ihr hier »>). Das zurückgezogene Familienleben in München, hinter den hochgezogenen Wänden einer Dachterrasse. Die höfliche Unlust, bei Pressekonferenzen auch nur eine Silbe von Interesse zu sagen. Die fast schon penetrante Lobhudelei der Spieler.
Schützengraben der Einsilbigkeit
Dagegen: der gnadenlose Machtkampf gegen Vereins-Institutionen wie Müller-Wohlfahrt, das Buch „Pep Guardiola, Das Deutschland-Tagebuch“ von Martí Perarnau, dem Guardiola während seiner Zeit in München immer wieder tiefe Einblicke gewährte. Immer im Wissen, dadurch die Kontrolle, die Deutungshoheit zu behalten. Das kann, braucht man ihm alles nicht vorwerfen. Das hilft nur, zu verstehen.
Selten verlässt Guardiola den Schützengraben seiner ansonsten so beeindruckenden Einsilbigkeit. Wenn, dann wird es bunt. Dann sagt er mal, Titel seien ihm gar nicht so wichtig. Nur um an anderer Stelle Journalisten zu maßregeln, die ihm im Moment Erfolglosigkeit vorwerfen. Dann kann Guardiola ganz schnell aufzählen, wieviele Titel er bereits errungen hat.
Widerspruch auf Widerspruch
Mal steht er unbeugsam für die Unabhängigkeit Kataloniens ein, an anderer Stelle aber will er mit Politik nichts zu tun haben. (Über die Widersprüchlichkeit Guardiolas lest ihr hier »>). Und mal sagt er, er liebe nichts mehr als die Arbeit mit den Jungs auf dem Platz, das Entwickeln der Spieler. Dann vernachlässigt er sowohl bei den Bayern als auch bei Manchester City die Nachwuchsabteilungen. Dann verlangt er eben doch lieber nach neuen Spielern.
Und das ist es dann vor allem auch, was die Erzählung von Pep Guardiola so langweilig macht. Musste er, der den Fußball doch so liebt, das schöne Spiel, denn unbedingt zu Manchester City wechseln? Musste er die Mannschaft, die schon vor seiner ersten, einer titellosen, Saison mit über 200 Millionen Euro teuren Transfers verstärkt wurde, vor dieser Spielzeit wirklich nochmals für über 300 Millionen Euro aufblasen?
Glückwunsch, Pep
Lautet die Botschaft dann nicht: Gebt mir einen der besten Kader der Welt, gebt mir 500 Millionen Euro und ich hole euch mit überragendem Vorsprung die englische Meisterschaft? Und was ist das für eine Botschaft, was ist das für eine Erzählung? Keine sonderlich schöne.
Ob Guardiola ein taktisches Genie, ein Revolutionär des Fußballs ist? Darüber sollen sich andere streiten. Wer das Spiel wegen seiner Erzählungen liebt allerdings, wegen seiner Unwahrscheinlichkeiten, kann es aber nur mit Jürgen Klopp halten: Glückwunsch Pep, du hattest immer die bessere Mannschaft. Und ziemlich viel daraus gemacht.
Wie langweilig.