Zum zweiten Mal hintereinander steht der VfL Wolfsburg kurz vor dem Abstieg. Doch nicht nur sportlich, auch im Verhältnis zu seinen Fans hat der Verein in dieser Saison einiges verspielt. Ein Stimmungsbild.
Die Saison im sportlichen Nirgendwo bietet darüber hinaus reichlich Platz für Nebenschauplätze und neue Konfliktherde zwischen Anhängerschaft und Verein. Große Teile der aktiven Fanszene lehnen noch immer das 2002 eingeführte, neue Logo ab. Die Forderung nach der Rückkehr zum alten Wappen mit geschlossenem Kreis und den in der Wolfsburger Stadthistorie verankerten Zinnen auf dem „W“ wird wieder lauter. „Wann?“ fragen die Anhänger bei vielen Spielen vor einer großen Zinnen-Fahne und organisieren eine Kampagne zum Thema.
Auch das übrige Erscheinungsbild macht viele Fans sauer. In den Trikots des VfL findet sich zunehmend prominenter die Farbe Blau des Hauptsponsors und Eigentümers Volkswagen. Zu Saisonbeginn führen die Ultras ein neues Lied in der Kurve ein. „Die Trikots grün, die Hosen weiß, auf der Brust die Zinnen im Kreis“, heißt es in ihrem Protestsong.
Als sich abzeichnet, dass es auch in dieser Saison um nichts anderes als gegen den Abstieg gehen wird, richtet sich der Unmut wieder mehr auf das Geschehen auf dem Rasen. Schon beim Spiel gegen den FC Bayern im Februar bleiben Teile der Fankurve in Anlehnung an das Gründungsjahr des VfL und aus Protest gegen die sportliche Talfahrt für 19 Minuten und 45 Sekunden dem Spiel fern. Bruno Labbadia, wenig später der dritte Trainer in dieser Saison, wird mit einer Mischung aus Resignation, Skepsis und Abneigung begrüßt.
Dosenbier statt Klassenerhalt
Am Samstag hätte der VfL dennoch mit einem Sieg gegen den HSV zumindest den direkten Abstieg ausschließen können. Stattdessen wird ausgerechnet der Gegner aufgebaut, der dem Klub nun unmittelbar im Nacken hängt. Der Klassenerhalt ohne erneuten Umweg durch die Relegation liegt seither nicht mehr in der Hand des VfL.
Und wieder sorgt der Verein für neue Risse im Verhältnis zu seinen Fans. Gesponserte Fähnchen sollen vor dem Spiel verteilt werden – die aktive Fanszene bekommt das aber nur zufällig mit. Vom Alkoholverbot im gesamten Stadion wird ausgerechnet der VIP-Bereich ausgenommen, die Anhänger treffen sich zum Protest mit Dosenbier vor dem Spiel.
Dieses Jahr: kein Happy End
Dabei verhärten sich die Fronten schon eine Woche vor dem Fiasko gegen den HSV. Unter dem Motto „Wir. Das Rudel“ möchte der Verein eine Nichtabstiegs-Kampagne gegen den erklärten Willen der aktiven Fans lancieren. Der Fanrat sieht sich getäuscht und kritisiert mit deutlichen Worten: „Wir brauchen keine künstliche Aufbruchstimmung, die das selbst erzeugte Plastikklub-Image der VfL Wolfsburg Fußball GmbH bestätigt.“
Nicht nur auf sportlicher Ebene hapert es in Wolfsburg derzeit gewaltig. Nach dieser Saison werden zwischen Anhängern und Verein viele Gräben zurückbleiben. Ob zumindest in der ersten Liga an einem erneuten Neuanfang gearbeitet werden darf, steht vielleicht erst nach den Relegationsspielen fest. Ein Happy End wie in der Vorsaison scheint dieses Jahr aber ausgeschlossen.