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Ein kahles Zimmer in Port el Kan­taoui, Tune­sien. Fünf Männer und eine Frau sitzen an einem nuss­braunen Ver­hand­lungs­tisch. Die Kli­ma­an­lage hat die Tem­pe­ratur unter zwanzig Grad gedrückt, allen Betei­ligten steht Anspan­nung ins Gesicht geschrieben. Die Frau am Tisch ist zier­lich und trägt ein schwarzes Desi­gner­kostüm. Sie ist extra­va­gant geschminkt und hat ihre Haare mit einer gol­denen Spange zu einer ele­ganten Frisur hoch­ge­steckt. Immer wieder klopft sie mit ihren hohen Absätzen gegen das Stuhl­bein. Samira Samii ist Spie­ler­be­ra­terin.
Nach fünf Stunden hat sie es geschafft, schrift­fest zu machen, was zuvor in mona­te­langem Gescha­chere nur umrissen wurde: Der Transfer ihres Man­danten Adel Chedli vom fran­zö­si­schen Zweit­li­gisten FC Istres zum tune­si­schen Erst­liga-Klub Étoile Spor­tive du Sahel.

Samira Samii atmet tief durch und ver­lässt den Raum mit einem dicken Ordner unterm Arm. Ver­hand­lungs­runden wie diese sind für sie inzwi­schen zur Rou­tine geworden. Dass sie dabei fast immer die ein­zige Frau ist auch. Anfangs wurde ich von den Män­nern oft in Fuß­ball-Fach­fragen getestet“, erzählt sie. Da kam dann schon mal die typi­sche Frage nach dem Abseits.“ Inzwi­schen hat sie sich einen Ruf erar­beitet, der ihr solche Tests erspart. Sehr hart“ sei sie beim Ver­han­deln mit ihrem Gegen­über. Respekt­voll, jedoch nie ängst­lich.

Ich raste manchmal völlig aus“

Ver­hand­lungen über Spieler-Trans­fers sind stressig, ziehen sich oft über Monate hin und zehren an den Nerven aller Betei­ligten. Meine Ver­wandten fragen mich oft, warum ich mir das alles antue“, sagt sie. Sie haben Angst, dass ich irgend­wann noch einen Herz­in­farkt bekomme und schimpfen immer, ich soll end­lich mal die Klappe zuma­chen“, sagt Samira lachend und deutet auf ihr iPad. Auf Ein­kommen ist Samira nicht ange­wiesen. Ihr Vater ist ein renom­mierter Augen­chirurg und hat eigene Kli­niken, die Mutter stammt aus dem per­si­schen Hoch­adel. Beim Fuß­ball packen mich die Emo­tionen, ohne ihn würde mir etwas fehlen im Leben. Wenn ich eine span­nende Partie sehe, raste ich manchmal völlig aus und fie­bere begeis­tert mit“, erzählt sie. 

Samira sitzt in ihrem Büro. Vom Schreib­tisch aus hat sie Blick auf den Starn­berger See, der in der Ferne schim­mert. Alles im Raum ist penibel auf­ein­ander abge­stimmt. Kein unnö­tiger Schnick­schnack, klare Linien und Kanten. Nur eine weiße Orchidee steht zwi­schen ihrem Laptop und dem sil­ber­ge­rahmten Fami­li­en­foto. Von hier aus son­diert sie den Markt nach pas­senden Ange­boten für Ihre Man­danten. Immer im Blick sind die beiden Bun­des­ligen, sowie die fran­zö­si­schen, eng­li­schen und ita­lie­ni­schen Ligen. Wenn einer ihrer Spieler an einem Wechsel inter­es­siert ist, kommt es zur Ver­hand­lung über die Rah­men­be­din­gungen. Über Ablö­se­summe, Zeit­punkt und unzäh­lige wei­tere Details wird wochen­lang gefeilscht. Kommt es zur Eini­gung, stehen Bespre­chungen über Gehalt, Ver­trags­lauf­zeit und Prä­mien an.

Eines von Samiras drei Handys vibriert. Sie schaut aufs Dis­play. Ein Seufzer. Die schon wieder.“ Kurze Pause. Seit Tagen werde ich von den Bou­le­vard­me­dien mit Nach­fragen über die Tren­nung von Rafael und Sylvie van der Vaart bom­bar­diert.“ Schon meh­rere Jahre ist Samira mit den van der Vaarts befreundet. Sie legt das Handy weg und winkt ab. Klatsch über das Pri­vat­leben anderer Leute inter­es­siert mich nicht. Ich würde auch nicht wollen, dass man sich in meine Ange­le­gen­heiten ein­mischt“, sagt sie. Zu oft musste auch sie selbst erleben, was es bedeutet, wenn Fremde in die intimsten Bereiche ein­dringen.

Zum Bei­spiel vor knapp sieben Jahren, als ihre Tren­nung von Fuß­ball-Profi Mehdi Mah­da­vikia von den Bou­le­vard­me­dien aus­ge­schlachtet wurde. Damals wurde bekannt, dass der ira­ni­sche HSV-Profi eine Dop­pelehe geführt hatte. Eine schmerz­hafte Zeit für die damals 26-Jäh­rige. Nach­fragen zu ihrem Pri­vat­leben blockt sie seitdem ab, ist vor­sichtig geworden bei allem, was sie über sich selbst preis­gibt.

Die erste Spie­ler­be­ra­terin, die beim FC Bayern durch­kommt“

Geboren wurde Samira in Teheran. In Kanada und Frank­reich wuchs sie auf, ging dort zur Schule. Dass sie sich nach ihrem Manage­ment-Stu­dium für den Sport ent­schied, ist kein Zufall. Schon immer war Samira mit Fuß­ball kon­fron­tiert. In der Klinik des Vaters ließen sich Ali Daei und viele andere bekannte Profi-Fuß­baller behan­deln. Das Schlüs­sel­er­lebnis war aber ein Cham­pions-League-Spiel des AC Mai­land im Jahr 2006. Das Spiel war über neunzig Minuten packend, eine über­wäl­ti­gende Partie. Da kam ich auf die Idee, Fuß­ball und meine Manage­men­t­er­fah­rung zu ver­binden“, erzählt sie. Über Jobs als Mar­ke­ting-Mana­gerin in Ingol­stadt und Altona führte sie ihr Weg zur eigenen Agentur mit rund 40 Spie­lern.

Über die Jahre hat Samira ein funk­tio­nie­rendes Unter­nehmen auf­ge­baut, beschäf­tigt meh­rere Ange­stellte. Dar­unter einen Scout, der Spieler auf der ganzen Welt beob­achtet. Auch in ihrer Heimat, wo sie selbst nicht ins Sta­dion darf. Denn im Iran ist Fuß­ball für Frauen noch ein Sperr­ge­biet.

Sie sind die erste Spie­ler­be­ra­terin, die beim FC Bayern Mün­chen einen Fuß in die Tür gekriegt hat“, sagte Wol­fang Dremmler, Chef­scout der Münchner und ehe­ma­liger Natio­nal­spieler, einmal zu Samira. Am Leuchten ihrer Augen erkennt man, was ihr dieses Kom­pli­ment bedeutet. Für die Zukunft hat sie klare Vor­stel­lungen: Sie möchte Mana­gerin eines Bun­des­liga-Ver­eins werden! Und sie scheut es kei­nes­falls, ihre Sym­pa­thien offen zu bekunden: Jürgen Klopp macht einen super Job und ich habe großen Respekt vor Uli Hoeneß. Die Ide­al­be­set­zung wäre dann wohl Kloppo als Trainer, Hoeneß als Prä­si­dent und ich als Mana­gerin“, sagt Samira und kann sich dabei ein Lachen nicht ver­kneifen.