Der FC Bologna hat fünf Mitarbeiter fristlos entlassen – weil sie den Neuzugang Ibso am Flughafen vergessen hatten. Dabei stellt sich doch viel eher die Frage, ob Fußballprofis vielleicht längst vergessen haben, wie man sich alleine in der großen weiten Welt zurecht findet.
Profifußballer sind nicht wie wir Normalsterblichen. Wenn sie zum Training gehen, hängen ihre frisch gewaschenen Klamotten schon im Spind. Wenn sie ein Auto brauchen, steht am nächsten Morgen ein Wagen vor der Tür. Und wenn sie verreisen, weil sie, sagen wir, gerade den Verein gewechselt haben, müssen sie nur in das Flugzeug steigen und sich um nichts mehr kümmern. Das übernehmen andere Menschen für sie.
Eigentlich. Manchmal werden aber selbst Profifußballer zu normalen Menschen. Und weil sie es gewohnt sind, dass man sich erstens um sie kümmert und zweitens niemals vergisst, haben diese Männer dann ein Problem: Sie sind auf sich alleine gestellt.
Man hatte den Reisenden einfach vergessen
Wie der Brasilianer Ibson. Der wurde am Montag vom Seria A‑Klub AC Bologna verpflichtet und setzte sich noch am selben Tag in ein Flugzeug, dass ihn von Brasilien nach Rom transportierte. An dortigen Flughafen, so hatte man es Ibson mitgeteilt, werde bereits selbstverständlich eine Delegation aus Bologna den roten Teppich für den namhaften Neuzugang ausgerollt haben. Aber weder ein roter Teppich, noch eine jubelnde Bologna-Delegation, ja, nicht einmal ein Willkommens-Blumenstrauß erwartete den 30-Jährigen. Tatsächlich wartete überhaupt niemand auf Ibson. Man hatte den Reisenden einfach vergessen.
Ibson wartete. Eine Stunde. Zwei Stunden. Viele Stunden. Dann endlich bemerkte jemand den Fauxpas und schickte flugs einen Fahrdienst zum Flughafen nach Rom. Der arme Ibson, so hieß es später, habe hilflos in der Ankunftshalle gewartet, ohne zu wissen, wen er denn kontaktieren könne.
Nun, wie gesagt, der Mann ist 30. Hat schon für den FC Porto und Spartak Moskau gespielt. Kennt sich aus in der Welt. Hat das nötige Kleingeld für ein Taxi und ist ganz bestimmt in Besitz eines gut funktionierenden Mobiltelefons. Und so einer sitzt entmutigt auf seinen Koffern am Flughafen und ist handlungsfähig wie ein Kleinkind? Entweder, die italienischen Medien haben die Geschichte an einigen Stellen leicht verfälscht oder die verwöhnten Profifußballer der Gegenwart sind noch unselbstständiger als wir bislang vermuteten.
Beispiel Perrotta
Vielleicht sollte sich Ibson ein Beispiel am ehemaligen italienischen Nationalspieler Simone Perrotta nehmen. Der verpasste während der Europameisterschaft 2008 die Abfahrt des Teambusses um 23 Uhr vor dem Hotel der Spielerfrauen. Perrotta, so hieß es, habe sich – hüstel – nicht rechtzeitig von seiner Lebensgefährtin Lorena trennen können. Als er seine Verspätung bemerkte, überredete der Mittelfeldmann eine Polizeistreife, die mit ihm so zügig durch die Wiener Innenstadt brauste, dass er zeitgleich mit seinen Kollegen das Teamhotel erreichte – und einer Strafe entging.
Eigenverantwortung, lieber Ibson, heißt das Zauberwort. Apropos Verantwortung: Bolognas Präsident Albano Guaraldi war so erbost über die peinliche Panne seiner Untergebenen, dass er die fünf hauptschuldigen Mitarbeiter kurzerhand rausschmiss. Der abstiegsbedrohte Erstligist sucht nun händeringend nach Funktionären mit besonderen Kenntnissen in Sachen PR und Marketing. Wir sind gespannt, wer die Neulinge dann am Flughafen abholen wird.