Rechtsextremismus hat sich im deutschen Fußball eingenistet. In einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses im Bundestag erklärten Experten, was Fans und Vereine tun können.
Als Vertreter der gemeinnützigen Organisation „Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit“ (KoFaS) sprach Robert Claus, der sich seit Jahren mit Themen wie Fankultur und Rechtsextremismus auseinandersetzt und dazu regelmäßig wissenschaftliche Texte veröffentlicht. Im Sportausschuss wies er zu Beginn seines Statements leidenschaftlich auf die nötige Differenzierung hin, weil Pauschalurteile in der Sache nicht weiterhelfen würden.
Er ging auf den Unterschied zwischen Fußball als Amateur- und Profi‑, aber auch als Zuschauersport mit zahlreichen Fans in Ultra- oder Hooligangruppen ein. „Wir dürfen den Fußball nicht isoliert betrachten“, begründete er später seinen Verweis auf die Kampfsport-Szene, in der ebenfalls teils „besorgniserregende Sachen“ passierten.
Diese Szene sei in den letzten Jahren enorm gewachsen, extrem rechte Organisationen hätten sich dort eingenistet, weil Kampfsport auch ein wirtschaftlicher Faktor geworden sei. „Ein Neonazi-Kampfsport-Event wie der ‚Kampf der Nibelungen‘, der 2013 entstanden ist, muss verboten werden“, forderte Claus. Er nannte das Beispiel des Neonazis Denis Kapustin, der als einer der einflussreichsten Akteure der rechtsextremen Kampfsportszene gilt.
In dieser Szene sei es normal, über Gewalt und Ideologie Menschen zu rekrutieren, um sie wehrhaft zu machen – so erklärte Claus die Herangehensweise der organisierten rechten Kampfsportszene. Zudem gebe es an einigen Standorten Überschneidungen dieser Szene mit örtlichen Hooliganstrukturen.
Doch was können die Fans vor Ort tun, um sich gegen solche Entwicklungen zu schützen? Hierzu waren mit Thilo Danielsmeyer vom Fanprojekt Dortmund und Marek Lange von der Fanabteilung der SG Dynamo Dresden zwei weitere Sachverständige eingeladen, die sich in der lokalen Fanarbeit engagieren und dabei auch immer wieder mit rechtsextremen Tendenzen zu tun haben.
Michael Gabriel von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) erklärte, auf welche Weise Fanprojekte im Fußball dabei helfen können, Vielfalt zu entwickeln: Als sozialer Raum biete das Stadion den vorwiegend jungen Fans die Möglichkeit zur aktiven Mitgestaltung, was ein Unterschied zu anderen Freizeitangeboten sei.
Danielsmeyer erklärte den Bundestagsabgeordneten die Lage in Dortmund und schilderte, dass dort Stadt und Verein alles Mögliche in der Prävention unternehmen würden. „Alle sind gemeinsam gefordert, um die negativen Seiten des Fußballs nicht aus den Augen zu verlieren“, lautete sein Fazit, bevor er die Geschichte einer Dortmunder Hooligan-Gruppierung schilderte, die wegen ihrer Nähe zu rechtsradikalen Strukturen zu Dortmunds „traurigem Ruf als Nazi-Hauptstadt Deutschlands“ beigetragen habe. Der Fußball werde heute immer noch als Bühne genutzt, konstatierte er.
Marek Lange konstatierte in seiner Funktion als Fanbeauftragter von Dynamo Dresden, dass Rechtsextremismus ein „gesellschaftliches Problem“ sei und es deswegen „gemeinschaftlicher Arbeit“ bedürfe. Gleichzeitig forderte er eine klare und konstruktive Haltung der Vereine und hob die Rolle von Ultras und aktive Fanszenen als Korrektiv innerhalb des Stadions hervor.
Er gestand aber auch ein, dass man die Rechten nie ganz aus dem Stadion bekommen würde. Eine starke Fanszene, die sich artikulieren kann, sei für ihn jedoch eine Möglichkeit, solche Entwicklungen frühzeitig zu unterbinden. Sein Kollege Danielsmeyer pflichtete ihm bei und unterstrich, dass man positive Kräfte stärken und Rechten den Raum wegnehmen müsse.