Rechtsextremismus hat sich im deutschen Fußball eingenistet. In einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses im Bundestag erklärten Experten, was Fans und Vereine tun können.
Doch gerade in den letzten Wochen kam es zu einigen rassistischen Ausfällen in deutschen Fußballstadien, die das Problem rechtsextremistischer und rassistischer Tendenzen deutlich machten. Herthas Verteidiger Jordan Torunarigha sah sich Anfang Februar beim DFB-Pokal-Achtelfinale auf Schalke rassistischen Beleidigungen ausgesetzt. Auch Leroy Kwadwo, Drittliga-Profi in Diensten der Würzburger Kickers, war etwa eine Woche später bei einem Auswärtsspiel in Münster von einem Zuschauer rassistisch beleidigt worden. Nach dem Terrorangriff in Hanau störten einige Stadionbesucher die Schweigeminute für die Opfer mit Zwischenrufen.
DFB-Managerin Claudia Krobitzsch gestand ein, dass der Drei-Stufen-Plan bei rassistischen Vorfällen in der Vergangenheit nicht immer konsequent umgesetzt worden sei. Auch die Sensibilisierung der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sei noch nicht ausreichend, wenngleich sie Katrin Rafalski für ihr Vorgehen lobte – die Unparteiische hatte das Drittliga-Spiel zwischen Preußen Münster und den Würzburger Kickers nach dem rassistischen Vorfall gegenüber Kwadwo unterbrochen.
Die Drei-Stufen-Regelung, vorgegeben durch FIFA und UEFA, gelte für rassistische und diskriminierende Vorfälle, nicht jedoch für Beleidigungen, ergänzte sie. Damit bezog sich Krobitzsch auf die Plakate, die sich gegen Dietmar Hopp richteten – der Plan sei am vergangenen Wochenende aufgrund einer persönlichen Gewaltandrohung angewendet worden. Der Grund für die zahlreichen Spielunterbrechungen am vorletzten Spieltag sei wohl eine „Übersensibilisierung“ gewesen, die der DFB mit den Schiedsrichtern bearbeiten und aushandeln wolle.
Ihr Kollege Schmidt kündigte zudem an, dass Opfer von rassistischen Vorfällen im Fußball mit professionellen Opferschutzberatungen in Kontakt gebracht werden sollen. Die Landesverbände böten diesbezügliche Anlaufstellen.
„Mehr Repression ist kontraproduktiv“
Eine Frage der FDP-Fraktion nach einer App, um rassistische Vorfälle im Stadion und deren Urheber zu melden, erteilte Krobitzsch eine Absage. Dies sei wegen der Stehplätze nicht umsetzbar, auch Maßnahmen wie personalisierte Eintrittskarten seien nicht sinnvoll. „Der DFB setzt auf die Selbstreinigungskräfte der Kurven, mehr Repression ist kontraproduktiv.“
Die Haltung des DFB zu Zuschauerausschlüssen sei seit 2017 unverändert, diese kämen nur bei „schwerwiegenden Vorfällen“ zum Tragen, erklärte Schmidt. KOS-Vertreter Gabriel lobte zwar die Sensibilität der Verbände beim Thema Rechtsextremismus, kritisierte aber den Glaubwürdigkeitsverlust durch Kollektivstrafen und zunehmende Kommerzialisierung des Fußballs.
Zudem forderte er weitere Unterstützung für die Arbeit der Fanprojekte. So würde etwa ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, die vertrauensvolle Zusammenarbeit sicherstellen. Auch finanzielle Planungssicherheit sei für die Fanprojekte von enormer Bedeutung.
Der Termin für die öffentliche Anhörung stand seit langem fest, die jüngsten Entwicklungen rund um die Causa Hopp konnten daher nicht vorhergesehen werden – dennoch war es einigermaßen wohltuend, dass weder die Sachverständigen noch die Mitglieder des Sportausschusses unnötig die Beleidigungen gegen Hoffenheims Geldgeber thematisierten.
Deutlich wurde an diesem Nachmittag jedoch vor allem, dass Ultras nicht den „Fußball zerstören wollen“, wie es in den letzten Wochen oft zu lesen war – im Gegenteil. Nach Ansicht der geladenen Experten haben sie in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass rechtsextremistische Aktionen und Gedanken im Stadion immer weniger einen Platz finden.