Ein portugiesischer Viertligist ist durchsetzt mit Ultras des FC Porto, die auf und neben dem Platz Angst und Schrecken verbreiten.
Es gibt Vereine, gegen die andere Vereine nicht gern antreten. Weil die Anreise so beschwerlich, der Rasen eine Katastrophe oder die Umkleidekabine auf dem Stand von 1513 ist. Andere Vereine wiederum würden sich die ein oder andere Paarung der Saison allein schon deshalb gern sparen, weil es gegen diesen einen Gegner einfach nie etwas zu holen gibt, außer hängende Köpfe.
Und es gibt Canelas 2010, einen Klub aus der vierten portugiesischen Liga, der Divisão de Elite. Gegen den wollen gleich zwölf der 13 gegnerischen Teams nicht mehr antreten. Und tun es auch nicht.
Die Gegner weigern sich, anzutreten
Mit elf Siegen und nur einem Unentschieden führt Canelas die Tabelle der Liga nach derzeit zwölf absolvierten Spieltagen deutlich an. Allein: Die vergangenen fünf Spiele gewann der Verein allesamt am grünen Tisch, da sich die Gegner seither weigern, überhaupt anzutreten.
Das liegt an der Brutalität, die die Spieler des Klubs auf den Rasen bringen. Und es ist nicht das erste Mal, dass der Klub in die Schlagzeilen geraten ist. Im Februar des vergangenen Jahres etwa beschloss der portugiesische Fußball-Verband, zu jedem Spiel von Canelas drei unabhängige Beobachter zu entsenden.
Nicht mehr bereit, die Gewalt hinzunehmen
Aus einem einfachen wie nachvollziehbarem Grund: Rund 90 Prozent der Schiedsrichter, die für Partien von Canelas als Unparteiische in Frage gekommen wären, hatten sich nach und nach für die Spiele der Mannschaft abgemeldet.
Sie waren nicht mehr bereit, sich der offen und unterschwellig ausgelebten Gewalt und Bedrohung, die von den Spielern des Klubs ausgeht, hinzunehmen. Da ist zum einen die mit rustikal noch schmeichelhaft umschriebene Spielweise des Teams.
Und da ist all das, was nicht auf dem Rasen passiert und fast noch schwerer wiegt. Denn das Gros der Mannschaft von Canelas 2010 setzt sich aus der Ultra-Gruppierung „Os Super Dragões“ zusammen, die dem FC Porto die gefürchtete Treue schwören.
Eine Ansammlung von Männern, die Präsident Jorge Nuno Pinto da Costa seit jeher als eine Art Leibgarde dienen. Auch und vor allem, als sich dieser im Jahr 2004 wegen Korruptions-Vorwürfen vor Gericht zu verantworten hatte. Eine Ansammlung von Männern, die 2006 nach einem Spiel gegen Rio Ave das Auto von Porto-Trainer Co Adrianse attackierten — mit dem Holländer hinter dem Steuer.
Eine Verschwörung?
Eine Ansammlung von Männern, über die Ex-Porto-Spieler Costinha sagte: „Am Tage haben sie uns Spieler eingeschüchtert. Am Abend saßen sie beim Dinner mit den Vereinsbossen.“ Und eine Ansammlung von Männern, die Erstliga-Schiedsrichter wie Jorge Ferreira in dessen Restaurant „besuchen“, um ihm mit Nachdruck mitzuteilen, wie wenig sie von seiner Leistung beim siegreichen Spiel von Portos Erzrivale Benfica hielten. Und der sich danach genötigt sah, einen Bodyguard anzuheuern.
Bei Canelas selbst sieht man die Sache naturgemäß anders. Ultra-Anführer und Canelas-Spieler Fernando Madureira, auch „der Affe“ genannt, etwa sagt: „Wir sind nicht aggressiv. Wir verfügen nur über mehr Leidenschaft, mehr Hingabe als die anderen Teams.“ Der Präsident des Vereins vermutet hinter dem Boykott der Eingeschüchterten schlicht eine „Verschwörung“.
Zwei abgefackelte Minibusse
Dass einem der Teams, welches maßgeblich für den Boykott geworben hat, und das in der Vergangenheit besonders unter Canelas zu leiden hatte, in der vergangenen Woche zwei Minibusse abgefackelt wurden? „Kein Zusammenhang“, so Canelas-Präsident Bruno Canastro: „Sollte das Gegenteil bewiesen werden, melden wir uns vom Ligabetrieb ab!“
13 von 14 Teams der Divisão de Elite würden darüber einen Feiertag erklären.