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Seite 2: Würde es ohne Bierhoff besser werden?

Als Haupt­ver­ant­wort­li­cher dafür steht Oliver Bier­hoff natur­gemäß im Zen­trum der Kritik, die Stim­mung richtet sich zuneh­mend gegen ihn – und Bier­hoff ver­fügt über das bemer­kens­werte Talent, diese Stim­mung durch toll­pat­schige Äuße­rungen immer noch weiter zu befeuern. Sein Inter­view mit der Welt“, mit dem er sich eigent­lich erklären und ver­tei­digen wollte, bewirkte genau das Gegen­teil. Dank einiger erstaun­lich däm­lich for­mu­lierter Pas­sagen ist der Ein­druck ent­standen, dass Bier­hoff auf Mesut Özil, den Schwächsten der Schwa­chen, ein­drischt, um sich selbst aus der Kritik zu schlei­chen. Das mediale Echo fiel so ver­hee­rend aus, dass sich der Manager der Natio­nal­mann­schaft im Inter­view beim ZDF zu einer Klar­stel­lung genö­tigt sah. Ich hoffe, dass es glaub­würdig rüber­kommt“, sagte er.

Bier­hoff hat Abitur gemacht, in seiner Zeit als Pro­fi­fuß­baller ein BWL-Stu­dium beendet, er kommt aus einem gut­bür­ger­li­chem Eltern­haus; trotzdem lässt er in seinen öffent­li­chen Äuße­rungen immer wieder ein gewisses Gespür ver­missen. Mitte Mai wurde bekannt, dass sich Mesut Özil und Ilkay Gün­dogan mit dem tür­ki­schen Prä­si­denten Recep Tayyip Erdogan, einem lupen­reinen Auto­kraten, getroffen hatten. Wenige Tage später wurde Bier­hoff bei der Bekannt­gabe des WM-Kaders mit diesem Thema kon­fron­tiert. Er erklärte, wie es zu dem Treffen gekommen war und sagte dann den Satz: Man muss auch ver­stehen, wie Türken dann auch ticken.“ Wen er damit meinte, war nicht ganz klar. Die beiden deut­schen Natio­nal­spieler Özil und Gün­dogan?

Wich­tiges, großes Asset“

Vor vier Jahren, in der Vor­be­rei­tung auf die WM in Bra­si­lien, hatte es bei einer Frei­zeit­ver­an­stal­tung der Natio­nal­spieler mit dem Renn­fahrer Pascal Wehr­lein einen schweren Unfall gegeben. Ein Tou­rist wurde schwer ver­letzt. Tags darauf gab es eine Pres­se­kon­fe­renz, bei der Bier­hoff den DFB ver­trat und bemerkte, dass es immer ein gewisses Rest­ri­siko bei sol­chen Akti­vi­täten gibt: Auch Rad­fahren in den Bergen ist gefähr­lich.“

Solche Aus­sagen bestä­tigen das Publikum nur in seinen Vor­ur­teilen gegen Bier­hoff. Zumal das deut­sche Fan­volk nie richtig warm geworden ist mit ihm. Er sagt halt Sätze wie: Man merkt schon, dass der neue DFB ein wich­tiges, großes Asset ist.“ Zieht die Natio­nal­mann­schaft wie bei der WM 2014 in ein Luxus­res­sort an der bra­si­lia­ni­schen Atlan­tik­küste, schreit die Nation auf, dass Bier­hoff den ver­wöhnten Lüm­meln extra ein Quar­tier bauen lasse (was nicht stimmte); fällt die Unter­kunft etwas karger aus wie jetzt in Watu­tinki, im Plat­ten­bau­gürtel rund um Moskau, ist Bier­hoff der schlimme Ver­sager, der es nicht schafft, für die Natio­nal­spieler Bedin­gungen zu schaffen, unter denen sie ihre beste Leis­tung abrufen können.

Fuß­ball­ferne Welt

Selbst als Spieler wurde Bier­hoff, seinen Erfolgen und Ver­diensten zum Trotz, allen­falls respek­tiert, aber nie wirk­lich geliebt. Dabei schoss der kan­tige Stürmer mit den Mal­ta­füßen die Natio­nal­mann­schaft 1996 zum EM-Titel und war später sogar Kapitän des Teams. Seine Kar­riere mit Umwegen über Öster­reich und die zweite ita­lie­ni­sche Liga ist eigent­lich eine klas­si­sche Auf­stei­ger­ge­schichte, wie sie das Publikum liebt. Aber Oliver Bier­hoff, Wer­be­figur für Haar­shampoo, hatte auch schon als Fuß­baller die Haare ein biss­chen zu schön. Dazu kommt er aus gutem Hause, einer ver­meint­lich fuß­ball­fernen Welt, und dass er sich nicht nur Gedanken macht, son­dern sie auch aus­drü­cken kann – allein das hat schon gereicht, um ihm dem Estab­lish­ment als ver­dächtig erscheinen zu lassen.

Man sollte bei der Beur­tei­lung seiner Person nicht ver­gessen, dass es Bier­hoff war, der vor der WM vor zu viel Selbst­ge­fäl­lig­keit gewarnt hat und dass er die ein­zige rele­vante Person aus dem DFB ist, die seit dem WM-Aus über­haupt öffent­lich greifbar war. Der Bun­des­trainer ist abge­taucht und wird in den nächsten Wochen ver­mut­lich auch nicht mehr auf­tau­chen, und Prä­si­dent Rein­hard Grindel dürfte ganz froh sein, dass Bier­hoff im Moment alle Pfeile auf sich zieht und seine eigene Rolle nicht näher beleuchtet wird. Nur Bier­hoff hat bisher öffent­lich Fehler zuge­geben, auch eigene; nur von ihm gibt es das kon­krete Bekenntnis zu Ver­än­de­rungen. Man sollte aller­dings nicht dem irrigen Glauben anhängen, dass alles auto­ma­tisch wieder gut wird, wenn nur Oliver Bier­hoff der Mann­schaft ihr National wieder vor­an­stellt.