Nach einem Last-Minute-Sieg beendet Fortuna Düsseldorf die Hinrunde auf einem Relegationsrang. Doch worin liegen eigentlich die Stärken und Schwächen des Teams?
Fortuna Düsseldorf fliegt in dieser Hinrunde unter dem Radar. Nachdem sie das Überraschungsteam der Saison 2018/19 waren, ist es um die Männer von Friedhelm Funkel in dieser Saison still geworden. Wie erwartet kämpft die Fortuna um den Abstieg. Nach dem 2:1‑Erfolg gegen Union Berlin ist es ihnen immerhin gelungen, auf dem Relegationsrang zu überwintern. Wie lief die Hinrunde von Fortuna? Was sind die Stärken, was sind die Schwächen der Mannschaft? Vier Erkenntnisse.
1. Fortuna sucht das Heil in der Defensive
In der vergangenen Saison hielt die Fortuna mit furiosem Konterfußball die Klasse. Auch in dieser Saison hat sich wenig verändert. Die Fortuna hat den zweitgeringsten Ballbesitzanteil der Liga (rund 44%), nur der FC Augsburg hat seltener den Ball (39%). Kompakt stehen, schnell umschalten: So lautet die Spielidee der Fortuna.
Während bei vielen Bundesligisten ein aggressives Pressing im Fokus steht, lässt die Fortuna es häufig passiver angehen. Phasenweise gehen auch sie vorne drauf; im Spielverlauf ziehen sie sich dann meist weit in die eigene Hälfte zurück. Keine Mannschaft lässt derart viele gegnerische Pässe zu pro versuchtem Zweikampf (16). Dieser Wert misst, wie aggressiv das Pressing eines Teams ist. In einer Liga der Pressingmonster ist die Fortuna die Ausnahme.
2. Funkel stellt seine Flexibilität unter Beweis
Old dog, new tricks: Dieses englische Sprichwort trifft auf Fortuna-Coach Funkel zu. Der 66-Jährige stellt seine Mannschaft von Woche zu Woche anders auf. Die englische Woche zum Ende der Hinrunde steht exemplarisch für die taktische Variablität der Düsseldorfer: Beim 0:3 gegen RB Leipzig liefen sie in einem 5−4−1 auf, beim 0:3 gegen Augsburg in einer 4−2−3−1, gegen Union Berlin wiederum in einem 4−3−3.
Funkel versucht, seine Mannschaft auf den Gegner einzustellen. Die Ergebnisse der vergangenen Woche zeigen, dass ihm das nicht immer gelingt. Gerade wenn der Gegner überlegen ist, fehlt der Fortuna manches Mal ein alternativer Plan, um in eine Partie zurückzufinden. Doch Funkel versucht auch in schwierigen Phasen, von Spiel zu Spiel Impulse zu setzen für sein Team.
3. Leere im Spielaufbau
Auch wenn die Fortuna im Vergleich zu anderen Bundesligisten wenig Ballbesitz hat: Sie versuchen, die eigenen Ballbesitz-Phasen konstruktiv auszuspielen. Sie lassen den Ball lange durch die Abwehr laufen, ehe der Ball nach vorne getragen wird. Der Großteil der Angriffe wird über die rechte Seite gefahren (43%).
Eine Schwachstelle im Spielaufbau ist das zentrale Mittelfeld. Hier fehlt es durch die Verletzung von Kevin Stöger an spielerischer Qualität. Der von Chelsea ausgeliehene Lewis Baker füllte diese Lücke allenfalls zu Saisonbeginn aus, danach saß er die meiste Zeit auf der Bank. Die Fortuna muss deshalb das Mittelfeld häufig überspielen oder den Weg über die Flügel suchen.
Das erhöht wiederum den Druck auf die Innenverteidiger. Abwehrchef Kaan Ayhan ist der wichtigste Aufbauspieler der Fortuna. Er spielt pro Partie rund doppelt so viele Pässe wie jeder Düsseldorfer Mittelfeldspieler. Das macht die Fortuna ausrechenbar – und anfällig für Formschwankungen. Erwischt Ayhan einen schwachen Tag, wackelt der Spielaufbau der Fortuna gewaltig.
4. Alle Bälle zu Hennings
Ayhan ist aber keineswegs der wichtigste Fortuna-Akteur, sondern mit großem Abstand Rouwen Hennings. Ohne seine elf Treffer stünde der Klub tief im Schlamassel. Derzeit trifft er aus allen Lagen. Das bewies sein Treffer gegen Union Berlin, als er den Ball mit einer Direktabnahme aus unmöglichem Winkel ins Toreck zimmerte.
Diese Abhängigkeit hat auch ihre Schattenseiten. Hennings hat elf der insgesamt nur 18 Saisontreffer der Fortuna erzielt. Das gesamte Spiel im letzten Drittel ist darauf abgerichtet, den Ball zum Stürmer zu befördern. Alternative Pläne, im Strafraum ein Tor zu erzielen? Fehlanzeige.
Daher ist die Fortuna das Team mit den zweitwenigsten Torschüssen; nur Hertha BSC schoss seltener auf den Kasten. Die Hälfte ihrer Schüsse geben die Düsseldorfer zudem außerhalb des Strafraums ab. Erwischt Hennings einen schwachen Tag, versprüht die Fortuna im Sechzehner gar keine Gefahr. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie bisher nur drei Tore nach ruhenden Bällen erzielen konnten.
Wie Düsseldorfs Rückrunde läuft, hängt nicht unwesentlich davon ab, ob Hennings seine Form halten kann. Fortunas Schicksal ist von seinen Toren bestimmt. Gegen Union Berlin ging der Plan auf: Hennings war Motor seiner Mannschaft beim wichtigen 2:1‑Erfolg. Der lässt die Düsseldorfer aufatmen angesichts des drohenden Abstiegskampfs.