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Das 327. Wiener Derby vom 16. Sep­tember war eines für die Geschichts­bü­cher. Nicht wegen des Spiels, das Gast­geber Rapid etwas unglück­lich mit 0:1 gegen die Aus­tria verlor. Eher wegen des Nach­spiels: Etwa zehn Minuten nach dem Schluss­pfiff über­stiegen rund 30 Kra­wall­ma­cher aus dem Rapid-Lager die Absper­rungs­zäune und stürmten über das Spiel­feld zum Gäs­te­block. Zudem feu­erten sie ein Pyro-Geschoss in Rich­tung Tri­bünen. Auch solche Vor­fälle sind beim ewigen Duell zwi­schen Grün-Weiß und Vio­lett eigent­lich keine Sel­ten­heit. Doch diesmal sollten die Derby-Kra­walle his­to­ri­sche Maß­nahmen nach sich ziehen – nicht unmit­telbar, aber mit einiger Ver­zö­ge­rung.

Vor­sichtig for­mu­liert, war es nicht das erste Mal, dass Teile des grün-weißen Anhangs die Kon­trolle über sich selbst ver­loren hatten. Ent­spre­chend dras­tisch würde nun die Bestra­fung für Rapid aus­fallen – dachten viele. Umso größer war das Erstaunen, als der Straf­senat“ der öster­rei­chi­schen Bun­des­liga sein Urteil ver­kün­dete: schlappe 30.000 Euro Geld­buße, gegen die Rapid-Prä­si­dent Michael Krammer prompt einen Ein­spruch ankün­digte. Lokal­ri­vale Aus­tria schäumte, zumal man die Rapidler schon lange ver­däch­tigt, untätig zu sein beim Ver­folgen und Sank­tio­nieren von Radau-Brü­dern. In einem offenen Brief erklärte der FK Aus­tria, die laschen Sank­tionen sei­tens der Liga seien keine Signale, um der­ar­tige Vor­fälle in Zukunft zu ver­hin­dern“. 

In Deutsch­land traf es Waldhof Mann­heim

Zudem pran­gerten die Vio­letten an, dass an jenem 16. Sep­tember einmal mehr Prot­ago­nisten pro­mi­nent in Erschei­nung traten, die eigent­lich schon bei den Derbys zuvor klare Grenzen über­schritten hatten und dafür offenbar nicht ent­spre­chend sank­tio­niert wurden“. Auch der Rest der leid- und kra­wall­ge­prüften öster­rei­chi­schen Bun­des­liga hatte offenbar die Schnauze voll. Bei einer Kon­fe­renz aller Klubs beschloss der Liga-Ver­band, beim Öster­rei­chi­schen Fuß­ball-Bund (ÖFB) den Antrag zu stellen, ab der Saison 2019/20 für schwere bzw. wie­der­holte Fan-Aus­schrei­tungen einen Punk­te­abzug in den Stra­fen­ka­talog auf­zu­nehmen. Die Zähler sollen jenen Klubs, denen die Kra­wall­ma­cher zuzu­rechnen sind, dann jeweils in der dar­auf­fol­genden Saison gestri­chen werden.

Auch in Deutsch­land kann dras­ti­sches Fehl­ver­halten ein­zelner Fan­szenen vom Deut­schen Fuß­ball-Bund (DFB) mit Punkt­ab­zügen geahndet werden. Wurde es sogar schon: Im Sommer traf es den Regio­nal­li­gisten SV Waldhof Mann­heim, dessen Anhänger Ende ver­gan­gener Saison in einem Auf­stiegs­spiel zur 3. Liga gegen den KFC Uer­dingen schwere Kra­walle ange­zet­telt und sogar einen Spiel­ab­bruch her­bei­ge­führt hatten. Waldhof musste dar­aufhin mit einem Drei-Punkte-Abzug in die lau­fende Saison starten. Die Vor­fälle waren exor­bi­tant schwer“, begrün­dete Achim Späth, Vor­sit­zender des DFB-Bun­des­ge­richts, das Urteil, mit dem er offenbar ein Exempel sta­tu­ieren wollte: Ein Abzug von drei Punkten ist not­wendig und ange­messen. Wir gehen damit neue Wege.“ Waldhof will jedoch bis zur letzten Instanz gegen diese Bestra­fung vor­gehen. Der Aus­gang ist der­zeit unge­wiss.

2013 schreckte der DFB in einem pro­mi­nen­teren Fall davor zurück, einen Klub wegen mas­siver und wie­der­holter Fan-Aus­schrei­tungen mit Punkt­ab­zügen zu belegen. Damals hatten Anhänger des Bun­des­li­gisten Ein­tracht Frank­furt im Aus­wärts­spiel bei Bayer Lever­kusen im Gäs­te­block so schwer ran­da­liert und gezün­delt, dass diese Maß­nahme öffent­lich dis­ku­tiert wurde. Letzt­lich habe die Ver­bands-Gerichts­bar­keit einen Punkt­abzug jedoch aus grund­sätz­li­chen Über­le­gungen nicht erwogen, weil man mit einem Urteil wegen Zuschauer-Aus­schrei­tungen nicht in den sport­li­chen Wett­be­werb ein­greifen will“, wie Hans E. Lorenz, der Vor­sit­zende des DFB-Sport­ge­richts, damals gegen­über dem kicker“ erklärte.

In Grie­chen­land dagegen weiß man sich nicht mehr anders zu helfen. In der ver­gan­genen Saison traf es sogar einen der ganz, ganz großen Klubs: Rekord­meister Olym­piakos Piräus wurde mit einem sofor­tigen Abzug von drei Zäh­lern belegt, weil seine Anhänger unter anderem den Mann­schaftsbus des Rivalen AEK Athen mit Steinen und Stahl­ku­geln beworfen hatten. Die Olym­piakos-Fans galten als Wie­der­ho­lungs­täter. Dieser Umstand und die Schwere der Aus­schrei­tungen ver­an­lassten die zustän­digen Ver­bands­richter, eine der­artig dra­ko­ni­sche Strafe aus­zu­spre­chen. PAOK Salo­niki kas­sierte wegen wie­der­holter Kra­walle seiner Fan­szene sogar einen Fünf-Punkte-Abzug – drei Zähler wurden dem Klub noch wäh­rend der zurück­lie­genden Saison gestri­chen, zwei wei­tere für die der­zeit lau­fende Spiel­zeit 2018/19.

Nur Rapid stimmt gegen den Beschluss

Öster­reich zieht nun nach. Ab der nächsten Spiel­zeit sind dort ähn­lich dras­ti­sche Maß­nahmen wie in Grie­chen­land zumin­dest mög­lich. Sei­tens des Liga-Ver­bandes hofft man vor allem auf die abschre­ckende Wir­kung – und damit auf weniger Ran­dale, vor allem bei den Wiener Derbys. Dem Ver­nehmen nach stimmte übri­gens nur ein ein­ziger Verein der alpen­län­di­schen Bun­des­liga gegen die Erwei­te­rung des Sank­tions-Rah­mens: Rapid Wien. Markus Kraet­schmer, Vor­stand des Lokal­ri­valen Aus­tria, zeigte sich dagegen sehr zufrieden“ über den Mehr­heits­be­schluss, weil die Ver­gan­gen­heit gezeigt hat, dass hier Hand­lungs­be­darf besteht. Des­halb wurde der Stra­fen­ka­talog um den Punk­te­abzug als letztes Mittel erwei­tert.“