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Selten trug ein Pokal seine Bestim­mung so osten­tativ im Namen. Um den Wett­büros in Mit­tel­eu­ropa auch im spiel­freien Sommer das Geschäft zu sichern, ersannen der Schweizer Ernst Thommen und der Öster­rei­cher Karl Rappan den Inter­toto Cup. Erst­mals aus­ge­tragen wurde er 1961.

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Ins­be­son­dere Thommen würde man heute beschei­nigen, durchaus auch im eigenen Inter­esse gehan­delt zu haben. Der spä­tere Vize-Prä­si­dent der FIFA war näm­lich an einem Schweizer Wett­büro betei­ligt. Dem euro­päi­schen Ver­band UEFA war der allzu mer­kantil geprägte Cup zunächst nicht ganz geheuer, der Inter­toto Cup star­tete außer­halb der Ver­bands­ver­ant­wort­lich­keit.

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In den ersten Jahren gab es stets noch einen Gewinner. 1962 etwa wurde Ajax Ams­terdam durch einen Sieg gegen den hol­län­di­schen Rivalen Feye­noord erster Sieger des Inter­toto Cups. Nach fünf Jahren jedoch wurde der allei­nige Sieger abge­schafft, der simple Grund: Es wurde zu kom­pli­ziert, in der kurzen Som­mer­pause Final­spiele zu orga­ni­sieren.

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Dass dem Inter­toto Cup nie allzu großer Stel­len­wert bei­gemessen wurde, ist unschwer daran zu erkennen, dass bis heute zahl­reiche End­ergeb­nisse diverser Cup-Par­tien unklar sind. Wie ging etwa 1985 das Spiel zwi­schen Aarau und Cher­no­mo­rets aus? 3:3, wie unter anderem das Sport­ma­gazin »Kicker« behauptet, oder 0:6, wie das Jahr­buch »Futbal 85÷86« aus Bra­tis­lava die Partie listet.

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Manch einem Klub bedeu­tete die Teil­nahme aller­dings viel: Dem SK VÖEST Linz war es vor­be­halten, 1971/72 im Inter­toto-Som­mer­be­werb den ersten Gesamt­sieg einer teil­neh­menden öster­rei­chi­schen Mann­schaft sicher­zu­stellen. Auch wenn die Linzer nur eine von vielen Gewin­nern waren.

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Und sage keiner, der Inter­toto Cup habe keine großen Emo­tionen her­vor­ge­rufen. Im Vor­lauf der Saison 1977/78 gas­tierte Ein­tracht Frank­furt bei Wacker Inns­bruck und geriet in einen Hexen­kessel. Ins­be­son­dere Keeper Jupp Koitka wurde immer wieder mit Steinen beworfen. Was den Sta­di­on­spre­cher aller­dings ledig­lich zu der höf­lich vor­ge­tra­genen Bitte ver­an­lasste, doch »das Stei­ne­schießen auf den Frank­furter Keeper ein­zu­stellen«. Koitka brauchte sicht­lich Zeit, um den nicht ganz unge­fähr­li­chen Stein­hagel zu ver­ar­beiten: »Ich dachte, mich trifft der Schlag.«

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Ein anderes Ein­tracht­spiel geriet weitaus weniger hitzig. Andreas Hor­nung war einer der Ein­tracht-Anhänger, die 1995 zum Inter­toto Cup in die bul­ga­ri­sche Stadt Plowdiw reisten. »Wir flogen nach Sofia. Von da aus ging es mit dem Miet­wagen inklu­sive Dol­met­scher nach Plowdiw, schließ­lich brauchten wir jemanden, der uns alles über­setzen konnte. Wir waren genau sechs Ein­tracht-Fans im Block.«

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Für die Spieler des FC Karl-Marx-Stadt wäre der Aus­flug zum Inter­toto-Cup-Spiel in Buda­pest bei­nahe sehr teuer geworden. Die Spieler hatten Bier­fla­schen im Wasch­be­cken bei lau­fendem Wasser gekühlt und waren dann zum Ein­kaufs­bummel in die Stadt gegangen. Dum­mer­weise lösten sich dar­aufhin die Eti­ketten und ver­stopften den Abfluss. Als die Spieler zurück­kehrten, stand das Hotel­zimmer schon unter Wasser.

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Der Inter­toto Cup 1965/66 geriet zu einem Stell­dichein der DDR-Mann­schaften. Gleich vier Mann­schaften, Empor Ros­tock, Chemie Leipzig, Motor Jena und der SC Leipzig. Letz­terer gewann dann auch das Tur­nier, aller­dings dann schon unter neuem, sehr fort­schritt­li­chem Namen: Loko­mo­tive Leipzig.

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Die dra­ko­nischste Strafe gegen einen UI-Cup-Teil­nehmer sprach die UEFA gegen den pol­ni­schen Klub Legia War­schau aus. Dessen Anhänger hatten 2007 wäh­rend des Spiels beim litaui­schen Ver­treter Vėtra Vil­nius ran­da­liert, Sitze, Flucht­tore und trans­por­table Toi­letten wurden demo­liert und Poli­zisten mit Eisen­stangen bedroht. Nach 45 Minuten wurde die Partie abge­bro­chen, War­schau wurde für zwei Jahre für alle euro­päi­schen Wett­be­werbe gesperrt.

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Nicht immer herrscht großer Jubel, wenn die Qua­li­fi­ka­tion für den UI-Cup näher rückt. Manch ein Spieler sieht durch den Som­mer­pausen-Pokal lang­fristig geplante Auf­ent­halte in Ferien-Resorts gefährdet. So wie Simon Rolfes, der in der letzten Saison ange­sichts einer nicht enden wol­lenden Schwä­che­pe­riode seiner Lever­ku­sener unkte: »Wir sind uns bewusst, dass wir dabei sind, unseren Urlaub zu ver­spielen. Ganz klar: So droht der UI-Cup.« So gesehen haben die Lever­ku­sener noch mal Glück gehabt.

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Noch deut­li­cher wurde eigent­lich nur noch Ailton. Der hatte sich nach dem Wechsel zum FC Schalke das Diktum des Schalker Mana­gers Rudi Assauer zu eigen gemacht, der den UI-Cup gerne als »Döner-Cup« ver­un­glimpfte. »Ent­weder kommt Schalke direkt in den Uefa-Cup oder gar nicht. Auf den UI-Cup habe ich keine Lust«, zitierte ihn die »Sport­bild«. »Der UI-Cup gehört abge­schafft. Kein Fuß­baller mag diesen Wett­be­werb.« Später, als er dann tat­säch­lich im UI-Cup ran musste, rela­ti­vierte er: »UI-Cup ist nicht schön. Doch auf Schalke ist das nicht so schlimm. Weil da die Hütte voll und wahn­sin­nige Stim­mung ist!« So wirk­lich über­zeugt klang das noch nicht.

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Beim Ham­burger SV hin­gegen galt zwi­schen­durch sogar der Gedanke an den UI-Cup als über­heb­lich. Als in der pre­kären Saison der HSV wochen­lang auf einem Abstiegs­platz her­um­lun­gerte, Klub­ma­nager Bernd Weh­meyer aber den­noch für den UI-Cup mel­dete, bekam Weh­meyer dafür gleich einen Ein­lauf aus der Spie­le­recke: »Wenn ich diesen Käse höre von UI-Cup«, knurrte Abwehr­mann Bas­tian Rein­hardt. »Alles andere als Abstiegs­kampf ist für uns doch über­haupt kein Thema.«

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Einer wurde in Deutsch­land durch den UI-Cup berühmt: Eduard »Edi« Glieder, Stürmer beim öster­rei­chi­schen Pro­vinz­klub SV Pasching. Glieder schoss näm­lich im Halb­fi­nale des UI-Cups 2003 gegen Werder Bremen bei einem schier unglaub­li­chen 4:0‑Heimsieg für Pasching zwei Tore. Offenbar nur auf­grund dieser Leis­tung ver­pflich­tete der FC Schalke Glieder für die fol­gende Saison, in der es der gebür­tige Grazer immerhin auf 16 Spiele und zwei Tore brachte.

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In Groß­bri­tan­nien gilt der UI-Cup ganz prin­zi­piell nicht als satis­fak­ti­ons­fähig. Und so musste man in der Ver­gan­gen­heit stets weit in der Tabelle hin­un­ter­bli­cken, um den dies­jäh­rigen UI-Cup-Qua­li­fi­kanten her­aus­zu­finden. So lan­dete in der Saison 2001/2002 doch der Auf­steiger FC Fulham im Teil­neh­mer­feld, die Lon­doner waren in der Liga gerade mal 13. geworden.

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Wo wir nun schon seit Punkt 11 so unver­mit­telt vom UI-Cup reden. 1995 rang sich die UEFA nach Jahr­zehnten end­lich durch, den Pokal­wett­be­werb unter ihre Fit­tiche zu nehmen. Prompt ging es nicht mehr nur noch um die Ehre und Antritts­gelder, son­dern um zwei Start­plätze im UEFA-Cup. Und wie von der PR-Abtei­lung der UEFA bestellt, mar­schierte gleich einer der ersten beiden Sieger, näm­lich Giron­dins Bor­deaux bis ins UEFA-Cup-Finale durch.

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Andere bri­ti­sche Klubs trafen Maß­nahmen, um gar nicht erst in Ver­su­chung geführt zu werden. Der schot­ti­sche Pre­mier-League-Klub Inver­ness Cale­do­nian Thistle FC hätte eigent­lich am 15. Juli 2007 in die 2. Runde des UI-Cups ein­steigen sollen. Weil aber im Klub nie­mand auch nur die geringste Lust auf den Loser-Cup ver­pürte, wurde das Sta­dion für diesen Tag ein­fach an die Ver­an­stalter eines Elton-John-Kon­zerts ver­mietet. Und Graeme Ben­nett, der Prä­si­dent, gab zu Pro­to­koll: »Schon letzte Saison war es eine Zit­ter­partie, ob es uns über­haupt reicht für den Inter­toto Cup. Diesen Stress wollen wir nicht noch­mals durch­ma­chen.«

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Der refor­mierte »UEFA Inter­toto Cup«, wie der Wett­be­werb nun offi­ziell hieß, wurde in den Fol­ge­jahren zu einer Domäne der Fran­zosen. Unter den Gewin­nern der Fol­ge­jahre tum­melten sich der RC Stras­bourg und EA Guingamp, 1997 erreichten sogar alle vier fran­zö­si­schen Teil­nehmer die End­spiele, am Ende ergat­terten der AJ Auxerre, der SC Bastia sowie Olym­pique Lyon­nais die mitt­ler­weile drei Start­plätze für den UEFA-Cup.

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Zum Wesen des Cups gehörte, dass in fast jedem Jahr ein oder zwei ost­eu­ro­päi­sche Teams mit schier unaus­sprech­baren Namen teil­nahmen, gegen die selbst der Dau­er­brenner Uni­ver­si­tatea Craiova leicht zu arti­ku­lieren war. Von FK Nap­redak Kruševac (1980) über Tata­bánya Bányász (1991) bis hin zu Pirin Bla­goev­grad (1978).

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Weithin unbe­kannt: Es war der Inter­toto Cup, der Carmen Thomas um ein große Kar­riere im ZDF-Sport­studio brachte. Hätte der FC Schalke nicht gerade in dieser Woche im Inter­toto Cup gegen Stan­dard Lüt­tich ver­loren, hätte er nicht erwähnt werden müssen, und schon gar nicht in der Vari­ante »Schalke 05«.

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Bei inner­deut­schen Duellen bekle­ckerten sich die Bun­des­li­ga­mann­schaften nicht immer mit Ruhm. Am 6. Juli 1985 verlor For­tuna Düs­sel­dorf das Inter­toto-Spiel bei Rot-Weiß Erfurt mit 1:6. 26 000 Zuschauer im aus­ver­kauften Sta­dion höhnten: »Profis, Profis, hahaha!«

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Und noch eine deutsch-deut­sche Begeg­nung. Die Partie von Hansa Ros­tock am 8. Juli 1989 im Inter­toto Cup bei B 1903 Kopen­hagen nutzte Axel Kruse zur Flucht. Er fuhr erst nach Ham­burg, Freunde brachten ihn dann nach West­berlin. Kruse wurde zunächst gesperrt, dann aber für eine Ablöse von 250 000 Mark an den DDR-Fuß­ball­ver­band begna­digt.

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Für Anhänger von Arminia Bie­le­feld war der Inter­toto Cup 1983 die ein­zig­ar­tige Mög­lich­keit, inter­na­tio­nale Spiele der Arminia zu sehen. Also reisten Bernd Foest und einige andere Anhänger ins bul­ga­ri­sche Wraza (»Im Sta­dion in Wraza haben Torsten und ich die große Arminen-Fahne aus­ge­breitet, auf die einige Botew-Fans aus­ge­rechnet ihre Pis­ta­zi­en­kerne spu­cken müssen.«) und nach Bryne nahe Sta­vanger (»Wir steigen zu Peter Pape und Her­mann Bege­mann in den Manta. Im Gepäck nur ein Akten­koffer mit Ersatz­hose, Ersatz­trikot und Bade­hose.«).

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Time to say goodbye: Der UEFA-Cup wird ab der Saison 2009/10 grund­le­gend refor­miert, statt der der­zei­tigen acht Fün­fer­gruppen mit nur je einem Spiel soll es ab 2009 nach einigen Qua­li­fi­ka­ti­ons­runden zwölf Gruppen à vier Mann­schaften geben. Für den UI-Cup ist dann kein Platz mehr. 

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Inso­fern eine große Ehre für den VfB Stutt­gart, Spa­lier zu stehen, wenn der UI-Cup zu Grabe getragen wird. Schön auch, dass die Stutt­garter zum letzten Mal eine ganz typi­sche Inter­toto-Erfah­rung machen werden. Denn der VfB trifft in der 3. Runde des Pokals auf den Sieger der Spiele zwi­schen Saturn Ramens­koje und dem Sieger der Spiele zwi­schen Etzella Ettel­brück und Olimpi Rustawi.