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Irgendwo im fernen Eng­land saß Stan Col­ly­more (48), der eins­tige Pre­mier-League-Star, und konnte kaum fassen, was er da erblickte: die neue Anti-Ras­sismus-Kam­pagne der für Affen­laute und Nazi-Trans­pa­rente berühmten und berüch­tigten ita­lie­ni­schen Serie A. Die Prot­ago­nisten sind – drei Affen. Genauer gesagt, drei Schim­pansen, deren Haut- und Augen­farben sich nuan­ciell von­ein­ander unter­scheiden. Die Bot­schaft dahinter („Irgendwo sind wir doch alle Affen“) lässt sich natür­lich erahnen. Und den­noch ver­passt einem das im Popart-Stil gestal­tete und mit No To Racism“ über­ti­telte Sujet ein dumpfes Gefühl in der Magen­ge­gend. Min­des­tens.

Ein­fach nach­schwärzen

Stan Col­ly­more, der heute als TV-Experte tätig ist, kom­men­tierte das Ganze auf Twitter mit bei­ßenden Sar­kasmus: Es ist fan­tas­tisch, das Ras­sismus-Kam­pa­gnen-Poster der Serie A zu sehen (ja, es ist wirk­lich echt).“ Viel­leicht, so Col­ly­mores Anre­gung, könne man das Werk ja noch ver­fei­nern, indem man die Gesichter der Pri­maten etwas nach­schwärze. Ironie off.

Der Umgang Ita­liens mit seinem gewal­tigen Ras­sismus-Pro­blem (nicht nur im Fuß­ball) wirft immer wieder Fragen auf. So belehrten die Ultras von Inter Mai­land ihren dun­kel­häu­tigen Stürmer Romelu Lukakau dahin­ge­hend, dass die von geg­ne­ri­schen Fans gegen ihn vor­ge­brachten Affen­laute kei­nes­falls ras­sis­tisch moti­viert seien – son­dern nur ein (nach­voll­zieh­barer) Ver­such, ihn vor dem Tor nervös zu machen. Der Cor­riere dello Sport“ ging das Pro­blem Ras­sismus an, indem man Lukaku und den eben­falls dun­kel­häu­tigen Roma-Star Chris Smal­ling aufs Cover hob und (min­des­tens unsen­sibel) titelte: Black Friday“ – die so ange­kün­digte Partie zwi­schen Inter und der AS Rom war ja schließ­lich ein Frei­tags­spiel.

Geis­tes­blitz“

Und jetzt das: Da rea­li­siert die Serie A end­lich (auch auf inter­na­tio­nalen Druck hin), dass man ein echtes Zei­chen gegen Ras­sismus setzen muss, und dann kommt sie mit einer Kam­pagne um die Ecke, die sprach‑, fas­sungs- und fast ein wenig hoff­nungslos macht. Man könnte (Ach­tung: Ironie) beide Hände vors Gesicht schlagen wie der häufig genutzte Emoji-Affe. Natür­lich sollte man dem Künstler Simone Fugaz­zotto („Der Affe ist der Geis­tes­blitz, der uns auf­zeigt, dass es keine Unter­schiede gibt, es gibt keine Affen oder Men­schen, wir sind alle gleich“) gute Absichten unter­stellen. Zumal die Kam­pagne, nach jah­re­langer Taten­lo­sig­keit, offenbar unter mas­sivem Zeit­druck ent­standen ist. Aber – aus­ge­rechnet Affen?

Die beab­sich­tigte Bot­schaft kommt so gar nicht an, auch die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs-Initia­tive Fare“ läuft Sturm gegen das völlig ver­un­glückte Sujet: Diese Schöp­fung ist ein Affront, sie ist kon­tra­pro­duktiv und wird die Ent­mensch­li­chung von Men­schen mit afri­ka­ni­schem Back­ground for­cieren. Es ist schwierig nach­zu­voll­ziehen, was die Serie A sich dabei gedacht hat. Wer hat sie hier beraten? Es ist jetzt an der Zeit, dass die pro­gres­siven Klubs in der Liga ihre Stimme erheben.“

Nicht der rich­tige Weg

Als Erste mel­dete sich die AS Roma, die als Vor­rei­terin auf diesem Gebiet gilt. Der Klub erklärte sich via Twitter sehr über­rascht, im Social Media das zu sehen, was scheinbar eine Anti-Ras­simus-Kam­pagne der Serie A sein soll, mit einer zeich­ne­ri­schen Dar­stel­lung von Affen. Wir nehmen an, dass die Serie A auf diese Weise ver­sucht, den Ras­sismus zu bekämpfen“, attes­tierten die Gial­lo­rossi“ (Gelb-Roten), aber: Wir glauben nicht, dass dies der rich­tige Weg ist.“

Der Kam­pa­gnen-Krea­teur Simone Fugaz­zotto erklärt, er habe sich ent­schieden, Affen zu zeichnen, um das Pro­blem Ras­sismus zu behan­deln, weil Affen die Meta­pher für Men­schen sind“. In rechts­ra­di­kalen Kreisen aber sind die Pri­maten eher ein Sinn­bild für ver­meint­liche Unter­men­schen. Genau des­halb feiern ein­ge­fleischte Ras­sisten das Werk im Netz mit unver­hoh­lener Scha­den­freude.

Keine Ein­sicht bei der Liga

Serie-A-Chef Luigi De Siervo sieht die Kam­pagne den­noch als unein­ge­schränkt gelungen an und bezeichnet sie als außer­ge­wöhn­li­ches Instru­ment, um posi­tive Bot­schaften, Fair­play und Tole­ranz zu ver­breiten. Wir wissen, dass Ras­sismus ein hier ansäs­siges und sehr kom­plexes Pro­blem ist, das wir auf drei Ebenen angehen wollen: der kul­tu­rellen, mit Werken wie dem von Simone Fugaz­zotto, der sport­li­chen, durch gemein­same Initia­tiven unserer Ver­eine und Spieler, und durch Repres­sionen.“

Es tut sich also was in Ita­liens Serie A, könnte man hoff­nungs­froh meinen. Doch ein Blick auf die drei Affen lässt erahnen: So ganz haben sie das Pro­blem Ras­sismus dort noch immer nicht ver­standen.