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Es wurde viel geschrieben und noch mehr geredet über Borussia Dort­mund. Über den fri­schen, jugend­li­chen Stil der Klopp-Truppe, das freche, nass­for­sche Auf­treten der blut­jungen Elf. Und ja, es wurde auch viel über diese so genannte neue Spie­ler­ge­nera­tion gespro­chen. Über Hum­mels, Schmelzer, Subotic und Co., alle­samt aus­ge­stattet mit Manieren, die selbst bei Staats­ban­ketts für aner­ken­nendes Raunen sorgen würden. Auf­ge­räumt wirken sie, diese Dort­munder, freund­lich sowieso, sou­verän natür­lich, kurzum: vor­bild­lich.

Mit­unter, etwa nach dem bla­ma­blen Aus­scheiden aus der Cham­pions League, wurde ihnen diese Form des Auf­tre­tens auch als Fehler aus­ge­legt. Zu nett für den Spit­zen­fuß­ball sei der BVB, hieß es da. Nie­mand will leugnen, dass der BVB in dieser Saison mal wieder den atem­be­rau­bendsten Fuß­ball der Liga spielt. Die Mann­schaft ist seit 24 Spielen unge­schlagen, Pokal­fi­na­list, so gut wie neuer Deut­scher Meister, Gigan­ten­du­ell­sieger, eine Mann­schaft der Super­la­tive, eine Erfolgs­team, das man irgendwie mögen muss. Sogar in Gel­sen­kir­chen soll so man­cher Kie­bitz schon lobende Worte für die Schwatt-Gelben gefunden haben. So weit ist es also schon gekommen. Doch das ist leider nur die eine Seite der Medaille, denn in dieser Saison ist der BVB auf einem guten Weg, viele Sym­pa­thien wieder zu ver­spielen.

Der BVB muss das Siegen erst noch lernen

Mitt­woch, 11. April 2012, 21:47 Uhr. Soeben hat Arjen Robben im Spit­zen­spiel gegen den BVB einen Elf­meter ver­schossen. Das West­fa­len­sta­dion explo­diert. Es ist der Moment, der dieses Spiel, der wahr­schein­lich diese Saison ent­scheidet. Ein emo­tio­naler Höhe­punkt für jeden, in dessen Blut schwarz-gelbe Par­tikel lagern. Für Arjen Robben, für den FC Bayern ist es der Moment der größt­mög­li­chen Demü­ti­gung. Das Spiel, die Atmo­sphäre, der Show­down-Cha­rakter, all das kul­mi­niert in diesem einen Augen­blick, die Welt schrumpft für Nano­se­kunden auf die Größe eines Gesichts­aus­druck zusammen. Kameras zoomen auf Arjen Robben. Er schließt die Augen, er will das alles nicht sehen. In ihm herrscht Stille. 

BVB-Ver­tei­diger Neven Subotic stürmt auf Arjen Robben zu und brüllt ihm hämisch ins Gesicht. Bas­tard“, kann man von seinen Lippen lesen, wenn man es denn lesen möchte. Was er genau gebrüllt hat, weiß war­schein­lich nicht Mal Arjen Robben. Ganz sicher aber ist, dass er nicht sagte: Ich habe keinen Bock auf Schwalben“, wie er es später im Field­in­ter­view mit einem Kon­fir­man­den­grinsen zu Pro­to­koll gibt. Abge­sehen davon, dass es keine Schwalbe von Robben war, gibt es viele Aus­reden für diesen unfaire Art mit dem Moment des eige­nenn Tri­umph umzu­gehen. Allein, es macht das Ganze nicht besser.

Für den BVB ist diese 86. Minute der Moment des größt­mög­li­chen Erfolgs. Ein Moment, den man für sich alleine genießen kann, den man in den Armen der Mit­spieler feiern oder sich für die spä­tere Party im Ent­mü­dungs­be­cken abspei­chern kann. Doch es ist eben auch der Moment, in dem man auf dem Fuß­ball­feld wahre Größe zeigen kann. Nein, in dem man wahre Größe zeigen muss. Denn diese sport­liche Größe zeigt sich nicht nur in der Nie­der­lage, wenn man dem Geg­nern grimmig gra­tu­liert, son­dern auch im Augen­blick des Tri­umphs, wenn man mit seiner Euphorie haus­halten muss. Zumin­dest dann, wenn man eines Tages als große Mann­schaft wahr­ge­nommen werden will. Denn eine große Mann­schaft zeichnet eben auch aus, dass sie richtig gewinnen kann.

Es ist wahr­lich ein schmaler Grat, in so einer von vielen Seiten auf­ge­heizten Situa­tion ange­messen zu reagieren. Vor allem dann, wenn man bis an die Aug­äpfel mit Adre­nalin voll­ge­pumpt ist, offenbar ein 90-minü­tiger Dau­er­zu­stand des BVB. Adre­nalin ist die Trieb­feder dieser Mann­schaft. Aber es ist eben auch ein Teu­fels­zeug, denn es lässt mit­unter den Ver­stand aus­setzen. Und ohne Ver­stand ist jeder Mus­ter­schüler nur einen Schritt vom Pri­maten ent­fernt.

Man kann Größe von den Geg­nern lernen

Das Bedenk­liche ist, dass der BVB seine Chance, wahre Größe zu zeigen, zum wie­der­holten Mal ver­fehlt hat. Zu prä­sent sind noch die Szenen vom DFB-Pokal-Halb­fi­nale gegen den Zweit­li­gisten Greu­ther Fürth, der den BVB bis zur 120. Minute zur Weiß­glut trieb, ehe Ilkay Gün­dogan per Pike­schuss den glück­li­chen Sieg­treffer erzielte. Auch damals beschränkte sich der BVB nicht auf die eigene Freude über den Erfolg. Kevin Groß­kreutz lachte Gerald Asa­moah aus, Jürgen Klopp ver­höhnte Fürth-Coach Mike Büs­kens mit Wech­sel­gesten, im Anschluss grölte die Mann­schaft in der Kabine kol­lektiv: Tor­wart­wechsel, Tor­wart­wechsel“. Zur bes­seren Ein­ord­nung: Damals siegte der Tabel­len­führer der ersten Liga denkbar glück­lich gegen den Spit­zen­reiter aus Liga zwei. Ein sou­ve­räner Umgang mit dem eigenen Erfolg sieht anders aus.

Na klar, dem Sieger kann es am Ende egal sein, was der Ver­lierer denkt. Mit­unter wird natür­lich auch über den Neid der Anderen gespro­chen werden, über Emo­tionen, die doch nun mal auch zum Fuß­ball dazu gehören. All das steht nicht zur Dis­kus­sion und den­noch sollte sich die Mann­schaft des BVB ein­fach mal fragen, ob sie jemals Spieler des FC Bayern gesehen hat, die mit hämi­schen Gesten in Rich­tung der unmit­tel­baren Kon­kur­renz auf­fielen? Oder lacht der FC Bar­ce­lona seinen Erz­feind Real Madrid nach einem 5:1 im Cla­sico aus? Hat Man­chester United sich nach dem dra­ma­ti­schen Cham­pions-League-Finale 2008 mit Tes­to­teron-Gesten vor den Rivalen des FC Chelsea auf­ge­baut? Die Ant­wort auf all diese Fragen könnte Borussia Dort­mund helfen, eines Tages eine wirk­lich große Mann­schaft zu werden.