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11FREUNDE LEGENDEN

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Der Text stammt aus unserem Heft 11FREUNDE Legenden – Die andere Geschichte des BVB“. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhält­lich.

Es gibt Men­schen, deren Namen sofort mit einem Zitat ver­bunden werden. Nor­bert Blüm bekam zeit seines Lebens nach­ge­rufen: Die Rente ist sicher.“ Boris Becker hört bis heute diesen Satz aus einem seiner Neun­ziger-Jahre-Wer­be­spots: Bin ich da schon drin, oder was?“ Und immer, wenn es im Fuß­ball darum geht, sich aufs Wesent­liche zu kon­zen­trieren und alle Neben­ge­räu­sche aus­zu­blenden, wird ein Spruch von Adi Preißler her­an­ge­zogen: Grau is’ alle Theorie, aber ent­schei­dend is’ auf’m Platz.“ Ton- oder Schrift­do­ku­mente exis­tieren nicht, wann und wo Preißler das Bonmot zum Besten gegeben hat. Doch passt der Satz zu einer ganzen Reihe von so ein­fa­chen wie nahezu phi­lo­so­phi­schen Zitaten des gebo­renen Apho­ris­ti­kers Preißler – ver­bunden mit seinem Ruhr­pott-Idiom. Datt Unter­be­wusst­sein ist da, wo der Mensch nix für kann.“ Wei­teres Bei­spiel: In der heu­tigen Zeit ist der Spieler mit dem Ball schnell. Bei uns wurde der Ball schnell gemacht.“

Bei uns“ – das meint die Zeit in den vier­ziger und fünf­ziger Jahren, als Alfred, genannt Adi“, Preißler vor allem beim BVB her­aus­ragte. Die Gewitzt­heit seiner Äuße­rungen konnte man auch in seinem Spiel erkennen, auf’m Platz“ kam er schnell zum Punkt. Preißler ist mit 168 Toren bis heute der Rekord­tor­schütze des BVB, führte die Dort­munder als Kapitän zu zwei Meis­ter­schaften und errang sechs west­deut­sche Titel. Das Sturm­trio, das er mit Alfred Kel­bassa sowie Alfred Nie­pieklo bil­dete und das als die drei Alfredos“ bekannt war, wird noch heute zu den besten Angriffs­s­reihen in der Geschichte der Borussia gezählt. Kein Wunder also, dass seine modernen Nach­folger wie Erling Haa­land und andere Stars das heu­tige Trai­nings­ge­lände des BVB über eine Straße errei­chen, die Adi-Preißler-Allee heißt. Als sein legen­därer Spruch über die Theorie vor einigen Jahren am Sta­dion wegen einer Wer­bung über­klebt wurde, liefen die Fans so lange Sturm, bis der Klub zurück­ru­derte und sich Geschäfts­führer Hans-Joa­chim Watzke öffent­lich ent­schul­digte. Auch Fans, die Preißler nie haben spielen sehen, scheinen die Ver­eh­rung vor­an­ge­gan­gener Gene­ra­tionen für Adi ver­in­ner­licht zu haben.

Bei uns wurde der Ball schnell gemacht“

Adi Preißler

Preißler, der 2003 fried­lich im Schlaf ver­starb, lebt nicht nur durch seine beein­dru­ckenden Sta­tis­tiken in den Erzäh­lungen der Anhänger fort, son­dern auch durch die vielen Dönekes“ auf und neben dem Platz. Erbost über eine ver­ge­bene Tor­chance soll er einem Kol­legen einst zuge­rufen haben: Den hätt ich mit dem Ohr­läpp­chen gemacht.“ Dem Satz ließ er einen buch­stäb­li­chen Tritt in den Aller­wer­testen folgen. Nur wenige Minuten später aber traf der Geschol­tene und bekam von Preißler einen dicken Kuss. 

Horst Stock­hausen, der später in Wup­pertal unter dem Trainer Preißler spielte, erzählte dem Kicker“ jüngst eine Bege­ben­heit wäh­rend eines Flan­ken­trai­nings. Preißler zeigte seinen Spie­lern, wie er einen her­ein­flie­genden Ball aus dem Hand­stand mit der Hacke ins Tor setzen konnte. Viel­leicht Zufall, dass es geklappt hat. Aber so etwas ver­gisst man sein Leben nicht“, sagte Stock­hausen noch Jahr­zehnte später voller Bewun­de­rung für den Lehr­meister.

Wir haben so man­chem Ver­tei­diger ein Fra­ge­zei­chen in die Beine gespielt“

Sepp Herberger

Umso erstaun­li­cher ist es, dass Preißler bei aller Popu­la­rität aus­ge­rechnet von der deut­schen Natio­nal­mann­schaft ver­schmäht wurde. Er kam gerade einmal auf zwei Ein­sätze für sein Land. Die Nazis und der Krieg hätten ihm fünfzig Län­der­spiele geraubt, wurde Preißler bei diesem Thema sehr oft zitiert. Doch in einem lau­nigen Gespräch mit dem Fan­zine Schwatz­gelb, einem seiner letzten Inter­views, stellte Preißler im Jahre 2001 klar: Der Krieg war natür­lich großer Mist. Aber geklaut hat mir Her­berger die Län­der­spiele. Ich war damals zu der Zeit der erfolg­reichste Stürmer im Westen.“ Natio­nal­trainer Sepp Her­berger, stets um ein solides Auf­treten seiner Spieler bemüht, soll Preißler dem­nach nicht ver­ziehen haben, dass dieser unflätig mit einem Mit­spieler geschimpft hatte. Und: Er störte sich an Preiß­lers Spiel­weise. Adi, Sie fum­mele mir zu viel“, soll Her­berger gesagt haben. Worauf dieser kon­terte: Herr Her­berger, wenn Sie einen Fuß­baller haben wollen, der nicht fum­meln kann, den können Sie gleich weg­jagen.“ 

Die Dribb­lings wollte sich Preißler nicht aus­treiben lassen, seine Zeit in Münster beschrieb er form­schön: Wir haben so man­chem Ver­tei­diger ein Fra­ge­zei­chen in die Beine gespielt.“ Von 1950 bis 1952 ging Preißler für die Preußen auf Tore­jagd und wurde Vize­meister. Zusammen mit Fiffi“ Ger­ritzen, Rudi Schulz, Jupp Lam­mers und Sieg­fried Rachuba fir­mierte der Müns­te­raner Angriff jener Jahre als Hun­dert­tau­send-Mark-Sturm“. Nach 19 Toren in 29 Spielen kehrte Preißler aller­dings wieder zum BVB zurück. 1956 und 1957 gewann er die Deut­sche Meis­ter­schaft. Gerade der erste Titel­ge­winn ver­setzte die Fans ins Schwärmen, das 4:2 im Finale gegen den Karls­ruher SC in Berlin gilt als eines der besten End­spiele über­haupt. Preißler sagte gegen­über Schwatz­gelb in seiner unnach­ahm­li­chen Art: Lange Jahre haben die Leute mir erzählt, wie groß­artig dieses Spiel war. Aber mehr kann ich dazu nicht sagen, ich habe mich ja nicht selber spielen sehen.“

1959 been­dete Adi Preißler seine Kar­riere – für einen Dort­munder Helden durchaus stan­des­gemäß mit einem 5:0‑Sieg über Schalke.

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