Heute wird Eintracht-Legende und Weltmeister Uwe Bein 60 Jahre alt. In seiner Karriere spielte er nicht nur tödliche Pässe – sondern veränderte auch das Leben unseres Autors. Ein Geständnis.
Als ich noch sehr klein war, schenkte mir mein Onkel das wundervollste Kleidungsstück, das ich jemals besessen habe: mein erstes Trikot von Eintracht Frankfurt. Es war perfekt. Die rot-schwarzen Streifen signalisierten Dynamik und Power, mit „hoechst“ prangerte etwas auf der Brust, das ich für irgendetwas (höchst) Bedeutendes hielt, und auf dem Rücken strahlte eine majestätische „10“, eine ganz und gar autoritäre Zahl für mich, die Nummer der Spielmacher und Genies, die Nummer von Uwe Bein. Dieses Trikot, das wusste ich, war etwas ganz Besonderes. Ein Umhang. Ein Superhelden-Cape, nur besser.
Supermann des Fußballfeldes
Es war, als sei ein Stück der Sportschau, der ich unter der Woche so sehr entgegenfieberte, lebendig geworden und aus dem Röhrenfernseher gekrochen, um einen kleinen Teil von Uwe Beins Fähigkeiten auf mich zu übertragen. Bein, der zauberfüßige Wunderfußballer. Ein Supermann des Fußballfeldes, König der Schnauzbärte, Herrscher über die tödlichen Pässe, ein leuchtender Held. Ich sein Fan, der Sidekick in seinem Trikot. Wir waren unbesiegbar.
Das muss etwa 1991 gewesen sein, als die Welt der Eintracht noch in Ordnung war und ein Meistertitel nur eine Frage der Zeit zu sein schien. Mit einem Spieler wie Bein, das wusste mein siebenjähriges Ich, konnte gar nichts schieflaufen. Wie sehr ich mich irren sollte. Die Meisterschaft 1992 wurde auf die tragischst mögliche Weise vergeigt, unter Klaus Toppmöller wurde man noch einmal Herbstmeister, vergeigte wieder und vor der Saison 1994/95 schließlich verließ Uwe Bein, mein Uwe, die Eintracht, um in Japan zu spielen. Ach, Uwe.
Jupp Heynckes übernahm das Traineramt und die Dinge veränderten sich. Heynckes herrschte humorlos über die Frankfurter Spaßfußballer, die bis dahin jenen Fußball 2000 auf die Plätze der Nation geschmankerlt hatten, wegen dem auch ich mich in den Verein verliebt hatte. Bein war schon weg, Yeboah und Gaudino wurden im Winter abgeschoben, Heynckes flog raus und die Eintracht stieg ab. Mit Uwe, dachte ich damals, wäre das nicht passiert.
Zweieinhalb Jahre später, im Winter 1996, kamen die ersten Gerüchte auf, Bein würde wieder zurück nach Hessen kommen wollen und er würde bereits mit der Eintracht verhandeln. Ich war euphorisiert. Uwe Bein, mein Uwe, wieder zurück in Frankfurt? Ha! Er würde die dilettantischen Abwehrreihen der Zweiten Liga in ihre Einzelteile zerlegen. Gnadenlos und präzise, besser als der kümmerliche Rest dieser Liga, in die die Eintracht nicht gehörte.
Er ging in die Oberliga – warum nur?
Mit Uwe, dachte ich, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder ganz oben dabei sind. Keine Spiele mehr gegen Meppen oder Zwickau. Es würde alles wieder gut werden. Uwe und ich, dachte ich, das hatte doch früher schon so gut funktioniert. Wir waren doch unbesiegbar gewesen. Im Januar 1997 kam Bein dann tatsächlich zurück nach Hessen um Fußball zu spielen – beim VfB Gießen in der Oberliga. Ich verstand die Welt nicht mehr.