Die Frauenmannschaft des Vatikans sollte am vergangenen Samstag ihr erstes internationales Fußballspiel bestreiten, stieß dabei jedoch auf unerwartete Hürden. Eine weitere Episode in der komplizierten Fußballgeschichte des Staates.
Dass Fußball im Vatikan eine lange Tradition hat, leuchtet auf den ersten Blick nicht unbedingt ein. Schließlich kommt der Sport aus England, ist also per se eher den Protestanten zuzuordnen. Und tatsächlich war der Fußball in Vatikanstadt lange nicht gerne gesehen. Es brauchte eine Begründung von oberster Instanz, um Angehörigen der Kirche eine sündenfreie Partie zu bescheren. Giovanni Semeria, Redner und Prediger, lieferte im Jahre 1902 eine Legitimation, die verwundert, bei genauer Betrachtung aber auch irgendwie nicht anzufechten ist: „Die Unterwerfung unter eine Autorität stellt die erste Lektion dar, die man beim Fußballspiel lernt.“
Zwar wurde vorher auch schon gekickt im päpstlichen Hofe, seit Semeria aber ohne später die Beichte antreten zu müssen. 1966 wurde dann im Kleinstaat die erste offizielle Mannschaft gegründet, die auch heute noch besteht. Sechs weitere Jahre dauerte es, bis eine eigene Liga, die Serie A, existierte. Schnell stellte sich eine Besonderheit der Staates jedoch als Problem heraus, mit der die Mannschaften des Vatikans bis heute zu kämpfen haben: Es gibt schlicht nicht genügend Menschen. Etwa 3400 Menschen arbeiten hier, fehlen an einem Tag viele von ihnen, kann der Betrieb kaum aufrecht gehalten werden.
Calcetto statt Catenaccio
Die Konsequenz war die Umstellung auf das als Calcetto bezeichnete Kleinfeld. Fünf-gegen-fünf. „Länderspiele“ gegen andere Nationen finden weiterhin im gewohnten Rahmen statt, können aber nicht oft abgehalten werden. Insgesamt sechs Mal spielte man gegen Monaco, einmal gegen die Traditionsmannschaft von Borussia Mönchengladbach und einmal gegen die deutsche Nationalmannschaft der Winzer, die sogenannte Weinelf. Eine Verbundenheit zu Winzern ist den Katholiken generell zu attestieren, seit 2018 bewirbt das Weingut „Poderi di San Pietro“ die Trikots der Mannschaft.
Auf gesellschaftliche Entwicklungen und Bestrebungen hingegen reagiert die katholische Kirche bekanntlich etwas verspätet, so auch beim Thema Frauenfußball. Während in Italien schon seit 1968 eine Frauenliga existiert, wartete man bis zum vergangenen Sommer darauf, dass im Vatikan zwei Frauenmannschaften gegeneinander antraten – seitdem nimmt der Frauenfußball Fahrt auf. Im Mai diesen Jahres wurde die offizielle Mannschaft des Vatikans gegründet, gab ihr Debüt gegen den AS Rom. Nun sollte am vergangenen Wochenende auch der internationale Einstand gefeiert werden.
Die Mannschaft besteht aus Mitarbeiterinnen des Vatikans. Einige arbeiten in der päpstlichen Kinderklinik, sind Ehefrauen oder Töchter von Mitarbeitern, gehören den Behörden an. Kapitänin des 25-köpfigen Kaders ist Eugene Tcheugoue, Mitarbeiterin der Kurienbehörde für Laien, Familie und Leben.
Einladung nach Wien
Tcheugoue sollte die Mannschaft auch vergangenen Samstag aufs Feld führen, der FC Mariahilf lud die Mannschaft nach Österreich ein. Danilo Zennaro, Fußball-Verantwortlicher des Vatikans, zeigte sich erfreut und optimistisch: „Wir haben die Einladung aus Wien erhalten und freuen uns sehr auf dieses Match. Der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, hat uns versichert, dass der FC Mariahilf eine seriöse Mannschaft ist, die auch im Wohltätigkeitsbereich stark engagiert ist. Nach dem Freundschaftsmatch wollen wir ein Rückspiel im Vatikan organisieren“.
Womit die Verantwortlichen nicht rechneten: Die Spielerinnen und Fans des FC Mariahilf sind keine allzu großen Freunde der päpstlichen Politik. Verschiedene Meinungen zum Recht auf Abtreibung und Ausleben der Homosexualität waren Anlass zu Protesten kurz vor Spielbeginn. Regenbogenfahnen wurden geschwenkt und Banner aufgehangen. Damit konnten die Verantwortlichen um Danilo Zennaro noch leben.
Beim Aufstellen vorm Spiel zogen die gegnerischen Spielerinnen dann ihre Trikots hoch und präsentierten ihre Oberkörper: „My body, my choice“-Schriftzüge und gemalte Uteri waren auf den Körpern zu sehen. Zennaro sah sich dazu gezwungen, das Spiel noch vor Anpfiff abzubrechen. Die Begründung: Man sei hier um Fußball zu spielen – nicht um über Politik zu sprechen. Ein Rückspiel im Vatikan wird wohl nicht realisiert werden.