68 Millionen Euro hat der FC Bayern München in der Saison 2019/20 von der DFL überwiesen bekommen, es ist der Anteil des Meisters und Pokalsiegers an den nationalen und internationalen TV-Erlösen der Bundesliga. Und dass der Serienmeister weiterhin mit der höchsten Summe von den TV-Geldern profitiert, daran wollen auch jene Klubs nichts ändern, die vor ein paar Wochen ein Konzept zur Neuverteilung der TV-Gelder veröffentlichten. Vier Erstligisten und viele Zweitligisten hatten einen garantierten Anteil der Zweitligisten an der Gesamtsumme und auch in der ersten Liga eine Neuverteilung der TV-Gelder gefordert: Diese sollte vor allem berücksichtigen, dass einige Klubs durch die Erlöse aus den internationalen Wettbewerben dem Rest der Liga sportlich und finanziell enteilen.
Seit der Zustellung dieses Papiers ans DFL-Präsidium ist von der noch im März und April so vielstimmig beschworenen Einheit und Solidarität der Profiligen nichts mehr zu spüren. Stattdessen ist ein Streit entbrannt, der durch eine reichlich bizarr anmutende Versammlung am Mittwoch im Frankfurt ihren vorläufigen Tiefpunkt erlebte. Bayernboss Karl-Heinz Rummenigge hatte unter tätiger Mithilfe von Bayer Leverkusen und Gastgeber Eintracht Frankfurt zu einem als „geheim“ deklarierten Treffen geladen, zu dem am Ende fünfzehn Präsidenten und Vorstände anreisten. Es versammelten sich Funktionäre von vierzehn echten und einem mentalen Erstligisten – ausdrücklich nicht eingeladen wurden jene vier Klubs, die zuvor das Thesenpapier an die DFL geschickt hatten.
Mochte es schon merkwürdig daherkommen, dass inmitten einer Pandemie die Bosse quer durch die Republik gondelten, so befremdete noch mehr das Ergebnis der diskreten Tagung. Es wurde nämlich bis auf ein paar windige Absichtserklärungen und eine lauwarme Rückenstärkung für den wackelnden DFB-Sommelier Fritz Keller gar nichts besprochen oder entschieden. Was einen Eindruck verfestigte, der sich schon in den Tagen vor der Zusammenkunft aufgedrängt hatte: Es ging allein um eine sichtbare Machtdemonstration des Bundesliga-Establishments, vor allem des Bayern-Chefs Rummenigge.
Es ist kein gutes Zeichen, dass viele Klubs diesen Zirkus mitmachten. Vereine wie der 1.FC Union, Hertha BSC, Werder Bremen oder der 1. FC Köln, die ihrerseits ja darauf hätten bestehen können, dass alle Erstligisten eingeladen werden. Stattdessen wollten sie offenbar unbedingt bei diesem absurd anmutenden PR-Termin für Karl-Heinz Rummenigge dabei sein. Und sie haben sehenden Auges zugelassen, dass diese Zusammenkunft zahlreiche Kollateralschäden hinterlässt. Zuallererst bei der DFL selbst, deren Gremien und Kommissionen ja ausreichend Platz für derlei Debatten lassen und die nun mitansehen muss, wie ein durch nichts als die Gunst des Bayernbosses legitimiertes Gremium installiert wurde. Bei den Profiligen insgesamt, deren öffentliches Bild den guten Eindruck der Solidarität vom Frühjahr längst nicht mehr widerspiegelt. Und bei den Funktionären selbst, die von Rummenigge teils in einem schwer fassbaren Herrenreiterton abgekanzelt wurden. Dass sich der Bayern-Boss etwa erdreistete, den VfB-Vorstandsvorsitzenden Thomas Hitzlsperger wie einen dummen Schuljungen darzustellen, der nach einer Strafpredigt seine Fehler eingesehen hat, ist ungehörig. Und macht zugleich klar, wie wenig Rummenigge von einer Debatte auf Augenhöhe hält.
Wohlgemerkt, man kann über die Verteilung der TV-Gelder trefflich streiten. Man kann daran zweifeln, ob die Neuverteilung einiger Millionen wirklich den Konkurrenzkampf in der Liga befeuert. Und man kann durchaus nachvollziehen, dass gerade die Spitzenklubs wenig Interesse an einem neuen Verteilungsschlüssel haben. Wer jedoch glaubt, per Dekret die Diskussionen über die Verteilung der Gelder abwürgen zu können, der wird scheitern. Weil es ja am Ende nicht allein um die Finanzen geht, sondern darum, wie aus der Bundesliga nach Jahren der vollendeten Ödnis wieder ein spannender Wettbewerb werden kann, auch zum Nutzen des FC Bayern. Es ist bedauerlich, dass Rummenigge dieser Weitblick fehlt und dass er sich immer wieder aufs Neue in kindischen Machtspielen verliert.