Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: Nicht Stefan, sondern Herr Effenberg

Ein paar Stunden vor dem Spiel in Mön­chen­glad­bach kommt Effen­berg zum Inter­view in ein Hotel am Düs­sel­dorfer Flug­hafen. Er geht sehr auf­recht, mit geradem Rücken. Es stimmt, was Frank Wormuth, Leiter der Trai­ner­aus­bil­dung, über ihn sagt: Man merkt, wenn er einen Raum betritt. Effen­berg zieht alle Blicke auf sich und lässt sie zugleich abprallen. Man sieht ihm an, dass er jetzt nicht so gern ange­spro­chen werden will. Das mag arro­gant wirken, aber Effen­berg hat sich nie als Pro­jek­ti­ons­fläche von anderen ver­ein­nahmen lassen, weder als Spieler noch jetzt. Ein volks­naher Witz­bold wie Mario Basler war er nie.

Effen­berg bestellt einen Kaffee, er trinkt ständig Kaffee, und erzählt, wie ihn eben am Flug­hafen bei der Gepäck­aus­gabe ein Mann ange­spro­chen habe. Herr Effen­berg, was ist ihr Tipp für heute Abend? Man habe dann ganz nett geplau­dert, aber zum Abschied habe der Mann ihm auf die Schulter geklopft und Tschüß, Stefan!“ gesagt.

Ja geht’s noch?“, sagt Effen­berg. Wäh­rend der Arbeit bei Sky sind auch schon ein paar Mal junge Spieler zu mir gekommen und haben gesagt: ›Ey Stefan, alles ok?‹ Ich bin immer ziem­lich ver­wun­dert, wenn 20-Jäh­rige mich duzen, obwohl wir uns nicht kennen.“ Toni Kroos habe ihn vor einiger Zeit mit Herr Effen­berg“ ange­spro­chen. Fand Herr Effen­berg gut. Grenzen müssten auch im Fuß­ball ein­ge­halten werden, auch von den Trai­nern. Er habe ein Pro­blem damit, wenn einer nach dem Sieg mit den Spie­lern im Mit­tel­kreis her­um­hüpft. Das ist nicht gut. Du musst mit den Spie­lern offen und ehr­lich umgehen, ihnen Ver­trauen schenken. Aber du musst Abstand bewahren.“

Stefan Effen­berg und Abstand, noch so ein Wider­spruch. Kaum ein Fuß­baller hat die Öffent­lich­keit so nah ran­ge­lassen. In seiner Auto­bio­gra­phie kann man lesen, wann er gekotzt und wann er geknutscht hat, sein Lie­bes­leben ist bei Bild“, Bunte“ und RTL bes­tens archi­viert. Aber viel­leicht war genau das seine Stra­tegie, um Abstand zu gewinnen: Ihr bekommt alles, dafür bin ich frei, tun und sagen zu können, was ich will. Mit aller Kon­se­quenz hat er diese Rolle durch­ge­zogen. Wenn es etwas hinter der Rolle gab, konnte man es nicht sehen. Aber jetzt, wo er Trainer werden will, könnte sie ihm im Weg stehen. Und ver­mut­lich ahnt er das.

Stefan, du wärst der per­fekte Trainer“

Wie er da so sitzt und redet, mit ruhiger Stimme, seine Haare nicht mehr so blond wie früher, seine Klei­dung nicht mehr so grell, wirkt er kon­zen­triert und kon­trol­liert. Als Trainer an der Sei­ten­linie, sagt er, sei Ottmar Hitz­feld sein Vor­bild. Du musst Ruhe aus­strahlen und an deine Spieler wei­ter­geben. Das zu beherr­schen wird für mich die große Kunst sein. Man wird mir das jetzt viel­leicht nicht abnehmen, weil ich als Spieler von der Aggres­sion gelebt habe. Aber das schaffe ich.“ Ottmar Hitz­feld hat, wenn die Anspan­nung zu groß wurde, nur am Kragen seines Trench­coats genes­telt. Über­ra­gend“, sagt Effen­berg. Am Ende seiner Kar­riere habe Hitz­feld zu ihm gesagt: Stefan, du wärst der per­fekte Trainer.“

Jetzt also Hennef, seit dem ver­gan­genen Sommer. Das war schon gewöh­nungs­be­dürftig, nach 25 Jahren wieder acht bis zehn Stunden die Schul­bank zu drü­cken. Es ist anstren­gend, aber sehr lehr­reich.“ Anfangs war er skep­tisch, ob er das über­haupt braucht. Dann hat er irgend­wann zu Frank Wormuth gesagt: Ohne euch werde ich nicht gut. Und Effen­berg will gut werden. Besser als andere. Das wollte er immer.

Effen­berg, der Prak­ti­kant

Oberste Prio­rität“ hat jetzt der Lehr­gang, in seiner Welt gibt es nur ganz oder gar nicht. Effen­berg, als Spieler immer Kapitän, ist natür­lich Lehr­gangs­spre­cher. Er bringe alles mit, was man als Trainer braucht, sagt Wormuth, er war als Spieler auf dem Platz im Grunde schon ein Trainer.“ Effen­berg könne das Spiel lesen und eine Mann­schaft führen. Er könne ver­mit­teln, was er wolle. Er kenne seine Stärken und Schwä­chen. Das Ein­zige, was ihm noch fehlt, ist Trai­nings­er­fah­rung.“

Als er sie sam­meln sollte, bei einem Prak­tikum im ver­gan­genen Sommer bei Bayern, hat er sich das Trai­ning aber meist aus der Distanz ange­schaut, statt sich auf den Platz zu stellen. Jupp Heyn­ckes hat es mir ange­boten, aber ich sagte nein.“ Er schaue sich das lieber von oben an, da habe ich den bes­seren Über­blick.“ Prak­ti­kant sein und Effen­berg sein, das geht in seinen Augen wohl ein­fach nicht zusammen.