Im Februar erhitzte ein Taktik-Video von Robert Klauß die Gemüter. Dabei zeigte es nicht das Manko des FCN-Trainers, sondern das der Fußball-Öffentlichkeit.
Darin wird deutlich: Klauß ist nach der Niederlage von Beginn an emotional angefasst. Die Journalisten stellen bissige, aber immer noch sachliche Fragen. In diesen Zeiten reichen sie diese schriftlich ein – und auf dem Papier formuliert jeder nun einmal schärfer als im Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Klauß aber sucht keine Ausflüchte, sondern bezieht zu jeder Frage klar Stellung. Erst als ihm vorgehalten wird, dass kein „Matchplan“ zu erkennen gewesen sei, fühlt er sich angegriffen. Der Trainer ist bekannt für seine akribische Vorbereitung und taktischen Analysen – genau diesen Vorwurf will er nicht auf sich sitzen lassen. Seine Antwort mit „asymmetrischen Linksverteidigern“ und „ballfernen Zehnern“ ist nichts anderes als die Aussage: Wenn du über Taktik reden willst, dann kannst du das gerne haben.
Klauß beleidigt niemanden oder stellt ihn in den Senkel, er spricht hier nicht zu den Fans, den Spielern oder einem Festsaalpublikum. Er antwortet punktgenau auf die Frage eines Journalisten, zwar schnippisch, aber nicht verwerflich. Man stelle sich einmal die Reaktion von Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel vor, wenn ihnen vorgehalten würde, dass in ihrem Spiel kein Matchplan zu erkennen sei.
Nach seinen taktischen Ausführungen – und wirklich direkt nach dem viralen Clip – schränkt Klauß sogar selbst ein, dass Matchpläne und Taktik nicht viel helfen, wenn es an anderer Stelle hakt. „Es liegt nicht an Taktik, sondern an den Basics, die ich schon angesprochen habe: zweite Bälle gewinnen, direkte Duelle gewinnen, Sprints setzen, fleißig nacharbeiten, den ersten Kontakt sauber machen, 10-Meter-Pass zum Mitspieler bringen, mich aktiv freilaufen. Diese Dinge müssen erst mal funktionieren.“ Das war für jeden verständlich und bei weitem kein Trainer-Deutsch.
Zwischen Packing und „Über-die-Bande-flexen“
Die große Aufregung um Klauß’ Aussagen resultiert auch daher, dass mittlerweile in gänzlich unterschiedlichen Stilen über Fußball gesprochen wird. Auf der einen Seite hantieren Experten mit Formeln aus „Expected goals“, „Packing“ und „Sprintintensität“, als würden sie als „Doc Brown“ damit Marty McFly gleich zurück in die Zukunft schicken können. Auf der anderen Seite erklären Experten im „Doppelpass“ Niederlagen einer Mannschaft verlässlich damit, dass da mal jemand den Gegner ordentlich über die Bande flexen müsste. „Die Führungsspieler fehlen!“ – „Ja, Stefan, dir wäre das nicht passiert, hehe.“ – „Ich wäre schon runter geflogen. Thomas, das weißt du“- „Ich wäre gar nicht hinterhergekommen. Hehe. So, nur ein kurzer Spot, dann analysieren wir weiter.“
Diese Gegensätze zwischen distanzierter, sachlicher Analyse und kumpelhafter Plauderei ließen sich auf der Pressekonferenz in Nürnberg beobachten. Klauß saß nach seinen langen Antworten noch immer angefressen auf seinem Stuhl, als seinem Hamburger Trainerkollege Timo Schultz folgende Frage gestellt wurde: „Schulle, du bist ja eigentlich Teetrinker, aber wie schmeckt dir ein Sixpack der Marke Burgstaller?“
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