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Wer dieser Tage durch die Han­se­stadt Ham­burg schlen­dert, reibt sich ver­wun­dert die Augen. Kleine Kinder laufen wieder mit stolzem Grinsen und HSV-Schal über den Jung­fern­stieg. Am Volks­park­sta­dion wurden lachende Gesichter gesichtet. Sogar im Karo­viertel, nahe dem Mill­erntor, sollen Fahnen mit der Raute gesehen worden sein. Und die Mor­gen­post titelte heute Morgen auf dem Tresen der Schan­zen­bä­ckerei, dass Pierre-Michel Las­sogga tat­säch­lich im Derby gegen Bremen auf­laufen könne. Mit einem posi­tiven Unterton.

Vor einem halben Jahr sah das noch ganz anders aus. Da stand Mar­celo Diaz in der 90. Minute an einem Straf­raum in Karls­ruhe. Schaute kurz hoch, lief an, hob den Ball sachte über die Mauer und schoss den Ham­burger SV in die Ver­län­ge­rung der Rele­ga­tion. Der Rest ist Geschichte, wie der Geschich­ten­schreiber so gern schreibt. Neben mir saß in diesem Moment ein befreun­deter Bremen-Fan. Der sprang auf und fluchte. Über den Ham­burger SV, das elen­dige Glück und all den Dusel, der ja noch viel schlimmer und größer als der des FC Bayern sei. Und sowieso sei die Rele­ga­tion ein echter Witz, nur von der DFL geschaffen, um Ver­eine wie den HSV zu retten. Ein Wohn­zim­mer­tisch konnte vor seinem Ende nur durch beherztes Ein­greifen gerettet werden.

Heute hätte ich das Gesicht dieses Bremen-Fans gerne in der 26. Minute gesehen. Da lief Ham­burgs Michael Gre­go­ritsch (- Greeeego­ritsch ausgesprochen!)aus circa 30 Metern an, um einen Frei­stoß gen Bremer Tor zu häm­mern. Ver­mut­lich hätte dieser Ver­such sein Ziel um Längen ver­fehlt, hätte Wer­ders Zlakto Junu­zovic mit seinem Rücken den Ball nicht unhaltbar abge­fälscht. Auf der Bremer Ost­kurve war da bereits ein ahnendes Raunen ver­nehmen. Dann lan­dete eine selt­same Bogen­lampe bereits an der linken Tor­seite im Netz. Auf eigene Weise wun­der­schön – und doch so glück­lich. Der Unter­schied zu Karls­ruhe: Das war kein Dusel. Dieses Geschenk war nahezu hoch­ver­dient. Denn beim HSV hat sich irgend­etwas ver­än­dert.

Lieber @WolffFuss! Es heißt Greeego­ritsch“ und nicht Gre­gooo­ritsch“ – das tut uns Öster­rei­chern akus­tisch weh. ;) #SVWHSV #LegiÖs

— 12ter​Mann​.at (@12terMann_AT) 28. November 2015

Selbst­be­wusst von Beginn an, trotz der zahl­rei­chen Aus­fälle um Albin Ekdal, Gojko Kacar oder Emir Spahic, spielte der HSV auf und ging durch einen Schlenzer von Ivo Ili­cevic nach zwei Minuten in Füh­rung. Ein Traumtor, das in der ver­gan­genen Saison ganz bestimmt nicht gefallen wäre. Im Trai­ning. Ohne Gegen­spieler.

Wenn du Gold am Fuß hast, hast du Gold am Fuß. #svwhsv #Gre­go­ritsch

— Daniel Jovanov (@JovanovDaniel) 28. November 2015

Dass die Ham­burger mit 21 Punkten aus 14 Spielen des­halb die beste Saison seit fünf Jahren spielen, ist eigent­lich gar nicht so ver­wun­der­lich. Man sollte sich ein­fach nur an die letzten fünf Jahre zurück­er­in­nern. Als Tabel­len­sechster könnten Spieler und Ver­ant­wort­liche sogar von Europa träumen. Das machen sie nicht – ganz im Gegen­teil. Und genau das lässt hoffen. Mit dem Erfolg kommt Ver­trauen“, meinte Kapitän Johan Djourou in der Mixed-Zone nach dem Spiel, aber ich sage es immer wieder: Wir müssen wei­ter­ar­beiten.“ Abge­sehen vom Frei­stoß, scheint noch nie­mand abge­hoben. Die Anhänger sollten beten, dass das vor­erst so bleibt.

Lewis #Holtby, Sprich­wort-Erfinder: Demut kommt vor dem freien Fall.“ #SVWHSV

— Hen­drik Buch­he­ister (@h_buchheister) 28. November 2015

21 Punkte hat der elends­ge­beulte Klub aus Stel­lingen. Keine Wun­der­zahl, aber zumin­dest elf Punkte mehr als der VfB Stutt­gart, der zur­zeit auf dem Rele­ga­ti­ons­rang steht und ganz andere Pro­bleme hat. Für unsere Fans, die so mit uns gelitten haben, tut das richtig gut“, wusste auch Trainer Bruno Lab­baddia, dass jetzt ein paar ruhige Wochen für ihn und das Team anstehen könnten. Dank eines sechsten Tabel­len­platzes, dank eines 3:1 gegen Borussia Dort­mund, dank des Der­by­siegs.

Denn aus­ge­rechnet sein Kol­lege von der Weser, Victor Skripnik, sagte vor dem Spiel: Im Nord­derby kannst du dich für alles reha­bi­li­tieren oder ganz tief fallen.“ Mit dem 0:6 in Wolfs­burg im Rücken und der Der­by­nie­der­lage stehen die Bremer spä­tes­tens jetzt wieder mitten im Abstiegs­kampf. Das gestand auch Philipp Barg­frede nach Spiel­schluss unum­wunden ein. Immerhin hatte der Verein ent­schieden, dass Alkohol im Sta­dion wäh­rend des Spiels aus­ge­schenkt wurde. In weiser Vor­rau­sicht? Anders war diese Vor­stel­lung wohl kaum zu ertragen.

Ent­gegen der Gerüchte herrscht kein Alko­hol­verbot im Sta­dion. #wer­der­ser­vice

— Werder-Ser­vice (@werder_service) 27. November 2015

Manager Thomas Eichin wollte von einer Trai­ner­dis­kus­sion über­haupt nichts wissen. Dass die Bremer bei einem Stutt­garter Sieg am Sonntag in Dort­mund (nun gut, das ist schon sehr theo­re­tisch) auf dem Rele­ga­ti­ons­platz landen, sollte den­noch jedem zu denken geben. Die Ver­hält­nisse im Norden haben sich spä­tes­tens seit 17.20 Uhr gedreht. Zuge­geben: Mit etwas Dusel, aber den könnte Werder im kom­menden Juni ja viel­leicht auch noch gebrau­chen.

Die erste Derby-Niederlage,die ich live erlebt habe:ich fühle mich wie ein kleines Mädchen,dessen Haus­tier getötet wurde.#Nord­derby #svwhsv

— Hatice Ince (@HatinJuce) 28. November 2015